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Tierschutzbeauftragte lehnt Tötung von Wölfen ab

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In der Landespolitik ist eine Debatte über den Wolf entbrannt, nachdem in Widdern mehrere Schafe gerissen wurden. Soll der Wolf zur Bestandsregulierung geschossen werden können? Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen.

Von Michael Schwarz und dpa

Die baden-württembergische Tierschutzbeauftragte Julia Stubenbord sieht den Vorstoß von Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) kritisch, zur Regulierung des Bestandes auch Wölfe zu schießen. „Das Schießen von Wölfen macht keinen Sinn, weil danach andere Tiere nachziehen. Bis jetzt haben wir keine Rudel, sondern einzelne Wölfe, die zufällig durch ein Gebiet in Baden-Württemberg ziehen“, sagte Stubenbord der Heilbronner Stimme. Zudem sei es ihrer Meinung nach auch nicht erlaubt, Wölfe zu schießen. 

„Der Wolf ist nach EU-Recht und nach Bundesrecht ein geschütztes Tier und darf nicht geschossen werden“, so Stubenbord weiter. Eine Tötung sei nur dann zulässig, wenn es einen triftigen Grund gebe. „Dazu müsste der Wolf ein abnormales Verhalten zeigen. Wenn er aber wie in Widdern aus Hunger ein Tier reißt, ist das kein abnormales Verhalten“, so Stubenbord. Daher sehe sie auch „rechtlich keine Möglichkeit, das Tier zu töten“. Eine andere Situation ergebe sich dann, wenn der Wolf zum Beispiel in die Innenstädte vordringen würde.

Stubenbord forderte zudem, dass Nutztierhalter, die ein Kalb oder ein Schaf wegen eines Wolfes verloren haben, ihre Schäden ersetzt bekommen. Hier gebe es im Land noch Verbesserungsbedarf. „Wir brauchen eine flächendeckende Entschädigung für gerissene Tiere“, sagte Stubenbord. Außerdem sei es momentan noch ein Problem, dass viele Halter ihre Nutztiere noch nicht ausreichend schützen würden. „Zum Schutz für Wölfe sind stabile Elektrozäune nötig. Diese sollten unten dicht sein und eine Höhe von mindestens 1,20 Meter haben.“ Generell gehe sie davon aus, dass sich Wölfe in Baden-Württemberg „in gewissen Gebieten ansiedeln“.

Ein Wolf hat am 7. Oktober drei Lämmer bei Unterkessach auf einer Weide gerissen. Foto: Michael Straußberger
Ein Wolf hat am 7. Oktober drei Lämmer bei Unterkessach auf einer Weide gerissen. Foto: Michael Straußberger

Hauk will Abschuss von Wölfen ermöglichen

Nach dem Wolfsriss in Widdern ist erneut eine Diskussion zwischen Grünen und CDU über den Umgang mit dem Wolf aufgeflammt. Landwirtschaftsminister Hauk fordert eine Regulierung des Wolfsbestandes - „das heißt auch bejagen oder Fallen stellen“, sagte Hauk.

Am Donnerstag wird das Thema bei einer öffentlichen Anhörung im Landtag in großer Runde besprochen. Die Grünen setzen auf Herdenschutz und wollen mit Nutztierhaltern besprechen, welche finanzielle Unterstützung dafür weiter notwendig ist.

 

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Ein Wolf hat nach Angaben des Umweltministeriums am 7. Oktober drei Lämmer bei Unterkessach (siehe Grafik) auf einer von Wassergräben eingegrenzten Weide gerissen. Das ergab demnach eine genetische Untersuchung von Proben der toten Tiere.

 

 

Stimme-Redakteur Christian Gleichauf
Stimme-Redakteur Christian Gleichauf

Vorsicht: Ideologie
Ein Kommentar von Christian Gleichauf

Der Wolf hat erstmals wieder zugebissen, und das sozusagen vor unserer Haustür. Das dürfte in eine hitzige Diskussion münden, so viel ist sicher. Vorbeugend bittet der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller die Nutztierverbände und -halter schon mal, besonnen zu reagieren. Recht hat er. Besonnenheit ist immer angebracht.

Angebracht gewesen wäre aber auch eine Ermahnung an die allzu konsequenten Tierschützer. Die interpretieren teilweise schon jetzt jedes kritische Wort zur Rückkehr des Wolfes als Äußerung schießwütiger Tierhasser. An ideologisch geprägten Bewertungen mangelt es auf keiner Seite bei diesem Thema.

Bisher bleibt der Vorfall in Unterkessach nur ein weiterer Einzelfall. Doch nicht erst wenn sich bestätigt, dass man nun wieder häufiger mit dem Wolf auch in unserer Region rechnen muss, braucht es verlässliche Vorgaben. Es sollte beispielsweise klar sein, wann ein für die Menschen gefährlicher Wolf abgeschossen werden darf und wann nicht. Und wie weit darf man mit Vergrämungsmaßnahmen gehen? Ein pragmatischer Umgang mit dem Problem wäre wünschenswert.

Es ist dabei natürlich keine Frage, dass man den Wolf nicht ein zweites Mal ausrotten darf. Neue Regelungen sollten deshalb helfen, die Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Tierhaltern zu verbessern. Ausgleichszahlungen beispielsweise grundsätzlich daran zu knüpfen, dass hohe Elektrozäune vorhanden oder speziell ausgebildete Herdenschutzhunde im Einsatz waren, könnte Nebenerwerbsschäfer und Kleinbauern regelmäßig vor die Existenzfrage stellen.

Sollten sie sich in großer Zahl von ihren Weidetieren trennen, wäre das ein riesiger Verlust für Baden-Württemberg. Landwirte, die sich um den Landschaftsschutz verdient machen, brauchen in unserer industrialisierten Welt mehr Unterstützung denn je. Ob mit oder ohne Wolf.

Ihre Meinung? christian.gleichauf@stimme.de

 

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