Stimme+
Stuttgart/Region
Lesezeichen setzen Merken

Neckarschleusen-Pleite: Land und Region wollen weiter für Ausbau kämpfen

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Deutlich wie nie hat der Bund dem raschen Ausbau der Neckarschleusen für große Schiffe eine Absage erteilt. "Verwundert und verärgert" zeigt sich Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gegenüber der Stimme. Eine "dauerhafte Hängepartie" dürfe es nicht geben.

"Entscheidend ist, dass der Neckar für seine tragende Rolle beim klimafreundlichen Gütertransport fit gemacht wird", sagte Hermann der Stimme. Aus seine Sicht seien die Argumente für einen Ausbau des Neckars, auf dem dann auch 135 Meter lange Schiffe fahren könnten, völlig überzeugend. Hier gebe es einen Dissens mit dem Berliner Ressortchef Volker Wissing (FDP). "Der Bundesmister hält davon gar nichts", so Hermann. "Seine Einschätzung der Kosten und des Bedarfs unterscheiden sich komplett von den unseren."

Man sei übereingekommen, noch einmal in fachlichen Gesprächen die Argumente auszutauschen. "Da diese Gespräche aber noch nicht stattgefunden haben, verwundert und verärgert es mich, dass der Minister sich nicht an die Absprache hält und öffentlich das Projekt beerdigt", kritisiert der Grünen-Politiker. Die Bundesregierung hatte sich vor wenigen Tagen in einer Antwort auf eine Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion deutlich von dem seit Jahrzehnten vereinbarten Vorhaben distanziert und betont: Die Sanierung der maroden Schleusen habe Vorrang, der auch von der regionalen Wirtschaft vehement geforderte Ausbau werde "zurückgestellt".

 


Mehr zum Thema

Stimme+
Wasserstraße ohne Zukunft
Lesezeichen setzen

Bund positioniert sich klar gegen schnellen Ausbau der Neckarschleusen


Stimme-Recherchen: Intern war Schleusenverlängerung schon lange begraben

Schon vor Monaten hatte die Stimme aus internen Dokumenten des Bundesverkehrsministeriums zitiert. Sie machten deutlich, dass Berlin den Ausbau nicht mehr für realistisch hält. Die ursprünglich kalkulierten 1,2 Milliarden Euro reichten nach Einschätzung der Experten bei Weitem nicht aus. Vor 2080 sei das Mammutprojekt nicht zu realisieren, so die Prognose. 

Von einem "Wortbruch" der Ampel-Koalition spricht der Heilbronner Bundestagsabgeordnete Alexander Throm (CDU), dessen Fraktion die Anfrage gestellt hat. "Mit der Zurückstellung der Ausbaupläne, welche einer Absage des Vorhabens gleichkommt, besiegelt die Ampel faktisch das Ende des Projekts", sagt Throm auf Nachfrage. "Eine frisch sanierte Schleuse nach ihrer Instandsetzung wieder komplett umzubauen, wäre nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht blanker Unsinn."

OB Mergel: Akzeptieren die Entscheidung nicht

„Wir akzeptieren diese Entscheidung des Bundes nicht und sind sehr enttäuscht darüber", reagierte Heilbronns OB Harry Mergel auf die neusten Aussagen. "Bei einem Treffen mit Minister Wissing in Berlin haben wir von ihm die Zusage erhalten, dass es ein offenes Gespräch in Heilbronn geben wird mit Vertretern des Ministeriums." Das sei für die Stadt nach wie vor verbindlich. Nach Stimme-Informationen ist für den 9. Oktober ein sogenanntes Hafen-Forum geplant, an dem auch Vertreter  von Bund und Land teilnehmen sollen. 

„Keine Entscheidung ist in Stein gemeißelt“, will  der SPD-Bundestagsabgeordnete Josip Juratovic aus Gundelsheim den Kampf um die Verlängerung der Schleusen nicht aufgeben. „Wir sollten uns nicht empören, sondern müssen uns zusammensetzen“, fordert Juratovic eine regionale Strategie „über Parteigrenzen hinweg und gemeinsam mit den Verbänden.“

Juratovic kritisiert, die Region habe jahrelang nicht mit einer Stimme gesprochen, der Schleusenausbau sei für „parteipolitische Spielchen“ missbraucht worden. Lange habe die Union den Bundesverkehrsminister gestellt. „In dieser Zeit hat man von der CDU aus der Region wenig zu den Schleusen gehört.“ Juratovic fordert seit Langem den Ausbau der Schleusen. Er hatte sich auch maßgeblich dafür eingesetzt, dass Heilbronn ein modernes Containerterminal am Hafen bekommt. Es ist darauf ausgelegt, Güter zwischen Schiff, Bahn und Lastwagen umzuschlagen. 

Kritik am Berliner Kurs kommt auch von der Grünen-Landtagsfraktion. „Der Bundesverkehrsminister dreht das Steuerrad in die falsche Richtung", sagt Thomas Marwein, Mitglied im Verkehrsausschuss und zuständig für Binnenschifffahrt. Das Argument "Sanierung vor Ausbau" ziehe nicht, so Marwein: "Wenn wir schon an den Schleusen arbeiten, sollten wir sie nicht nur flicken, sondern fit für die Zukunft machen.“

Container-Terminal in Heilbronn schöpft Potenzial nicht aus

Weil auf dem Neckar kaum Containerschiffe fahren, dient das Terminal hauptsächlich als Drehkreuz zwischen Straße und Schiene. Der Ausbau der 27 Neckarschleusen zwischen Plochingen und Mannheim war zwischen Bund und Land 2007 vereinbart worden. 

"Pragmatische Lösungen" fordert Nico Weinmann. Der Heilbronner FDP-Landtagsabgeordnete und Stadtrat betont: "Der Blick nach hinten bringt nichts." Die FDP hatte bereits Alternativen zum Ausbau ins Gespräch gebracht. Sie fordert unter anderem, den Einsatz von Koppel-Verbänden zu prüfen. Damit  ist gemeint, dass zwei Schiffe mit der bisher üblichen Länge von nur 105 Metern verbunden werden, um das Frachtvolumen zu erhöhen. 

 


Mehr zum Thema

Stimme+
Heilbronn
Lesezeichen setzen

Im Heilbronner Containerterminal werden Waren aus aller Welt umgeschlagen


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben