Vordrängel-Versuche: Zwischenfälle in Impfzentren in Baden-Württemberg
Inzwischen ist die Priorisierung bei den Corona-Impfungen aufgehoben. Laut dem Sozialministerium gab es in den vergangenen Monaten jedoch in den Impfzentren durchaus Probleme. Die damals gültige Priorisierung versuchten Bürger mancherorts zu umgehen.
In den baden-württembergischen Corona-Impfzentren wurde die Priorisierung am 7. Juni aufgehoben. Aus der Antwort auf eine Anfrage der SPD an das Sozialministerium geht hervor, dass es in den Monaten zuvor bei den Impfungen mit Priorisierungen vor Ort auch Probleme gab.
Betrug bei Kontaktpersonen
"Fast alle Impfzentren berichten davon, dass vor Ort kaum nachprüfbar ist, ob die Bescheinigung als nahe Kontaktperson einer Schwangeren oder von Pflegebedürftigen richtig beziehungsweise auf die möglichen zwei Kontaktpersonen beschränkt ist", schreibt Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne) in der Antwort auf die Anfrage. Hier würden die Impfzentren eine hohe Dunkelziffer vermuten. So konnte etwa jede schwangere Frau zwei Personen nennen, die dann prioritär geimpft worden sind.
Große Spanne bei den Zahlen
Da die Zahlen über unrichtige Angaben oder falsche Dokumente nicht dokumentiert worden seien, könne man sich hier nur auf Erfahrungsberichte von Impfzentren berufen, erklärt Lucha. Von ein bis zwei Fällen pro Woche bis hin zu bis zu 500 Fällen innerhalb von fünf Monaten - laut Lucha meldeten die Impfzentren unterschiedlich viele Fälle, in denen Personen die damals noch notwendige Impfberechtigung nicht nachweisen konnten. Allerdings weist Lucha darauf hin, dass eine Unterscheidung zwischen "unwissentlich falsch gemachten Angaben" und "bewusster Täuschung im Einzelfall" schwierig sei.
Beleidigungen und Bedrohungen
Fast alle Südwest-Impfzentren berichten laut Lucha "von Beleidigungen und teilweise auch von Bedrohungen". Diese stünden fast immer im Zusammenhang mit bei Impfungen abgewiesenen Bürgern. Geschädigte seien Mitarbeiter in Impfzentren oder das Security-Personal. Körperliche Angriffe seien selten, meist gehe es um Diebstähle von Stempeln oder auch Impfpässen. Angezeigt wurden offenbar nur wenige Taten: Laut einem Sprecher des Innenministeriums gab es seit dem Beginn der Impfungen Ende Dezember 2020 im Land "lediglich acht polizeilich relevante Sachverhalte".
Kritik von SPD
Die SPD ist mit den Antworten unzufrieden. "Sozialminister Lucha drückt sich um eine klare Aussage, ob Impfberechtigungen in den Impfzentren vorgelegt und dokumentiert werden mussten", sagt Rechtsexperte Boris Weirauch - und ergänzt: "Entweder war der Minister einmal mehr überfordert oder es war ihm nicht wichtig genug."




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