Farbenprächtige Höhepunkt: Umzug zieht heute zum Cannstatter Wasen – es könnte der letzte sein
Nach dem Anstich ist vor dem Umzug: Zwei Tage nach dem Auftakt des Traditionsfests auf dem Wasen in Stuttgart werden heute Zehntausende Schaulustige erwartet. Es könnte aber der letzte Umzug sein.
Es ist der farbenprächtige Höhepunkt des Cannstatter Volksfests nach dem Fassanstich zum Auftakt: Beim heutigen Volksfestumzug werden rund 4000 Teilnehmende durch die Gassen der Cannstatter Altstadt auf den Wasen ziehen. Viele tragen historische Kostüme, Bauernkleider oder Uniformen, Musiker sind mit dabei sowie Festwagen und rund 150 Pferde, Ochsen, Schweine, Kühe und Geißen. Nach Angaben der Veranstalter ist unter anderem der Fruchtsäulenwagen zu sehen. Gezogen werden auch der Kräuterwagen aus Brackenheim, der Weinwagen aus Besigheim, der Rottenburger Hopfenwagen und ein Metzgerfestwagen aus Walldürn, auf dem live gewurstet wird.
Es könnte der letzte Umzug durch die Cannstatter Altstadt sein
Erwartet werden auch 14 Hochzeitszüge. «Hochzeit, das war in früheren Zeiten eine wirkliche Hoch-Zeit», wirbt der Cannstatter Volksfestverein im Vorfeld für die Trachten. «Da wurde das schönste Häs aus dem Kasten geholt, geschlachtet und üppig aufgetischt.»
Den Umzug mit Trachtengruppen und Blaskapellen schauen sich jedes Jahr Zehntausende Besucher an. Allerdings könnte es der letzte Corso auf Deutschlands zweitgrößtem Volksfest sein, wenn sich die Kassenlage der Organisatoren nicht bald verbessert. Denn der Cannstatter Volksfestverein hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr rund 25.000 Euro draufgelegt. Ohne eine institutionelle Förderung durch die Stadt sei es nicht mehr möglich, den Festzug zu veranstalten, warnt er nun.
Wiesn und Wasen: Die Besucherzahlen im Vergleich
Um die sechs Millionen Gäste aus aller Welt feiern alljährlich auf dem Oktoberfest. Die Ermittlung der Besucherzahl ist eine komplizierte Angelegenheit. In die Zahl fließen unter anderem Schätzwerte von erfahrenen Wiesn-Experten ein, dazu die Auslastung in den Zelten und Erkenntnisse aus Luftbildaufnahmen.
Zur ersten Wiesn nach der Corona-Pandemie kamen im vergangenen Jahr bei miesem Wetter rund 5,7 Millionen Besucher. Bei der letzten Wiesn vor der Pandemie im Jahr 2019 zählte die Festleitung nach dem Verfahren 6,3 Millionen Gäste. Der Rekord lag 1985 bei 7,1 Millionen. 2016 ließen schlechtes Wetter und Terrorangst die Zahl auf 5,6 Millionen sinken.
Schätzzahlen der Wiesn-Festleitung eher zu niedrig
Dass die geschätzten Besucherzahlen sehr genau zutreffen, bestätigte 1997 eine einmalige Besuchererfassung per Radar. Die Zählung hatte damals Walter Weitmann, größter Wirt auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart, veranlasst. Er hatte die Wiesn-Zahlen als zu hoch angezweifelt. Die Radar-Erfassung ergab jedoch: Die Schätzzahlen der Wiesn-Festleitung waren eher zu niedrig.
Abhängig ist die Besucherzahl vor allem vom Wochentag und vom Wetter. Die Festleitung geht unter der Woche bei einfacher Belegung der Zelte von gut 200.000 Besuchern am Tag aus – etwas mehr als die Hälfte in den Zelten und die übrigen auf den Wiesn-Straßen. Deren Zahl wurde über gerasterte Luftbildaufnahmen der Theresienwiese ermittelt. Anschließend wurden die Menschen gezählt, die sich in einem Rasterfeld aufhielten.
Je nach Dichte des Besucherstromes und der Belegung der Zelte wendet das Wirtschaftsreferat zur Ermittlung der täglichen Besucherzahl einen Belegungsfaktor von eins bis drei an. Dieser Faktor wird geschätzt und beruht auf der Erfahrung der Experten.
Zur Überprüfung der Schätzwerte werden weitere Parameter einbezogen, etwa die Menge des konsumierten Bieres. Auch der Verbrauch von Strom, Gas und Wasser fließt ein. Als ein Indikator für den Anteil der ausländischen Besucher dient unter anderem der Geschäftsverlauf an den Souvenirständen.