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Tatort bei Fürfeld
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Doppelgängerin-Mord: Anwälte verzögern Prozessbeginn

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Eine Frau aus Eppingen wurde offenbar Opfer eines perfiden Mordplans. Der erste Verhandlungstag am Landgericht Ingolstadt ging für viele Prozessbeobachter überraschend schnell zu Ende.

Die 24 Jahre alte Schahabran K. verbirgt ihr Gesicht, als Fotografen und Kameraleute zum Prozessbeginn Aufnahmen machen.
Die 24 Jahre alte Schahabran K. verbirgt ihr Gesicht, als Fotografen und Kameraleute zum Prozessbeginn Aufnahmen machen.  Foto: Cornelia Hammer

Am Landgericht Ingolstadt hat am Dienstag der Prozess zum sogenannten Doppelgängerin-Mord begonnen. Der Fall ist außergewöhnlich und grausam. Die Deutsch-Irakerin Schahabran K. (24) und ihr Komplize Sheqir K. (25) sollen das Opfer ihres perfiden Mordplans in Eppingen gefunden haben. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt wirft den beiden Angeklagten vor, die arglose Algerierin dort an ihrer Wohnanschrift abgeholt und im Waldgebiet Stöckach in Bad Rappenau-Fürfeld getötet zu haben.

Neben zahlreichen Medienvertretern sind zu Verhandlungsbeginn viele Besucher im Ingolstädter Landgericht erschienen - darunter auch einige junge Menschen aus Heilbronn, die das Opfer offenbar kannten. Sie wollen sich nicht öffentlich äußern. Der Vater der Getöteten, die nur 23 Jahre alt wurde, tritt als Nebenkläger auf. Auch er und seine Anwältin sagen, sie wollten sich erstmal nicht äußern.

Staatsanwaltschaftzum Doppelgängerin-Mord: Angeklagte wollte Verdacht auf Ex-Partner lenken

Das Opfer aus Eppingen sollte offensichtlich unter dem Vorwand einer kostenlosen Kosmetikbehandlung in eine Falle gelockt werden. Sie sei den Beschuldigten bis zur Kontaktaufnahme über einen Fake-Account auf Instagram "gänzlich unbekannt" gewesen, trägt Staatsanwältin Alexandra Engel aus der Anklageschrift vor. Nach dem mutmaßlichen Mord am 16. August 2022 im Waldstück Stöckach zwischen Massenbachhausen und Fürfeld hätten die Beschuldigten den Leichnam auf dem Rücksitz des Autos von Schahabran K. abgelegt. Der Tatplan habe vorgesehen, den Verdacht auf den Ex-Verlobten von Schahabran K. zu lenken, führt die Staatsanwältin aus. "Völlig unbeeindruckt von ihrer Tat" hätten sie das Auto mit dem Leichnam an der Anschrift von K.s Eltern in Ingolstadt abgestellt. K. habe untertauchen wollen. Unbeeindruckt wirken die Angeklagten auch, als sie Engels Ausführungen zuhörten - sie nehmen die Vorwürfe regungslos zur Kenntnis.

Kurz vor Beginn der Verhandlung, als Fotografen und Kameraleute für Aufnahmen zugelassen wurden, versteckt sich Schahabran K. zwischen ihren Anwälten. "Kleine zierliche Maus", meint eine Prozessbesucherin über ihr Erscheinungsbild. Die "Maus" gilt nach vorläufiger Einschätzung eines Psychiaters aber als "voll schuldfähig". Lange, lockige Haare trägt sie, spricht mit einer hohen Stimme. Ihr früherer Komplize Sheqir K. scheut sich im Gegensatz zu ihr nicht, den Kameraleuten sein Gesicht zu zeigen.

Landgericht wird familiären Hintergrund der Jesidin beleuchten

Bei der Frage nach dem Motiv wird das Gericht die familiären Hintergründe erforschen, aus der Schahabran K. stammt. Offenbar soll sie ihren Tod inszeniert haben wollen, weil eine Versöhnung mit ihren Ex-Verlobten misslang - und dies in ihrem jesidischen Umfeld als Tabu gilt. Auch wird das Gericht ausleuchten, ob die zur Tatzeit 23 Jahre alte Frau aus Zorn auf ihren Ex heraus handelte.

Der Vater des Opfers verhält sich den ersten Prozesstag über sehr ruhig. Immer wieder schaut er auf die Anklagebank, mustert die mutmaßlichen Mörder seiner Tochter. Ein Dolmetscher übersetzt ihm die wichtigsten Sätze, vieles versteht er aber auch ohne Hilfe.

Anwälte spielen auf Zeit

Die Verteidiger von Schahabran K. beschäftigen zunächst das Gericht. Erst beklagt Anwalt Johannes Makepeace die Fußfessel, die K. tragen muss. Dann stellt er ein faires Verfahren infrage, weil sie Akten spät bekommen hätten. Sheqir K.s Anwalt Thilo Bals schaut genervt an die Decke. Sein Mandant wünsche sich einen schnellen Fortgang des Verfahrens, sagt er. Dennoch: Makepeace beantragt die Aussetzung des Hauptverfahrens. Staatsanwältin Engel spricht sich dafür aus, den Antrag abzulehnen. Richter Konrad Kliegl sagt, die Entscheidung darüber werde einige Stunden in Anspruch nehmen - und erst am nächsten Verhandlungstag, dem 22. Januar, verkündet.

Fürfelds Ortsvorsteher: "Schlimme Erinnerung"

Den mutmaßlichen Mord hätten viele Menschen im Bad Rappenauer Teilort Fürfeld in schlimmer Erinnerung, schildert Fürfelds Ortsvorsteher Marcel Mayer. Es könne sein, dass das Geschehen von damals im Laufe des Gerichtsprozesses wieder hochkomme. Der Tatort selbst liege im Waldstück Stöckach zwischen Massenbachhausen und Fürfeld und sei insofern recht weit vom Ortskern entfernt. Zum Opfer hätten die Menschen in Fürfeld keinen Bezug gehabt, dennoch habe man es als furchtbar erlebt. Angehörige des Opfers hätten nie den Kontakt gesucht, sagt Mayer, aber falls eine Gedenkstätte gewünscht würde, würde er diesem Vorhaben offen gegenüberstehen.

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