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Ausbau der Schleusen im Neckar: Baden-Württemberg beendet finanzielle Unterstützung

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Der Ausbau der Neckarschleusen scheint endgültig vom Tisch zu sein. Nach dem Bund zieht sich nun auch das Land Baden-Württemberg zurück. Worum es in dem Streit geht. 


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Nachdem der Bund dem Ausbau der Neckarschleusen bereits eine entschiedene Absage erteilt hat, zieht nun auch das Land Baden-Württemberg die Reißleine. Die finanzielle Unterstützung für den Ausbau werde beendet, wurde am Mittwoch vermeldet. 

"Die Verlängerung der Neckarschleusen war für uns immer ein wichtiges Projekt", erklärt Landesverkehrsminister Winfried Hermann auf Stimme-Anfrage. "Dass der Bund es nicht ernsthaft weiterverfolgt, ist schlecht für die Wasserstraßen und begräbt einige Hoffnungen beim Schiffsverkehr im Land mit Blick auf den Klimaschutz."

Der Entscheidung geht ein jahrelanger Streit voraus. Denn die 27 Neckarschleusen zwischen Plochingen und Mannheim sind zu kurz für moderne, 135 Meter lange Binnenfrachtschiffe. Güter über den Neckar zu verschiffen lohnt sich so kaum, weshalb Bund und Land bereits 2007 vereinbarten, die Schleusen auszubauen. Der Ausbau sollte bis 2025 passieren und rund 820 Millionen Euro kosten.

Neckarschleusen-Ausbau: Baden-Württemberg überweist zehn Millionen Euro für Planungspersonal

Jahrelang passierte nichts, erst 2016 wurde der Ausbau in den Bundesverkehrswegeplan 2030 als besonders dringendes Projekt aufgenommen. Doch der Ausbau begann nicht, im Gegenteil. Bis heute wurde kein einziges Wehr ausgebaut. Und das, obwohl das Land Baden-Württemberg gemäß der Vereinbarung aus dem Jahr 2007 über die Jahre sogar rund zehn Millionen Euro an den Bund überwiesen hat, mit denen 100 Stellen finanziert wurden, die sich um den Schleusenausbau kümmern sollten.

Auch wenn die Neckarschleuse bei Lauffen saniert wird: Eine Verlängerung auf 135 Meter für alle Anlagen ist nun offenbar vom Tisch.
Auch wenn die Neckarschleuse bei Lauffen saniert wird: Eine Verlängerung auf 135 Meter für alle Anlagen ist nun offenbar vom Tisch.  Foto: Veigel\, Andreas

Im März 2022 entscheidet der aktuelle Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), "die Schleusenverlängerung am Neckar zugunsten der vorrangig erforderlichen Instandsetzung der Schleusen zurückzustellen". Der Grund: Der Aufwand wurde laut Fachleuten im Ministerium völlig unterschätzt. Das berichtet unsere Redaktion damals aus internen Unterlagen. Mehr als zwei Milliarden Euro an Kosten würden anfallen, das Mammutprojekt dürfte frühestens 2080 fertig sein, heißt es in der Einschätzung für Wissing.

Baden-Württemberg geht von anderem Kosten-Nutzen-Verhältnis aus

Schon die damalige Absage des Bundes hat in Stuttgart und Heilbronn für heftigen Protest gesorgt. Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) stellte klar, dass das Land am Ausbau festhalten wolle, und warf dem Bund vor, Kosten und Nutzen nicht korrekt berechnet zu haben - berücksichtige man Umwelt- und Klimaschutz, überwiege der Nutzen des Ausbaus.

Das Land stoppt die Zahlungen an den Bund für den Schleusenausbau noch im Oktober 2022. Immer wieder trifft sich Hermann mit Wissing, jedoch ohne dass ein Kompromiss gefunden wird. Nun steigt das Land eben ganz aus. Dass zugunsten der Sanierungen der Ausbau der Neckarschleusen "leise beerdigt" worden sei, habe ihn sehr überrascht, sagt Hermann. "Wenn der Bund zu seinen Zusagen nicht steht, müssen wir leider die Konsequenzen daraus ziehen."

IHK hofft auf Schleusen-Erweiterung bei Sanierung

Deutliche Kritik kommt auch aus der Wirtschaft. "Dass das Land seine finanzielle Unterstützung nun einstellt, ist leider folgerichtig", sagt Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der IHK Rhein-Neckar und Experte für Verkehrsthemen aller IHKs im Land. "Das Ergebnis ist ein Scherbenhaufen: Die Unternehmen konnten über Jahre nicht zuverlässig planen, und der umweltfreundliche Transport großer Gütermengen auf dem Binnenschiff wird nun unattraktiver."

Land und Bund müssten sich dringend an einen Tisch setzen, um noch einen Kompromiss zu finden. "Wir sind sicher, dass sich im Rahmen der ohnehin anstehenden Schleusen-Instandsetzung noch Erweiterungsmöglichkeiten mit einem vertretbaren Aufwand ergeben."

Sind Schubverbände eine Alternative?

Der Hohenloher Bundestagsabgeordnete und Verkehrspolitiker Valentin Abel (FDP) findet den Schritt der Landesregierung „absolut bedauerlich“. Er sende das falsche Signal. Natürlich seien der Bundesregierung "aufgrund der Lethargie der letzten Jahrzehnte" ein Stück weit die Hände gebunden. Eine Verlängerung der Neckarschleusen wie 2007 geplant hält Abel trotzdem für heikel: Längere Schiffe bräuchten mehr Tiefgang und es könne zu Problemen an Engstellen kommen. 

Der FDP-Politiker plädiert stattdessen dafür, dass auf dem Neckar Schubverbände eingesetzt werden: Schiffe, die geteilt werden können und zum Teil autonom in die Schleuse fahren sollen. „Ein Pilotprojekt dazu wäre deutschlandweit einmalig.“ In Wissings Ministerium arbeite man bereits an einem Konzept. Winfried Hermann hatte diese Idee in der Vergangenheit als personalintensiv und „praxisfern“ bezeichnet.

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