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Kochendorfer Doppelmordprozess: Wie ein psychisch Kranker legal an Waffen kam

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Der Angeklagte im Bad Friedrichshaller Doppelmordprozess ist seit Jahren psychisch krank. Warum die zuständige Behörde ihm dennoch eine Waffenbesitzkarte ausgestellt hat.


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Der Angeklagte im Friedrichshaller Doppelmordprozess vor dem Heilbronner Landgericht leidet offenbar seit 2011 an paranoider Schizophrenie. Eine Waffenbesitzkarte hatte er trotzdem. Im Jahr 2024 ausgestellt von der zuständigen Waffenbehörde, dem Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises (NOK) in Mosbach. Eingetragen sind eine Pistole seit November und eine Repetierbüchse seit August vergangenen Jahres.

Der 53 Jahre alte Mann aus Seckach soll am 7. Januar in der Bad Friedrichshaller Zahnradfabrik Hänel zwei Kollegen erschossen und einen weiteren schwer verletzt haben. Die Tatwaffe – eine halbautomatische Pistole Kaliber neun Millimeter – besaß er legal, trotz seiner psychischen Erkrankung.

Doppelmordprozess in Heilbronn: Waffenbehörde hat keine Hinweise auf Unzuverlässigkeit gefunden

„Die waffenrechtliche Prüfung im März 2024 ergab in diesem Fall keine Hinweise darauf, dass die Person unzuverlässig oder ungeeignet sein könnte“, sagt der NOK-Sprecher Jan Egenberger. Nicht nur Prozessbeteiligte stellen sich die Frage, wie das möglich ist.

Der Angeklagte im Bad Friedrichshaller Doppelmordprozess besaß trotz psychischer Erkrankung eine Waffenbesitzkarte.
Der Angeklagte im Bad Friedrichshaller Doppelmordprozess besaß trotz psychischer Erkrankung eine Waffenbesitzkarte.  Foto: Seidel, Ralf

Der Mann war Mitglied in einem Schützenverein und konnte deshalb nach bestandener Sachkundeprüfung ein Bedürfnis an einer Waffenbesitzkarte anmelden. Der NOK habe die gesetzlich vorgeschriebene elektronische Abfrage gestartet.

Dazu gehörten die „Eintragungen aus den zentralen staatsanwaltlichen Verfahrensregistern, dem Bundeszentralregister, den örtlichen Polizeidienststellen, der Bundespolizei, den Verfassungsschutzbehörden, dem Landeskriminalamt und dem Zollkriminalamt“, so Egenberger weiter.

Waffenbehörde in Heilbronn: Ohne Eintrag erhält der Antragsteller eine Waffenbesitzkarte

Wenn keine Eintragungen bezüglich der persönlichen Eignung vorliegen, erhält der Antragsteller eine Waffenbesitzkarte ausgestellt, sagt auch Harald Wild, Leiter Jagdbehörde beim Ordnungsamt der Stadt Heilbronn, die ebenfalls eine Waffenbehörde ist.

Eine Waffenbesitzkarte wird häufig verwechselt mit einem Waffenschein. Während der Waffenschein das Mitführen bestimmter Schusswaffen in der Öffentlichkeit erlaubt, berechtigt eine Waffenbesitzkarte lediglich zu Erwerb und Besitz von Schusswaffen und der zugehörigen Munition. Dabei wird das jeweilige Modell eingetragen. Waffen und Munition müssen beim Transport etwa zum Schießstand eines Vereins getrennt aufbewahrt werden, und die Waffe muss ungeladen sein.

Auch das Landratsamt Heilbronn ist Waffenbehörde. Dessen Sprecher Andreas Zwingmann betont: „Vor Erteilung einer Waffenbesitzkarte kann nicht ermittelt werden, ob ein Antragsteller eine psychische Erkrankung bewusst verschweigt.“ Tauche die betreffende Person in den Registern nicht auf, habe die Waffenbehörde keine Möglichkeit der Kenntnisnahme.

Datenschutz schränkt Möglichkeiten der Waffenbehörden ein

Demnach hielt sich das Landratsamt des NOK bei der Ausstellung der Waffenbesitzkarte für den psychisch erkrankten mutmaßlichen Doppelmörder an das Waffengesetz. Letzteres regelt zwar, dass die erforderliche Eignung fehlt, wenn der Antragssteller unter anderem eine psychische Erkrankung aufweise. Die Möglichkeiten der Waffenbehörden, Informationen zu erfragen, seien aber aus Datenschutzgründen begrenzt, so Zwingmann.


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So heißt es in der Stellungnahme des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl vom August 2024 zu einer Anfrage im Landtag unter anderem, bei der Frage nach einer psychischen Eignung eines Antragsstellers sei zu berücksichtigen, „dass Ärztinnen und Ärzte der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen“. Über die gesetzlich geregelten Erkundigungen hinaus dürfen daher nur unter Mitwirkung des Betroffenen Erkundigungen eingeholt werden.

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