Trotz Bauernprotesten: Scholz hält an Kürzungen fest, Özdemir kommt nach Erlenbach
Landwirte protestieren in ganz Deutschland. Bundeskanzler Olaf Scholz hält jedoch weiterhin an den Kürzungen fest und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir kommt nach Erlenbach.

Lange Konvois von Traktoren und Lastwagen ziehen sich durch zahlreiche Städte, zig Autobahnauffahrten sind bundesweit zeitweise blockiert: Die Aktionswoche der Bauern gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung hat am Montag in Deutschland für Aufsehen gesorgt. Gemessen an den Teilnehmerzahlen fanden vor allem in Großstädten größere Demonstrationen statt. Hunderte Traktoren und andere Zugmaschinen sorgten aufgrund ihrer Größe für beeindruckende Bilder, viel Aufmerksamkeit - und etliche Verkehrsbehinderungen.
In Baden-Württemberg fanden nach Angaben des Innenministeriums 328 Aktionen statt, an denen sich rund 25 000 Fahrzeuge beteiligten. Dadurch sei es landesweit auf einer Vielzahl von Straßen zu teilweise erheblichen Verkehrsbehinderungen gekommen. In der Region Heilbronn und Hohenlohe verliefen die Schlepper-Demos und Kundgebungen laut Polizei ohne Zwischenfälle. Das von einigen befürchtete Verkehrschaos blieb weitestgehend aus. Im gesamten Zuständigkeitsbereich des Heilbronner Präsidiums zählten die Beamten insgesamt bis zu 1700 Fahrzeuge, was auf vielen Strecken teilweise zu erheblichen Verkehrsbehinderungen und auch zu kurzfristigem Stillstand führte, wie die Heilbronner Stimme bereits im Newsblog zu den Bauernprotesten berichtete.
Bauernproteste in Baden-Württemberg: Sorge um die Existenz
Es gab 45 einzelne Aktionen. Der Winzer Heiko Winter (49) aus Heilbronn war überzeugt, dass die Landwirte den Protest auch nach dem Aktionstag gestern nicht so schnell aufgeben werden. Zumal sollte die Bundesregierung die Kürzung der Diesel-Subvention nicht zurücknehmen. Was Winter neben der Sorge um die betriebswirtschaftliche Existenz umtreibt: "Die generelle Entfremdung von Gesellschaft und Landwirtschaft."
Je nach Verhalten der Protestierenden haben Verkehrsteilnehmer die Aktion unterschiedlich wahrgenommen. Die in den Tagen zuvor geäußerte Absicht des Kreisbauernverbands, die Strecken nicht blockieren zu wollen, sondern lediglich zur Verlangsamung des Verkehrs beizutragen, konnte offenbar nicht auf allen betroffenen Streckenabschnitten eingehalten werden, so dass es mancherorts zu Staus kam. Auch am Dienstag dürften Bauern den Verkehr in Deutschland mit Protesten behindern, allerdings in deutlich geringerem Ausmaß.
Kritik als Teil der Demokratie
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will trotz der Proteste der Landwirte an den Kürzungsplänen der Ampel festhalten. "Die Bundesregierung steht dazu", sagte er nach einem Treffen mit Luxemburgs Premierminister Luc Frieden in Berlin. Die Subventionen seien schon seit vielen Jahren kritisiert worden - und bei einem Subventionsabbau gebe es immer Stimmen, die sagen, "aber nicht diese". Mit Blick auf die Proteste sagte der Kanzler: "Kritik ist Teil der Demokratie. Sie ist nötig und gehört dazu. Darüber darf sich keiner beschweren. Ich tue es jedenfalls nicht."
Scholz fügte hinzu: "Der Zweck heiligt natürlich nicht alle Mittel." Deshalb sei angesichts des Entgegenkommens der Bundesregierung, die Teile der Kürzungen beim Agrardiesel nach Protesten bereits wieder zurückgenommen hat, wichtig, "dass jetzt Maß und Mitte gehalten werden". Zahlreiche Politiker der Opposition forderten die Rücknahme der verbliebenen Subventionskürzungen, auch einzelne Vertreter der Regierungsparteien wie der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will am Dienstag, den 9. Januar, an einem Bürgerdialog der Grünen-Landtagsfraktion mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Erlenbach teilnehmen, kündigte ein Sprecher an. In der Sulmtalhalle sollte es ab 19.30 Uhr um Bildung, Wohnraum und Klima gehen - er rechne aber damit, dass viele Landwirte zu der Veranstaltung kämen, so der Sprecher.