Kosten in Millionenhöhe: Sanierung des Blauen Turms in Bad Wimpfen erfolgreich?
Nach jahrelanger Sanierung für Millionen Euro stellt sich zwei Jahre später die Frage: Hat sich der Aufwand für den 800 Jahre alten Blauen Turm in Bad Wimpfen gelohnt?

Seit Beginn der Maßnahmen hat die Heilbronner Stimme die Sanierung des Wahrzeichens begleitet: Probebohrungen und Mauersteinprüfungen hatten 2016 ergeben, dass die Turmhaube viel zu schwer für den Schaft ist, das Mauerwerk dadurch bröckelt und Risse aufweist. Außerdem drang durch undichte Regen- und Abwasserleitungen seit den Achtzigern Feuchtigkeit ins Innere. Bis dato hatte ein Korsett aus Stahl alles notdürftig zusammengehalten. Doch wie lange würde der Blaue Turm dem Druck noch standhalten?
Darauf ankommen lassen wollte man es nicht, eine zu große Bedeutung hat das Wahrzeichen für die Stadt und viele Bürger. Man entschied sich, zu sanieren, den Turm in sich zu stabilisieren und die Risse im Gestein zu verkleben.
Sanierung des Blauen Turms in Bad Wimpfen: Ein grober Überblick darüber, was alles gemacht wurde
Was sich auf dem Papier einfach liest, wurde in der Realität zu einem Mammutprojekt, an dem zahlreiche Firmen jahrelang akribisch arbeiteten: Bis zum Ende der Sanierung wurden über 12.700 Löcher gebohrt und mit Eisenstangen oder Mörtel verfüllt, um dem Turm seine Tragfähigkeit zurückzugeben. Auch im Winter. Um die für den Mörtel benötigten zehn Grad Celsius zu erreichen, wurde in den kalten Monaten der Turm mit einer Plane abgedeckt und mit Heizlüftern erwärmt. Vom Turmaufsatz arbeiteten sich Steinmetze Quader für Quader herunter, nahmen das Mauerwerk ganz genau unter die Lupe, tauschten beschädigte Steine gegen neue Sand- und Muschelkalksteine aus.
Die Turmhaube wurde repariert, indem Schieferplatten, Bleche und Holzleisten begutachtet und teilweise ausgetauscht wurden. Die undichten Innenwände der Wasserleitungen wurden mit Polymerharz gekittet, sodass das Mauerwerk langfristig wieder trocknen konnte. An einigen Stellen war das Fundament nicht weit genug im Boden, damit es frostsicher ist. Die entsprechenden Stellen wurden mit Schotter aufgeschüttet und mit Pflastersteinen versiegelt. Auch das historische Treppenhaus bekam eine Verjüngungskur: Dafür wurde es für eine gewisse Zeit komplett ausgebaut und aufbereitet.
360 Grad: Der Blaue Turm in Bad Wimpfen nach der Sanierung
Das 360-Grad-Video wurde im Januar 2022 im Blauen Turm in Bad Wimpfen gedreht. Das Wahrzeichen erstrahlte nach der Generalsanierung in neuem Glanz. Zu sehen gibt es, was alles getan wurde, um den Turm zu retten. Zudem gibt es Aussichten aus luftiger Höhe und einen Blick zurück.
Nach der Sanierung des Blauen Turms: Hydraulik testet die Ankerstangen
Wer heute den Blick auf den Turmschaft richtet, dem fallen an der Außenfassade kleine Kästchen auf. „Diese dienen dem Monitoring“, erklärt Architekt Stefan Schädel von Strebewerk Stuttgart. Über Kabel und Funk werden im und am Turm zahlreiche Werte wie Feuchtigkeit, Temperatur und Neigungswinkel gemessen. Außerdem sind 50 der 1250 Ankerstangen mit Sensoren bestückt, um zu schauen, wie viel sie je nach Witterung aushalten müssen und ob sie dem Ganzen standhalten - also sich entsprechend zusammenziehen oder ausdehnen. „Bis 2027 werden die Daten erhoben und ausgewertet", so Schädel. "Es wird geschaut, ob sich Auffälligkeiten ergeben.“
All diese Werte kann Schädel auf seinem Computer in Stuttgart in Echtzeit abrufen. "Weicht ein Wert extrem ab, bekommen wir zudem ein Signal." Dennoch sei es wichtig, das Ganze nicht nur über den Bildschirm zu verfolgen, sondern auch direkt am Objekt. "Wir müssen schauen, dass die Sensoren korrekte Werte liefern." Mittels einer Hydraulik habe man deshalb - vereinfacht gesagt - mit einer Stärke von drei Tonnen an den Ankerstangen gezogen. "Der Sensor muss diese Kraft entsprechend widerspiegeln." Letztens habe ein Sensor unplausible Werte geliefert. "Vor Ort konnten wir den Grund feststellen: Es war Wasser in den Sensor gelangt." Man habe ihn getrocknet, jetzt liefere er wieder die korrekten Daten.
Nach Abschluss der Überprüfung kann Stefan Schädel sagen, dass die Sanierung zum aktuellen Zeitpunkt erfolgreich war: "Dem Turm geht es gut." Man betrachte den Blauen Turm zudem auch als Forschungsobjekt, um die gewonnene Erfahrung für andere Projekte zu nutzen.