Als der Hammermörder die Region in Angst und Schrecken versetzte
Der Hammermörder ging in die Geschichtsbücher der Polizei ein. Der Polizist und Bankräuber aus Backnang tötete innerhalb von 17 Monaten sechs Menschen. Norbert Poehlkes blutige Spur führte auch in die Region.
Erst spät stellt die Polizei fest, dass der Mörder einer der ihren ist. Norbert Poehlke, 33 Jahre alt, verheiratet, zwei Söhne, der bei der Polizeidirektion Stuttgart als Diensthundeführer arbeitet, ermordet sechs Menschen. Und richtet sich am Ende selbst. Der sogenannte Hammermörder geht in die Kriminalgeschichte ein. Poehlkes blutige Spur führt auch in die Region.
Kurz vor Weihnachten 1984 überfällt er eine Bank in Cleebronn und erbeutet 79.000 Mark. Mit einem Hammer schlägt er die Scheiben im Schalterraum ein. Daher die Bezeichnung Hammermörder. Sieben Monate später schießt er auf einem Wanderparkplatz zwischen Ilsfeld und Flein einem Mann ins Gesicht und stiehlt dessen Auto.

Dann fährt er nach Spiegelberg (Rems-Murr-Kreis) und überfällt dort die Raiffeisenbank. Dieses Mal macht er keine Beute. Die Mordserie beginnt im Mai 1984 und endet 17 Monate später. Der Täter geht nach dem gleichen Schema vor. Parkplatz, Mord, Autodiebstahl, Banküberfall.
30 Tonnen Erde umgegraben
Bei vielen Menschen ist der Hammermörder noch immer präsent. Einer davon ist Gerd Bornschein. Wenige Tage, bevor sich Poehlke erschießt, übernimmt der heute 76-Jährige die Sonderkommission Hammer. Gleich nach dem ersten Mord sucht die Polizei nach einer Patronenhülse und lässt 30 Tonnen Erde umgraben, erinnert sich Bornschein. "Die Hülse war nicht auswertbar."

Anders beim zweiten Mord im Dezember 1984 in der Nähe von Großbottwar (Kreis Ludwigsburg). Die Fahnder stellen das Projektil sicher. Bei der Untersuchung stellen die Experten fest, dass der Schuss vermutlich aus einer Walther P5, der Dienstwaffe der Polizei, abgefeuert wurde. Patronen, Hülsen und Schussbild von 12.000 Pistolen werten Beamte aus, um die Tatwaffe auszumachen und dem Täter auf die Spur zu kommen.
In der Bevölkerung geht die Angst um. "Die Menschen waren besorgt. Das war im Sommer 1985 deutlich spürbar", sagt Bornschein. Waldparkplätze seien verwaist gewesen, Bauern hätten sich nicht mehr aufs Feld getraut. "Und die Mitarbeiter der Banken auf dem Land hatten Bammel." Der Druck auf die Beamten wächst. Da scheint sich ein Erfolg einzustellen.
Den falschen Polizisten im Visier

Drei Tage, bevor die Pistole eines Polizisten aus Backnang geprüft werden soll, hebt dieser einen größeren Geldbetrag bei der Bank ab und setzt sich nach Italien ab. Die Polizei geht davon aus, dem Täter auf der Spur zu sein und lässt ihn per internationalem Haftbefehl suchen. Fahnder spüren ihn in Italien auf. Die Polizei präsentiert der verängstigten Öffentlichkeit den mutmaßlichen Täter. Doch sie haben den Falschen.
Der Fehler mit dem Verdächtigen aus den eigenen Reihen führt dazu, dass die Soko zögert, als Anfang Oktober 1985 Diensthundeführer Norbert Poehlke aus Backnang-Strümpfelbach (Rems-Murr-Kreis), gut 30 Kilometer von Heilbronn entfernt, ins Visier der Ermittler gerät. Es ist die Spur mit der Nummer 3799. Kommissar Zufall hilft mit. Im Rahmen einer Terroristenfahndung öffnen zuvor Polizisten im Bahnhof Ludwigsburg Schließfächer und finden in einem Poehlkes Uniform und die Verpackung einer Sturmhaube. Doch die Soko ist inkonsequent.
Poehlke wurde als liebevoll und familienfreundlich charakterisiert

Poehlke gibt bei der Vernehmung an, dass er am Tattag des Überfalls auf die Raiffeisenbank in Rosenberg beim Geburtstag seiner Mutter in der Nähe von Münster gewesen sei. Die Ermittler lassen sich nur die Geburtsdaten der Mutter bestätigen, prüfen das Alibi Poehlkes nicht nach. Zudem entzieht er sich einer Blutprobe im Krankenhaus. Die hätte ihn überführt, da am ersten Tatort Blutspuren gesichert wurden. "Seine Ausrede war, dass man ihn im Krankenhaus als Täter vermuten würde", sagt Bornschein. Was die Polizei zudem auf die falsche Fährt führt, ist das Phantombild. Darauf ein Mann mit gewellten Haaren, ohne Bart. Poehlke hat schwarze Haare und einen Vollbart. Sie lassen ihn ziehen.
Hans-Joachim Godel (63), der damals als Polizeireporter bei der Heilbronner Stimme über den Hammermörder berichtet, sagt, Poehlke sei als liebevoll charakterisiert worden. "Er war ein Familienmensch und wollte, dass es ihr gut geht." Das Motiv des Mörders: Habgier. Durch einen Hauskauf habe sich Norbert Poehlke finanziell übernommen.
Am 11. Oktober 1985 ist Poehlke das letzte Mal im Dienst. Er lässt sich krankschreiben. Zwei Tag später tötet er seine Frau auf dem Sofa mit einem Kopfschuss, geht nach oben, tötet seinen siebenjährigen Sohn mit einem Schuss ins Gesicht. Er flüchtet mit dem Vierjährigen Richtung Italien. Tage später tötet er den Jungen mit einem Gesichtsschuss und sich selbst mit einem Schuss in den Kopf. Am 22. Oktober vor 35 Jahren entdeckt ein Spaziergänger am Strand von Torre Canne bei Brindisi die Leichen.
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Chronik des Hammermörders Norbert Poehlke

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3.5.1984 Waldparkplatz Häldenmühle bei Marbach (Kreis Ludwigsburg), Hammermörder tötet Mann mit Schuss ins Gesicht, um dessen Auto zu stehlen.
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3. 5.1984 Überfall auf Volksbank in Erbstetten mit gestohlenem Wagen als Fluchtfahrzeug. Täter zertrümmert mit Vorschlaghammer Sicherheitsverglasung. Beute: 4800 Mark.
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21.12.1984 Waldparkplatz Rohrtäle bei Großbottwar (Kreis Ludwigsburg), Mord durch Gesichtsschuss, um an Fluchtauto zu kommen.
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21.12.1984 Cleebronn (Kreis Heilbronn), Banküberfall mit Hammer auf Volksbank, Beute: 79.000 Mark.
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5.7.1985 TV-Fahndung im ZDF "Aktenzeichen XY".
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22.7.1985 Waldparkplatz zwischen Ilsfeld und Flein (Kreis Heilbronn), Mord durch Gesichtsschuss, Autodiebstahl.
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22.7.1985 Spiegelberg (Rems-Murr-Kreis), Banküberfallversuch auf Raiffeisenbank, keine Beute.
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August 1985 Ein Polizist wird unter dem Verdacht festgenommen, der Hammermörder zu sein, und der Öffentlichkeit präsentiert. Der Verdacht stellt sich als falsch heraus, er kommt wieder frei.
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27.9.1985 Rosenberg, Hammermörder überfällt Raiffeisenbank, Beute: 11.000 Mark. Täter flüchtet mit Auto eines Bankkunden.
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Oktober 1985 Norbert Poehlke (33), Diensthundeführer bei der Landespolizeidirektion Stuttgart II, gerät in Verdacht, der Hammermörder zu sein. Er wird vernommen und dann wieder frei gelassen. Sein Alibi wird nicht sorgfältig genug überprüft.
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13.10.1985 Poehlke erschießt seine Frau mit einem Kopfschuss, einen Sohn mit einem Gesichtsschuss im Wohnhaus der Familie in Backnang- Strümpfelbach (Rems-Murr-Kreis). Er flüchtet mit dem zweiten Sohn und fährt mit seinem Mercedes-Kombi nach Süditalien.
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22.10.1985 Poehlke fährt mit seinem Sohn zum Strand von Torre Canne bei Brindisi. Er tötet sein Kind mit einem Gesichtsschuss und sich selbst mit einem Kopfschuss.

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