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Landkreis Heilbronn: So reagieren Kommunen auf klamme Kassen

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Die Kommunalfinanzen sind angespannt. Einige Städte und Gemeinden stehen mit dem Rücken zu Wand. Vor allem die stetig steigenden Kosten machen Sorgen.

Foto: RomanR/stock.adobe.com
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Kommunen haben ein Ausgabenproblem. Während die Einnahmen in der Regel bestenfalls stagnieren, steigen die Aufwendungen. Die Gründe sind vielfältig: Kostensteigerungen beim Heizen und für Instandhaltungen schlagen ebenso zu Buche wie wachsende Personalausgaben.

In Langenbrettach beispielsweise sind die Aufwendungen für Beschäftigte zwischen 2020 und 2024 von 2,83 Millionen Euro auf 4,11 Millionen gestiegen – ein Mehr von gut 45 Prozent. Die Stadtverwaltung Bad Friedrichshall rechnet für 2025 mit Personalkosten von 18,7 Millionen Euro – eine Steigerung von rund 56 Prozent gegenüber 2017.

Bad Friedrichshalls Bürgermeister Timo Frey: „Ernst der Lage erkannt“

Angesichts dieser Entwicklung stehen die Kommunen laut dem Gemeindetag Baden-Württemberg mit dem Rücken zur Wand. Voraussichtlich 87 Prozent der Städte und Gemeinden im Land werden 2025 defizitär wirtschaften. „Die schlechte Stimmung in den Kommunen ist landauf, landab dieselbe“, erklärte Bad Friedrichshalls Kämmerer Alexander Preuss in der der März-Sitzung des Gemeinderats.

Für das laufende Haushaltsjahr rechnet die Verwaltung der Salzstadt mit einem Minus von 6,58 Millionen Euro. In der Knapp-20 000-Einwohner-Stadt klar: Einschnitte müssen her. „Wir haben den Ernst der Lage erkannt und müssen reagieren, um handlungsfähig zu bleiben“, sagt Bürgermeister Timo Frey. „Es wird schwer, seit Jahrzehnten bekannte Standards zu halten.“

Kommunen können am ehesten bei freiwilligen Angeboten sparen

Bereits im vergangenen Juli hat eine Haushaltsstrukturkommission in Bad Friedrichshall erörtert, wo Einsparungen denkbar sind. Dabei stand das Hinterfragen von Ausgaben in Bildung und Betreuung ebenso zur Debatte wie Sachausgaben und die Ausstattung öffentlicher Einrichtungen. „Es gilt abzuwägen: Was ist unbedingt notwendig – und wo beginnt der Schmuck am Nachthemd?“, sagt Bürgermeister Frey. Kämmerer Preuss: „Dabei sind 26 Empfehlungen zustande gekommen. Die gehen wir nun durch.“

Bei Pflichtaufgaben der Kommunen wie Schulen, Kindergärten und beim Straßenbau gibt es weniger Spielraum als in freiwilligen Bereichen. Hierzu zählen Kultureinrichtungen sowie die Förderung von Tourismus und Ehrenamt. Bei der Unterstützung von Vereinen lassen sich durch höhere Nutzungsgrade von Gebäuden Heizkosten sparen.

Finanzierung in Kommunen: Oft fehlen weitere Gelder für den Anschluss

Was freiwillige kommunale Leistungen, wie das Unterhalten von Freizeiteinrichtungen, einer ungewöhnlich hohen Schulsozialarbeiterquote in Bad Friedrichshall oder die Förderung sozialer Projekte angeht, sieht Timo Frey die Problematik, dass vieles als selbstverständlich gilt, obwohl es sich um individuell gesetzte Schwerpunkte handelt. Diskussionen und anschließende Kürzungen bieten einiges an kommunalpolitischer Sprengkraft.

In eine ähnliche Richtung weist auch das Thema Folgefinanzierung. Frey nennt ein Beispiel: „Es ist richtig, dass man Schulen mit Digitalgeräten gut ausstattet.“ Dabei erhalten Kommunen Unterstützung vom Land. „Dass die Kosten für die Wartung bei uns hängen bleiben, wird oft nicht beachtet.“ Es gebe immer wieder sinnvolle Investitionsanreize seitens der Länder- und Bundespolitik. „Oft ist dann aber die Anschlussfinanzierung nicht gesichert“, sagt Frey.

Kommunale Finanzen: Abbau von Bürokratie ein Wunsch

Im Kontext zunehmender Teuerungen setzt auch der Faktor Zeit Kommunen zu. Bürokratie-Abbau wäre eine Hilfe: Aufgrund langfristiger Genehmigungen ziehen sich Bauprojekte in die Länge. „Die ursprüngliche Kalkulation passt nicht mehr und Kosten verdoppeln sich.“ Die Idee von Steuererhöhungen sieht Frey kritisch: „Dann besteht die Gefahr, dass Betriebe abwandern und weniger Geld reinkommt als zuvor.“

„Was ist unbedingt notwendig – und wo beginnt der Schmuck am Nachthemd?“Timo Frey

In Langenbrettach ist die Finanzlage entspannter als in vielen Kommunen im Land: Die Gemeinde ist seit 2008 schuldenfrei, verfügte Ende 2024 über knapp 13 Millionen Euro Rücklagen. Allerdings rechnet Bürgermeister Timo Natter im aktuellen Haushaltsjahr mit einem Defizit von 0,7 Millionen Euro. Die in den nächsten Jahren anstehenden Investitionen seien bewältigbar, langfristig werde es schwierig.

Langenbrettach: Sanierungen von Straßen und Kindergarten im Gange

Nötige Ausgaben zu verhindern, hält er für keine gute Lösung, da das die Folgekosten in die Höhe treibe. Natter: „Das ist, wie wenn man ein marodes Haus nicht saniert. Dann dringt Wasser ein, das Gebäude fault.“ Aktuell sind etwa die Sanierung der Schillerstraße sowie des Kindergartens in Langenbeutingen im Gang, die Modernisierung der Talhalle sowie der Bau des neuen Wasserwerks stehen an.

Auch Timo Natter hält einen Bürokratie-Abbau für zentral – nicht nur, weil dies Abläufe beschleunige: „Je arbeitsintensiver die Vorgänge sind, desto mehr Personal ist notwendig.“ Für die von höheren politischen Ebenen zugewiesenen Aufgaben müsse zusätzliches Geld her. Gerade, weil die zugewiesenen Mittel meist nur die Anschubfinanzierung, aber nicht langfristige Folgekosten durch zusätzliches Personal decken, etwa bei der Flüchtlingsbetreuung.

Bund und Länder ersetzen Kommunen Steuerausfälle

In Sachen Einnahmen hat die Gemeinde Langenbrettach die Baugebiete Hintere Milbe sowie Tiefelshecke auf der Habenseite. Die Verkäufe der 70 Bauplätze sollen Geld in die Kasse bringen. Allerdings sei die Nachfrage nach Bauplätzen eingebrochen.

Positiv stimmt, dass die prekäre Lage auch auf höherer Ebene angekommen ist. In dieser Woche haben sich Vertreter von Bund und Länder geeinigt, dass Kommunen die Steuerausfälle von rund 13,5 Milliarden Euro, die aufgrund von Steuerentlastungen als Anreize für Firmen entstehen, komplett ausgeglichen bekommen. Frey: „Diese Entscheidung ist ein Signal in die richtige Richtung. Das stabilisiert unsere Situation und macht sie zumindest nicht schlechter.“

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Kommentare

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Jürgen Mosthaf am 26.06.2025 14:06 Uhr

Ich muss nur den Kopf schütteln wie hier gejammert wird. Wer nur einen Deut Wert an kaufmännischem Verstand besitzt weiß, dass wer mehr ausgibt als er einnimmt am Bettelstab gehen wird. Nun wird man das Argument ins Feld führen, dass die öffentliche Hand kein Unternehmen ist. Stimmt - dort besteht die Einnahmenseite aus Steuern und Abgaben die man den Bürgern im Verhältnis zu dem Geld das man zum großen Teil durchs offene Fenster rausschmeisst einfach abpresst. Hier landen wir bei dem berühmten Milchvieh, dass man tunlichst nicht schlachten sollte, wenn man auch zukünftig seinen Cappuccino nicht mit Hafermilch trinken möchte.

Nun sollten sich Kommunen, Länder und Bund anstelle von Steuererhöhungen radikalen strukturellen Reformen und sicherlich schmerzhafte Einsparmaßnahmen wie z.B. bei freiwilligen Leistungen, sozialen Leistungen, Personalkosten und den ausufernden Pensionsrückstellungen hingeben.

Das ganze Übel nun mit 800 Milliarden neuen Schulden zu zukleistern ohne zuerst oben genannte Maßnahmen zu ergreifen ist mit Verlaub das Dümmste was man tun kann.

Jürgen Mosthaf

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Thomas Künzel am 26.06.2025 05:36 Uhr

Wenn Luxusprojekte wichtiger sind als Alltagssorgen

Auf der einen Seite klagen die Städte und Gemeinden über leere Kassen. Auf der anderen Seite scheint es immer noch Kommunen zu geben, die sich fragwürdige Prestigeprojekte leisten können – als gäbe es kein Morgen. Bestes Beispiel: Heilbronn.

Die geplante Seilbahn etwa wirkt wie ein Spielzeug aus dem Katalog reicher Städte. In einer Zeit, in der für Schulen, Radwege oder soziale Einrichtungen das Geld fehlt, fragt man sich: Wer braucht das wirklich?

Aber es ist ja nicht das erste Mal. Da war das Fahrradhotel – bis heute fragen sich viele, wer dort eigentlich ein- und auscheckt. Oder die Blitzbrücke, ein weiteres „modernes Wahrzeichen“ mit überschaubarem Mehrwert.

Und wer sich noch erinnert: Vor Jahren musste plötzlich jeder Stadtteil seinen eigenen Brunnen bekommen. Sah schick aus, war aber teuer im Unterhalt. Einige wurden dann mangels Geld wieder stillgelegt. So viel zur Nachhaltigkeit.

Wenn solche Projekte Priorität haben, darf man sich nicht wundern, wenn Bürger das Vertrauen in eine sinnvolle Haushaltspolitik verlieren.

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