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Diese Kandidaten aus Heilbronn-Franken treten bei der Europawahl an

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Nur wenige Politikerinnen und Politiker aus der Region Heilbronn-Franken treten bei der Europawahl am 9. Juni an. Wir haben die Kandidaten gefragt, was sie antreibt, Wahlkampf zu machen.

Mirwais Wafa( FDP), Marie-Sophie Lanig ( CDU), Dr. Marc Jongen (AfD) und Jeremy Tietz  (SPD) bewerben sich aus der Region Heilbronn-Franken um ein EU-Mandat.
Mirwais Wafa( FDP), Marie-Sophie Lanig ( CDU), Dr. Marc Jongen (AfD) und Jeremy Tietz (SPD) bewerben sich aus der Region Heilbronn-Franken um ein EU-Mandat.  Foto: Laurence Chaperon/Privat/Sven Kleinhanss

Sechs Kandidaten verschiedener Parteien kämpfen in der Großregion Heilbronn-Franken um einen Sitz im Europaparlament bei der Europawahl am 9. Juni. Manchen könnte das gelingen, viele stehen jedoch auf aussichtslosen Listenplätzen.

Warum sie trotzdem Wahlkampf machen und was sie in Europa bewegen wollen.

Kandidaten für Europawahl aus Heilbronn-Franken – Andreas Hackel Ersatzkandidat auf Listenplatz 1

Er steht auf Platz eins, aber nur als Ersatzkandidat: Andreas Hackel aus Neudenau würde ins Europaparlament einziehen, falls die CDU-Spitzenkandidatin im Land, Andrea Wechsler, ihr Amt niederlegen sollte. "Das ist schon etwas Besonderes", findet der 28-Jährige. Derzeit leitet er das Wahlkreisbüro des Heilbronner Abgeordneten Alexander Throm.

Ernsthafte Gedanken über den Einzug ins Europaparlament hat er sich nicht gemacht. "Damit habe ich mich überhaupt nicht befasst." Stattdessen gehe es darum, die Spitzenkandidatin im Wahlkampf zu unterstützen. "Sie wird einen super Job machen."


EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen "macht guten Job  –  Verbrenner-Aus muss weg"

Die EU-Politik beschäftigt Hackel trotzdem. "Keine Generation hat so von Europa profitiert wie meine. Deswegen ist das für mich ein Herzensanliegen." Wer glaube, die Europawahl sei nicht so wichtig, irre sich. "In Brüssel und Straßburg werden jeden Tag Entscheidungen getroffen, die uns in unserem täglichen Leben betreffen."

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Die EU müsse für Frieden, Freiheit und Wohlstand sorgen. Das sei nicht selbstverständlich. Spürbarer seien Errungenschaften wie das visafreie Reisen, kostenloses Roaming oder das Erasmus-Programm. Wichtig sei, dass die EU-Politik zur Lebensrealität der Menschen passe.


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Ursula von der Leyen hat aus Hackels Sicht einen guten Job gemacht. "Sie steht für Stabilität und Vernunft." Es sei im Interesse Deutschlands, wenn von der Leyen auch künftig Kommissionspräsidentin bleibt. Natürlich sei nicht jede Entscheidung hierzulande auf Wohlwollen gestoßen, etwa das Verbrenner-Aus ab 2035. Dieses müsse auf jeden Fall wieder weg, fordert der 28-Jährige.

Marie-Sophie Lanig aus Bad Mergentheim auf Listenplatz 6 – Master in Maastricht

Auf einem unsicheren Platz 6 für die CDU im Land steht Marie-Sophie Lanig. Die 29-Jährige aus Bad Mergentheim bekommt nur dann einen Sitz im Europaparlament, wenn die Christdemokraten besser als 2019 abschneiden. Aktuell sind vier CDU-Politiker aus Baden-Württemberg in Brüssel vertreten, fünf oder sechs Mandate sind aber denkbar.

Lanig engagiert sich seit vielen Jahren in der CDU, etwa im Landesfachausschuss für Europa. Ihren Master in Europarecht hat sie in Maastricht abgelegt. "Unser Europa ist Grundlage für ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand", sagt Lanig. Dass das heute noch selbstverständlich ist, zeige, "dass vieles in der EU richtig läuft". Dennoch besorgt Lanig, dass die Staaten-Gemeinschaft auseinanderdriftet. Ziel müsse es sein, die Europäer wieder stärker zusammenzuführen "und unsere Rechtsstaatlichkeit gegen Verletzungen der Grundwerte zu verteidigen".

Kandidatin Lanig: "Kommende Europawahl wird wegweisend sein"

Die Stärken der EU sieht die 29-Jährige bei den Themen Sicherheit, Wirtschaft, Handel und Migration. Die Reform der EU-Asylpolitik müsse nun schnell umgesetzt werden. Außerdem sollten die EU-Länder bei Strafverfolgung und Verteidigung besser zusammenarbeiten - bis hin zu einer Verteidigungsunion.


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Ursula von der Leyen hat aus Sicht der Bad Mergentheimerin in einer Zeit schwerer Krisen hervorragende Arbeit geleistet und Deutschland auf EU-Ebene stark vertreten. "Die kommende Europawahl wird wegweisend sein und es ist von großer Bedeutung, dass Deutschland weiterhin die Präsidentschaft der EU-Kommission innehat."

Jeremy Tietz einziger Kandidat aus SPD in Heilbronn-Franken für Europawahl  

In Heilbronn-Franken ist Jeremy Tietz der einzige Kandidat der SPD für die Europawahl. Seine Erfolgschancen sind jedoch denkbar gering: Der Crailsheimer steht auf Listenplatz 88. "Es geht mir mehr darum, flächendeckend SPD-Wahlkampf zu machen", sagt Tietz.

Viele Menschen könnten die EU-Politik nicht greifen. Tietz erklärt ihnen dann, dass die EU die Landwirtschaft maßgeblich finanziert oder ein gemeinsames Energienetz geschaffen hat. "Das verstehen viele Menschen sehr gut", findet der Vizechef der Hohenloher Jusos.

Deutschland muss Mindestlohn bald erhöhen – Kritik an Asylreform der EU

Die EU müsse gute Arbeitsbedingungen und Zukunftschancen gewährleisten sowie ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleiben. Wie schwierig das ist, zeigt das Thema Mindestlohn: Für ihn gibt die EU ab November die Höhe vor, Deutschland liegt aktuell darunter und muss dann erhöhen. "Man muss sich immer an der Realität entlanghangeln." Wenn die EU etwas umsetzt, dauere das Jahre. Das mache fundamentale Veränderungen schwierig. Zudem sei etwa der Klimaschutz vielen Menschen in Südeuropa weniger wichtig.

Wie CDU und FDP fordert die SPD, dass das Europaparlament selbst Gesetze vorschlagen können soll. "Das Problem dabei sind die nationalstaatlichen Interessen", kritisiert Tietz. Deutschland habe noch keinen Vorstoß dazu unternommen.

Die Asylreform findet Tietz nicht gut, "aber besser als das, was wir bisher hatten". Sie müsse nun umgesetzt werden, besonders an den Grenzen. "Wir müssen verhindern, dass Menschen elendig im Mittelmeer ertrinken."

Matthias Mettendorf vom FDP-Kreisverband Heilbronn stört sich an Bürokratie

Sein Gesicht ist auf Wahlplakaten in der Region zu sehen: Matthias Mettendorf tritt für die FDP bei der Europawahl an. An ein Mandat in Brüssel und Straßburg zu denken, findet er aber "übertrieben". Mit Listenplatz 155 ist Mettendorf chancenlos und wird weiterhin Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Heilbronn bleiben.

Dass nur wenige Kandidaten aus der Region stammen, findet der 41-Jährige schade. Dadurch gehe die Europawahl unter. Vieles auf EU-Ebene funktioniere gut: Die Zusammenarbeit der Länder, der Binnen- und Arbeitsmarkt. Besonders stört sich der Heilbronner aber an der Bürokratie. "Die Belastung ist schon exorbitant." Auch das Verbrenner-Aus ab 2035 müsse fallen.

FDP will Einstimmigkeitsprinzip bei Ratsbeschlüssen ändern

Schuld an der Misere ist aus Mettendorfs Sicht auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. "Viele Gesetze, die sie auf den Weg gebracht hat, sind mit viel Bürokratie und Dokumentieren verbunden. Sie hat sich als diskussionsunwillig gezeigt und ihre Vorhaben einfach durchgedrückt." Im Bund werde die CDU nicht müde, von der Ampel-Koalition weniger Bürokratie zu fordern, in Brüssel sorge von der Leyen für mehr Bürokratie. "Das passt nicht zusammen."

Dass Beschlüsse im Rat einstimmig gefasst werden müssen, will die FDP ändern. "Wir müssen das umbauen, damit wir schneller und flexibler werden." Klar sei, dass dann aber auch Deutschland überstimmt werden könne. "Das gehört zur Demokratie. Wir können nicht von allen Flexibilität fordern, aber erwarten, dass etwas nicht kommt, weil nur wir es nicht wollen."

Mirwais Wafa will Verteidigungsunion als Vorstufe zu europäischer Armee

Mirwais Wafa hat viel vor. Sollte der 28-Jährige aus Bad Mergentheim für die FDP ins Europaparlament gewählt werden, will er die Außen- und Sicherheitspolitik komplett umkrempeln. "Es ist ganz wichtig, dass wir glaubwürdig und gemeinsam handeln." Ihm schwebt dafür eine Verteidigungsunion vor, als Vorstufe zu einer europäischen Armee. Außerdem fordert er einen Sicherheitsrat auf EU-Ebene. "Wir können nicht erwarten, dass die Amerikaner für unseren Schutz sorgen."

Bei den Nominierungen in Baden-Württemberg hatte der in Kabul geborene Student der Politikwissenschaften noch Platz 3 auf der Wahlliste geholt. Das Problem: Auf der finalen FDP-Bundesliste ist er auf Platz 24 gerückt. An ein Mandat ist damit nicht zu denken: 2019 wurden fünf FDPler gewählt.

Wafa von der FDP hofft auf mehr Freihandelsabkommen und echte Freizügigkeit bei Bildung

"Ich mache das aus Überzeugung", sagt Wafa trotzdem. Es sei enorm wichtig, jungen Menschen eine Stimme zu geben. Die junge Generation interessiere sich für Zukunftsfragen wie die europäische Sicherheit und den Klimawandel. "Europa betrifft uns alle. Aber unser Wohlstand ist in Gefahr." Im Wahlkampf bekomme er immer wieder gesagt, dass Unternehmen und Landwirte unter zu viel Bürokratie leiden. "Viele Regelungen sind wahnsinnig und realitätsfern", kritisiert Wafa. "Wir wollen einen radikalen Bürokratieabbau." Unter Ursula von der Leyen sei der nicht in Sicht.

Wafa hofft in Zukunft auf mehr Freihandelsabkommen, eine bessere Steuerung der Migration und echte Freizügigkeit bei der Bildung. Ebenso möchte er das Europaparlament mit einem eigenen Initiativrecht stärken.

AfD-Kandidat Marc Jongen aus Wahlkreis Neckar-Zaber erhält wahrscheinlich EU-Mandat

Marc Jongen möchte für die AfD von Berlin nach Brüssel wechseln. Derzeit ist der 55-Jährige Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Neckar-Zaber. Bei der Europawahl tritt er auf Listenplatz 6 seiner Partei an. Dass er ein Mandat erhält, ist damit wahrscheinlich.

"Ich habe in Berlin die Erfahrung gemacht, dass viele Gesetze, die bei uns umgesetzt werden, in Brüssel festgelegt werden", sagt er. Weil das EU-Parlament keine Gesetze vorschlagen darf, hat es für ihn zum Teil den "Charakter einer Demokratie-Simulation". Vertreten sein will die AfD dennoch. "Zusehen ist keine Option - dann entscheiden andere über unsere Köpfe hinweg." Seine Partei sei aus Protest gegen die Euro-Rettung gegründet worden, die sie bis heute kritisiere. Die EZB stütze die Währung durch Staatsanleihen-Käufe. "Eines Tages wird uns die Rechnung dafür präsentiert werden und die wird bitter sein."

Erhärtung der Vorwürfe gegen AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah hätten "Konsequenzen"

Es brauche den Binnenmarkt und einen wirksamen Schutz der gemeinsamen Außengrenzen, sagt Jongen. "Die EU darf aber niemals die Souveränität der Nationalstaaten infrage stellen." Deshalb will er verhindern, dass die EU weitere Befugnisse bekommt - etwa in Form einer Schulden-Union. "Damit würde Deutschland noch stärker für andere Länder in Haftung genommen."

Befürworten würde er, dass sich die rechten Fraktionen EKR und ID zusammentun. Falls sich die Vorwürfe gegen AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah erhärten würden, Geld aus dem Ausland erhalten zu haben, sei sicher, "dass das nicht ohne Konsequenzen bleiben würde", so Jongen. "Wir haben aber keinen Grund, anzunehmen, dass sich das bewahrheitet."

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