Stimme+
Flucht nach Italien
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Taten des Hammermörders erschüttern Raum Heilbronn – Beilsteiner vor 40 Jahren getötet

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Der sogenannte Hammermörder tötet 1984 und 1985 sechs Menschen und sich selbst und begeht mehrere Banküberfälle – auch in der Region Heilbronn. Der Fall geht in die Kriminalgeschichte ein. 


Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Als „herausragender Fall in der Kriminalgeschichte“ hat Gerd Bornschein, ehemaliger Leiter der Heilbronner Polizeidirektion, die Geschehnisse in den Jahren 1984 und 1985 bezeichnet. Damals versetzte der sogenannte Hammermörder die Menschen in Angst und Schrecken. Mit dem Hammer bewaffnet beging er Banküberfälle und mordete durch Kopfschüsse. Niemand schien davor gefeit, selbst Opfer zu werden – auch in der Region Heilbronn schlug er zu. 

Im Mai 1984 nimmt es seinen Anfang. Auf einem Parkplatz nahe Marbach am Neckar entdecken Spaziergänger die Leiche eines Heilbronners, der im Landkreis Aschaffenburg gelebt hat. Getötet wurde der 46-Jährige durch einen Kopfschuss. Doch damit nicht genug: Der Täter entwendet dessen Auto, um eine Volksbank in Burgstetten im Rems-Murr-Kreis zu überfallen. Mit rund 5000 Mark im Gepäck nutzt der Hammermörder den weißen BMW als Fluchtfahrzeug.

Die Taten des Hammermörders: Banküberfall in Cleebronn

Mehr als ein halbes Jahr lässt der Hammermörder sich Zeit, bevor er erneut zuschlägt. Am 28. Dezember 1985 hat es der Hammermörder auf die Volksbank in Cleebronn abgesehen – und macht seinem Namen alle Ehre: Mit einem Vorschlaghammer schlägt er ein faustgroßes Loch in die Verbindungstür, durch das er eine Waffe hält. Daraufhin öffnen die Bankmitarbeiter die Tür.


„Dies ist ein Überfall“, soll er laut dem Stimme-Bericht in schwäbischem Dialekt gerufen haben. 79.000 Mark werden in seine mitgebrachte Plastiktüte gesteckt. Dem Täter gelingt erneut die Flucht, dieses Mal mit einem gestohlenen hellgrünen VW Golf mit Nürnberger Kennzeichen. Zwei Tage später finden Jogger auf einem Parkplatz bei Großbottwar eine Leiche – der Besitzer des Fluchtfahrzeugs. Das Vorgehen legt nahe: Es handelt sich um denselben Täter wie in Marbach.

Soko „Hammer“ sucht Mörder im Raum Heilbronn: Ist ein Polizist der Täter?

Ist es das Geld, das den Täter antreibt oder die Lust am Töten? Darüber rätselt auch die Anfang 1985 gegründete Sonderkommission „Hammer“. Zunächst sind rund 20 Beamte zuständig, über die Monate wächst die Truppe auf knapp 100 Mann an. Die Hinweise aus der Bevölkerung ergeben nichts. Daran ändert auch die ausgesetzte Belohnung der Staatsanwaltschaft über 8000 Mark sowie die von der Versicherung versprochenen zehn Prozent der Beute nichts.

Es wird vermutet, dass der Täter Ortskenntnisse der Region besitzt. „Bekannt wurde außerdem, dass die Polizei den Täter auch in den eigenen Reihen sucht“, schreibt die Heilbronner Stimme am 28. Februar 1985. Denn auffällig ist, dass die Raubüberfälle immer am Rande von Polizeirevieren zu Zeiten des Schichtwechsels stattfinden. Wie sich später herausstellt, wird auch ein Projektil gefunden, das sich den Dienstwaffen der Polizei zuordnen lässt. Im Hintergrund werden 12.000 Pistolen der Beamten ausgewertet.

Mann aus Beilstein vermisst – war es wieder der Hammermörder?

Es wird wieder stiller um den Hammermörder – bis im Juli 1985 befürchtet wird, er könnte erneut zugeschlagen haben. Ein 26-jähriger Elektriker aus Beilstein wird seit 22. Juli vermisst. Die Stimme titelt „Dritter Mord eines Bankräubers?“ Denn in Spiegelberg im Rems-Murr-Kreis scheitert zur selben Zeit ein Banküberfall mit Vorschlaghammer. Trotz Großfahndung im Umkreis von 40 Kilometern bis nach Stuttgart, entkommt der Täter.

Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Derweilen geht auch die Suche nach dem Beilsteiner weiter: Hubschrauber, Hundestaffel, Kriminalbeamte und mehrere Hundertschaften suchen ihn. Am 26. Juli 1985 gibt es dann Gewissheit: Bauarbeiter finden nahe eines Waldparkplatzes zwischen Flein und Ilsfeld eine Leiche – wieder getötet durch einen Kopfschuss.

Zufall entlarvt Hammermörder: Spur führt zu Polizisten aus Backnang

Im Oktober gibt es endlich Hoffnung auf eine heiße Spur: Ein Polizist aus Backnang, dessen Waffe kurz darauf überprüft werden soll, hebt einen großen Geldbetrag ab und verschwindet nach Italien. Mit internationalem Haftbefehl wird er gesucht und schließlich festgenommen – doch er ist nicht der Täter.

Der Zufall führt die Polizei auf die Spur des tatsächlichen Hammermörders. Wegen einer Terroristenfahndung am Ludwigsburger Bahnhof werden Schließfächer geöffnet. Der Fund: Die Polizeiuniform von Norbert Poehlke, Diensthundeführer der Landespolizeidirektion in Stuttgart, sowie die Verpackung einer Sturmhaube. Er wohnt im Backnanger Ortsteil Strümpfelbach.

Alibi und Blutspur: Warum der Hammermörder nicht gefasst wurde

Aber das reicht nicht. Das Phantombild passt nicht ganz zu Poehlke. Außerdem wird sein Alibi nicht sorgfältig überprüft. Gefundene Blutspuren könnten ihn überführen, aber Poehlke entzieht sich einer Entnahme. Auch seine Schusswaffe ist noch nicht ausgewertet. Gerd Bornschein, der erst im Oktober die Soko-Leitung übernimmt, erklärt Jahre später im Stimme-Interview, dass das Team versäumt habe, diese Spur zu priorisieren. Innerhalb eines Tages hätte demnach ein Ergebnis vorliegen können.

Doch die Erkenntnis kommt zu spät. Poehlke tötet seine Frau und einen seiner Söhne und macht sich mit dem anderen auf nach Italien. Dort tötet er erst den Jungen und anschließend sich selbst mit seiner Dienstwaffe. „Wenn diese Fehleinschätzung nicht passiert wäre, könnten tatsächlich vier Menschen noch leben“, urteilt Bornschein.

Motiv des Hammermörders: Tötete er aus Geldnot?

Warum beging Poehlke diese Verbrechen? Eine Dokumentation des SWR versucht 2001, Antworten zu finden. Ein Grund: Schulden von 300.000 Mark durch den Hausbau in Backnang-Strümpfelbach. Laut den Ermittlungen soll die Familie monatlich nur 250 Mark zur Verfügung gehabt haben. Den sozialen Status habe Poehlke nicht aufgeben wollen, so die Doku.

Als „Wendepunkt“ wird der Tod der dreijährigen Tochter bezeichnet. Bei ihr sei ein Gehirntumor entdeckt worden. Konsultierte Privatärzte wollen viel Geld, das die Familie nicht hat. Im März 1984 stirbt das Mädchen. „Aus dem Polizisten wird ein Verbrecher“, heißt es in der SWR-Doku – und sieben Menschen sterben.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben