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Keine arrogante Unnahbarkeit, keine Kumpanei

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Heilbronns Polizei-Chef Gerd Bornschein wird heute intern und am Donnerstag offiziell in den Ruhestand verabschiedet

Von Gerd Kempf
 Foto: red

Kein Bild von Gerd Bornschein hat sich tiefer eingeprägt als sein Auftritt vor der Harmonie in den frühen 80er Jahren. Drinnen füllten Rechtsradikale den großen Saal, draußen eine aufgebrachte Menge, die nicht verstehen konnte, dass sich in einem demokratischen Staat Ordnungshüter schützend vor die Ewig-Gestrigen stellten.Durch sein besonnenes Auftreten in dieser hoch explosiven Situation sorgte der Heilbronner Kripo-Chef Bornschein dafür, dass nicht die Fetzen flogen. Keine arrogante Unnahbarkeit, aber auch keine Kumpanei - was ihn damals vor der Harmonie auszeichnete, ist generell das Erfolgsgeheimnis seiner beruflichen Karriere, die ihn ungewöhnlich oft nach Heilbronn führte.Schon als Schüler radelte Gerd Bornschein von seiner Heimatstadt Mosbach nach Heilbronn. Der Sohn eines Berufsoffiziers und Enkel eines Kripo-Beamten hatte mit 17 noch Träume von einer Karriere bei der Luftwaffe der Bundeswehr, absolvierte stattdessen die damals rein militärisch ausgerichtete Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei und startete 1964 als 20-Jähriger in Heilbronn die Polizei-Laufbahn.Sein spektakulärster, zumindest aber aufwändigster Fall - nachdem er die Uniform abgelegt hatte und 1973 zum Kriminal-Kommissar aufgestiegen war - hieß in der Öffentlichkeit "Mord ohne Leiche". Eine Mutter von vier Kindern wurde nach dem Besuch eines Weinfests in Lauffen vermisst und blieb verschwunden. Ein Nachbar geriet nur deswegen in Verdacht, weil er sich in Widersprüche verwickelt hatte. Die skurrilsten Spuren, die Frau sei an einen Bären in Tripsdrill verfüttert oder ihre Leiche von einem Totengräber unter einem Sarg versteckt worden, mussten verfolgt werden. Bornschein fuhr zum damals berühmten Parapsychologen Prof. Dr. Dr. Bender nach Freiburg, der einen nicht minder berühmten Hellseher aus Utrecht eingeschaltet hatte. Die Leiche blieb bis auf den heutigen Tag verschwunden, in einem Indizienprozess wurde der Nachbar gleichwohl verurteilt. Noch heute denkt Bornschein, wenn irgendwo Leichenteile auftauchen, an jenen Fall.Es schien sein endgültiger Abschied von Heilbronn, als er 1977 an die Landespolizeischule abgeordnet wurde. 1980 kehrte er als Kripo-Chef nach Heilbronn zurück.Kein Fall erregte die Menschen Mitte der 80er Jahr mehr als jener mysteriöse "Hammermörder", der mit einem Vorschlaghammer Banken überfiel und sich das Fluchtfahrzeug durch kaltblütige Morde verschafft hatte. Nachdem alle Vorgänger gescheitert waren, war es eine hohe Auszeichnung für den Heilbronner Kripo-Chef, zum Chef der "Soko Hammer" ernannt zu werden. Er wurde nur noch zum Konkursverwalter, denn am Wochenende, bevor Bornschein die Soko-Leitung übernahm, hatte der so genannte Hammermörder seine Familie hingerichtet.Vollends endgültig schien der Abschied von Heilbronn 1986, als er Chef der Polizeidirektion Schwäbisch Hall wurde und er sein Haus in Leingarten verkaufte. Im Jahr 2000 kehrte er als Chef der Polizeidirektion nach Heilbronn zurück.Wenn Bornschein am Donnerstag offiziell in den Ruhestand verabschiedet wird, wird die am häufigsten diskutierte Frage sein, warum ein so agil wirkender Mann zur beruflichen Untätigkeit verdammt wird, nur weil er am 18. September 60 Jahre alt geworden ist. Er geht "ungern", weil er "gerne als Polizist in allen Funktionen und stets in einem guten Team gearbeitet" habe. Dennoch würde er auch freiwillig gehen, um kein "falsches Signal" für all diejenigen im Schichtdienst zu setzen, die mit 60 Jahren den Ruhestand sehr wohl verdient hätten.


 Foto: red
 
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