Doppelgängerinnen-Prozess zieht sich weiter hin – wegen fehlerhafter Übersetzung
Beobachter hatten erwartet, dass im Prozess um den gewaltsamen Tod einer Frau aus Eppingen die Plädoyers am Landgericht Ingolstadt gehalten werden. Doch erneut verzögerte sich der Ablauf.
Schon wieder sind die Erwartungen vieler Prozessbeobachter unerfüllt geblieben. Auch am Dienstag, dem 46. Verhandlungstag am Landgericht Ingolstadt im Prozess um den sogenannten Doppelgängerin-Mord, ist es erneut nicht zum Beginn der Plädoyers gekommen, in denen Staatsanwaltschaft und Verteidiger ihre Erkenntnisse zusammenfassen und Schlussanträge stellen. Das Problem: Eine Dolmetscherin übersetzte die Aussagen eines Zeugen fehlerhaft und unvollständig.
Doppelgängerinnen-Prozess hatte bereits im Januar begonnen
Sowohl die Verteidiger der beiden Angeklagten, die Vertreterin der Nebenklage als auch das Gericht selbst teilten diese Einschätzung. Allerdings gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob der Zeuge nochmals geladen werden sollte, dieses Mal dann zusammen mit einem vereidigten Dolmetscher. Im Gegensatz zu den Anwälten des kosovarischen Angeklagten Sheqir K. (26) verzichteten die Anwälte von Jesidin Schahraban K. (25) nicht auf eine nochmalige Ladung des Zeugen zur Hauptverhandlung am Landgericht.

Die Einschätzung von prozessbeobachtenden Juristen hierzu: Würde Richter Konrad Kliegl sich darüber hinwegsetzen, würde das gesamte Verfahren Gefahr laufen, neu aufgerollt zu werden. Insofern sah Kliegl sich dann auch gezwungen, die Verhandlung zu unterbrechen und zu vertagen - erst in drei Wochen, am 5. November, geht es weiter. Der Prozess im Aufsehen erregenden Fall hatte bereits im Januar begonnen.
Vorwurf: Frau bei Bad Rappenau-Fürfeld mit 56 Messerstichen ermordet
Im November wird Hasan A. (53) aus einer Kleinstadt im Nordosten Hessens dann also erneut nach Ingolstadt anreisen müssen, um seine Aussage zu wiederholen. Seine Fingerabdrücke waren in der Beifahrertür des Mercedes Coupé gefunden worden, auf dessen Rückbank die Polizei im Sommer vor zwei Jahren den Leichnam einer 23-jährigen aus Algerien stammenden Frau aufgefunden hatte.
Schahraban K. und Sheqir K. sollen die Frau in einem Wald bei Bad Rappenau-Fürfeld mit 56 Messerstichen ermordet haben. Während Schahraban K. den Mitangeklagten beschuldigt, schweigt dieser. Die Staatsanwaltschaft warf Schahraban K. in der Anklage vor, eine Doppelgängerin gesucht zu haben. Mit dem Mord an der Frau aus Eppingen habe sie ihren eigenen Tod vortäuschen wollen, hatte es geheißen.
Doppelgängerin-Prozess: Verwirrende Aussagen eines Zeugen zu angeblichen Gebeten
Inzwischen wird an den Verhandlungstagen immer häufiger der Frage nachgegangen, inwieweit die Angeklagte die gescheiterte Beziehung zu ihrem Ex-Verlobten wiederherstellen wollte. So sollen die Briefe im Mercedes jesidische Gebete gewesen sein, in denen dafür gebetet wird, eine kranke Person wieder „gesund zu machen“, wie die Dolmetscherin die Worte des geladenen Zeugen übersetzte. Er schilderte, in der jesidischen Gemeinschaft in der Vergangenheit auf Bitten hin schon öfter Gebete verfasst zu haben.
Die Aussage des Mannes blieb aber weitgehend verwirrend und letztlich kurios. So stellte sich heraus, dass die Schrift, die er verwendete, von ihm selbst erfunden war. Er könne weder schreiben noch lesen und habe nie eine Schule besucht, sagte der Iraker mit deutschem Aufenthaltstitel.
Doppelgängerinnen-Prozess: Verteidiger sehen ihr Fragerecht beschnitten
Der Dolmetscher, der für den Vater des Opfers übersetzt, machte später auf die fehlerhafte Übersetzung seiner Kollegin aufmerksam. Von einer erneuten Aussage des Mannes im Prozess im November erwarten aber offenkundig weder die Anwälte der Angeklagten noch die Vertreterin der Nebenklage etwas. Doch die Anwälte von Schahraban K. sehen sich eigenen Angaben nach in ihrem Fragerecht als Verteidiger beschnitten, sollte nicht eine saubere Übersetzung gewährleistet sein, die die Möglichkeit zu Nachfragen bietet.