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Regionale Abgeordnete zu Wahlen in Ostdeutschland: "Da gibt es nichts schönzureden"

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Die AfD fährt Erfolge ein, die Ampel-Parteien werden abgestraft: Bundestagsabgeordnete aus Heilbronn und Hohenlohe äußern sich zu den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen – mit klaren Worten.


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Für die Ampel-Parteien war der Wahlsonntag in Thüringen und Sachsen ein bitterer Tag. SPD, Grüne und FDP schafften es gemeinsam nicht mal auf Zustimmungswerte, die das neue Bündnis Sahra Wagenknecht aus dem Stand erzielte. Viele Wähler gaben in Umfragen explizit an, die Landtagswahl als Gelegenheit genutzt zu haben, um der Ampel-Koalition einen Denkzettel zu erteilen.

Am Jubeln war dagegen die AfD, die in Thüringen erstmals stärkste Kraft bei einer Landtagswahl wurde und in Sachsen nur haarscharf auf Platz zwei landete (alle Entwicklungen zur Thüringen- und Sachsen-Wahl im Newsblog). Als Erfolg verbucht auch die CDU die beiden Landtagswahlen, sie will in Sachsen weiterregieren und sieht sich in Thüringen am Zug, eine Regierung zu bilden. 

Nach Wahl in Sachsen und Thüringen: Das sagen regionale Abgeordnete zur AfD

Warum wurden die Ampel-Parteien in Ostdeutschland so abgestraft? Ist die Ampel-Koalition noch das richtige Regierungsbündnis und Olaf Scholz geeignet, es zu führen? Das und mehr haben wir die Abgeordneten der Ampel-Parteien und der CDU-Opposition aus Heilbronn und Hohenlohe gefragt.

"Die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen sind bitter für die SPD. Da gibt es nichts schönzureden", findet der Heilbronner SPD-Abgeordnete Josip Juratovic. Dass mit der AfD zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft wird, sei ein verheerendes Zeichen. "Leider hat sich bewahrheitet, was ich bereits letztes Jahr gesagt habe und wofür ich damals noch als 'Nazirelativierer' bezeichnet wurde: Für die Mehrzahl der AfD-Wählerinnen und Wähler ist es keine Protestwahl, sondern eine Gesinnungswahl; übrigens nicht nur im Osten", so der 65-Jährige.

Josip Juratovic, SPD-Abgeordneter im Wahlkreis Heilbronn.
Josip Juratovic, SPD-Abgeordneter im Wahlkreis Heilbronn.  Foto: Benno Kraehahn

Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen für Juratovic "der letzte Weckruf"

Dabei sei die Behauptung der CDU, die Ampel kümmere sich nicht um das Thema Migration, falsch. "Gerade in den letzten Wochen und Monaten hat sich die Politik der Regierung in Sachen Migration deutlich geändert." Die Landtagswahlen sind für Juratovic  "der letzte Weckruf an die Koalitionsregierung, jetzt endlich geräuschloses, lösungsorientiertes Regieren über parteipolitische Punktsiege zu stellen". Olaf Scholz sei dafür der richtige Mann, findet Juratovic, wenn auch die SPD von ihm mehr Führung in der Regierung erwarte.

SPD-Abgeordneter Leiser lobt Leistungen der Bundesregierung

Kevin Leiser, SPD-Abgeordneter aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe verweist auf die Erfolge der SPD-geführten Bundesregierung. Man habe Deutschland vor einer Beteiligung am Ukraine-Krieg bewahrt, bei der Unterstützung der Ukraine einen "langfristig tragbaren Mittelweg" gefunden, die Energiekrise abgewendet und den Wohlstand in Deutschland erhalten. "Ja, diese historische Großleistung sollten wir mit breiter Brust erklären", meint der 30-Jährige aus Blaufelden.

Kevin Leiser, SPD-Abgeordneter im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe.
Kevin Leiser, SPD-Abgeordneter im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe.  Foto: Christoph Donauer

Dennoch sei es nötig, die Alltagssorgen der Menschen stärker in den Blick zu nehmen. Dazu gehöre es, mehr zu investieren und eine gemeinsame Altersversorgung und Krankenkasse zu schaffen, in die alle einzahlen. "Und wir müssen die Reichsten der Reichen stärker in Verantwortung für die Allgemeinheit nehmen", fordert Leiser. Die Forderung nach mehr Führung von Kanzler Olaf Scholz teilt Leiser nicht. Scholz habe es immer wieder geschafft, die Ampel zu gemeinsamen Entscheidungen zu führen.

FDP-Abgeordneter Abel kritisiert Populismus der Parteien

"Für uns Freie Demokraten sind gut durchdachte Lösungsansätze wichtiger als plakative Forderungen", verteidigt Valentin Abel das schlechte Abschneiden seiner Partei. Der FDP-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe kritisiert, dass viele Parteien auf Populismus und vermeintlich einfache Lösungen setzen und dies lautstark in den sozialen Netzwerken streuen. "Als Liberale dürfen wir nicht auf diesen Zug aufspringen", sagt Abel. Es brauche eine Strategie, wie die Erfolge seiner Partei sichtbar werden und Forderungen Gehör finden.

Valentin Abel, FDP-Abgeordneter im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe.
Valentin Abel, FDP-Abgeordneter im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe.  Foto: privat

"Dass in der Ampel drei Partner mit hochgradig unterschiedlichen Philosophien aufeinandertreffen ist nicht neu", betont der 33-Jährige aus Westernhausen. "Ich erwarte jedoch von allen Koalitionspartnern, sich unideologisch und pragmatisch mit den drängenden Themen unserer Zeit auseinanderzusetzen — primär das Ankurbeln der Wirtschaft, die Reformierung des Sozialstaats und die Kontrolle der Migration." Sich deshalb aus der Ampel zurückzuziehen sei jedoch keine Lösung.

FDP war im Osten in der Defensive

Der Heilbronner FDP-Abgeordnete Michael Link spricht von eine "bitteren Niederlage nach der für uns relativ erfolgreichen Europawahl im Mai". Die FDP sei in Sachsen und in Thüringen von Anfang an in der Defensive gewesen, sehr viele der potentiellen FDP-Wähler seien zur CDU gegangen, um sie als zahlenmäßig stärkste Kraft gegenüber der AfD und gegenüber dem BSW zu positionieren, sagte Link. "Bei diesem extrem polarisierten Wahlkampf hatten Landesthemen keine Chance und die Bundespolitik war höchst unbeliebt"", so der Liberale aus Heilbronn.

Harald Ebner von den Grünen sorgt sich um den Rechtsruck

Für Harald Ebner, Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Hohenlohe-Schwäbisch Hall, kommen die Ergebnisse der Wahlen nicht unerwartet, "besorgen mich aber dennoch. Augenscheinlich sind Teile unserer Gesellschaft nach rechts gerückt. Hinzukommt, dass viele Menschen die Handlungsfähigkeit einer Bundesregierung, die im Dauerclinch liegt, massiv anzweifeln". Es sei bedauerlich, dass die von manchen allzu oft zelebrierte Sucht zum Streit die wirklich herzeigbaren Erfolge der Regierungskoalition völlig vergessen macht, sagt Ebner. Er verweist darauf, dass die Preise wieder stabil seien, Deutschland unabhängig von russischem Gas sei, die Energiepreise so niedrig wie lange nicht seien, die Bahn saniert werde und marode Autobahnbrücken erneuert würden.

Klare Worte von Heilbronner Throm: "Einseitige und ideologische Politik der Ampel"

"Die einseitige und ideologische  Politik der Ampel am Mehrheitswillen der Bevölkerung vorbei, hat zu einem Anwachsen der politischen Ränder geführt", sagt der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm aus Heilbronn. 

Gleichzeitig zeige es, dass die Bundesregierung am Ende sei. "Es gilt jetzt mehr denn je, zuerst das Land, dann die Partei. Wenn also eine der drei Ampel-Parteien noch einen Funken Verantwortungsbewusstsein für das Land hat, dann erspart sie uns allen ein weiteres verlorenes Jahr der Ampel und kündigt die Koalition auf", erklärt Throm.

Alexander Throm, CDU-Abgeordneter des Wahlkreis Heilbronn.
Alexander Throm, CDU-Abgeordneter des Wahlkreis Heilbronn.  Foto: Laurence Chaperon

Ampel-Regierung verkennt Realität? Das sagt Abgeordneter Fabian Gramling

Fabian Gramling, CDU-Abgeordneter aus dem Wahlkreis Neckar-Zaber, kommentiert das Wahlergebnis so: "Die Wahlanalyse beweist: Diese Regierung lebt in ihrer eigenen Welt, weit entfernt von den Menschen. Realitäten werden verkannt und stattdessen lieber über Luftschlösser fabuliert."

Die Wahlergebnisse würden zeigen: Wer im Vergleich zur Bundestagswahl zwei Drittel und mehr seiner Wählerstimmen verliert, der habe die Legitimation verloren. "Die Menschen vertrauen dieser Bundesregierung nicht mehr. Deutschland braucht jetzt eine zuverlässige Regierung mit klarem Kompass. Der Kanzler wäre gut beraten, die Vertrauensfrage zu stellen", betont Gramling. 

Fabian Gramling, CDU-Abgeordneter des Wahlkreises Neckar-Zaber.
Fabian Gramling, CDU-Abgeordneter des Wahlkreises Neckar-Zaber.  Foto: Fabian Gramling

Christian von Stetten, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Hohenlohe-Schwäbisch Hall äußert sich zum Wahlergebnis gegenüber unserer Redaktion so: "Wer bei der CDU glaubt, dass es sinnvoll ist, mit den Linken eine Regierung zu bilden, wird langfristig Schiffbruch erleiden. Deren Wahlprogramm ist eindeutig sozialistisch und passt nicht zu unserer Politik der Christlichen Menschenliebe, Freiheit und Sozialen Marktwirtschaft.“

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