Zehntausende bei Demos gegen rechts in mehreren Städten in Baden-Württemberg
Stuttgart, Karlsruhe, Ulm, Freiburg: Bei Demonstrationen in mehreren Südwest-Städten haben sich am Samstag Zehntausende Menschen gegen rechts gewandt. Weitere Proteste sind schon geplant.

Die bundesweiten Proteste gewinnen deutlich an Zulauf: Am Samstag gingen allein in Frankfurt am Main und in Hannover nach Angaben von Polizei und Veranstaltern jeweils 35.000 Menschen auf die Straße. Auch in mehreren baden-württembergischen Städten haben am Samstag Zehntausende an Kundgebungen teilgenommen. In Heilbronn ist am Dienstag, 23. Januar, eine Kundgebung mit einem Marsch geplant.
Allein in Karlsruhe gingen nach Schätzungen der Polizei etwa 20 000 Menschen auf die Straße. In Ulm waren es den Beamten zufolge zwischen 8000 und 10.000 Demonstranten. "Der Münsterplatz ist bis oben hin voll", sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage.
"Alle zusammen gegen die AfD": Veranstalter spricht von 20.000 Teilnehmern in Stuttgart
Ähnlich sah es in Stuttgart aus: Unter dem Motto "Alle zusammen gegen die AfD" versammelten sich am Nachmittag auch Tausende. "Ich gehe von mindestens 20.000 Personen aus", sagte ein Sprecher des Bündnisses «Stuttgart gegen Rechts». Die Polizei ging ebenfalls davon aus, dass deutlich mehr als die 2000 Menschen gekommen sind, die zuvor erwartet worden waren. Es seien viel mehr als angekündigt, sagte ein Sprecher der Polizei. Er nannte aber keine konkrete Zahl. Die Schätzung der Organisatoren hielt er «in Spitzenzeiten» für plausibel.
Auch in anderen Städten hatten weit mehr Menschen an den Protesten teilgenommen als erwartet. In Heidelberg kamen nach ersten Zählungen der Polizei etwa 7000 Menschen, in Freiburg und Offenburg waren es laut Polizei jeweils rund 5000 Menschen. Die Versammlung verlief nach Angaben der zuständigen Polizeipräsidien störungsfrei und friedlich.
Unterdessen lud der Veranstalter der Stuttgarter Jazzopen Anhänger der AfD und rechtsextremer Gruppen aus. "Die Jazzopen stehen für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft. Jazz ist die musikalische Ausdrucksform für Freiheit, Mut und Toleranz", hieß es am Samstag auf der Festival-Webseite. Völkisches Denken habe da keinen Platz. «Wer diese Haltung nicht teilt, kann nicht Teil unserer Gemeinschaft sein», hieß es. Und: "Anhängern der AfD oder anderer rechtsextremer Gruppen erstatten wir deshalb (...) gekaufte Tickets zurück. Diese verlieren ihre Gültigkeit."
Demos gegen rechts: Am Sonntag weitere Proteste in Stuttgart, Freiburg und Baden-Baden
Für Sonntag sind weitere Proteste geplant: So wollen Menschen etwa in Freiburg und Baden-Baden demonstrieren. In der Landeshauptstadt wird bei einer Kundgebung mit 700 Menschen nach Angaben ihres Hauses auch Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) erwartet.
Unterstützt wurden die Proteste in Baden-Württemberg vielerorts von großen gesellschaftlichen Bündnissen: An ihnen beteiligten sich neben SPD, Grünen und Linken sowie Kirchen und Gewerkschaften unter anderem auch Kultureinrichtungen und Fußballvereine. Zuspruch kam außerdem von Dutzenden Stadtoberhäuptern im Land. Und auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte den Menschen auf der Straße den Rücken gestärkt: «Demokratie lebt von Vertrauen und vom Engagement der Vielen», sagte er am Freitag. Es sei ein ermutigendes Zeichen, dass in diesen Tagen so viele für die Demokratie auf die Straßen gingen. Das sei ein starkes Signal aus der gesellschaftlichen Mitte.
Auslöser der Proteste ist ein Bericht des Medienhauses "Correctiv"
Ausgelöst wurden die Proteste durch Berichte des Medienhauses "Correctiv" über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und CDU in einer Potsdamer Villa vom 25. November. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.
Bundesweit waren am Samstag zahlreiche Menschen auf den Straßen. Zum Beispiel in Frankfurt und Hannover kamen nach Angaben von Polizei und Veranstaltern etwa jeweils 35.000 Menschen. In vielen Städten hatten sich auch bereits in den Tagen zuvor Tausende zu Protesten versammelt. An den Demos nahmen häufig mehr Menschen teil, als die Veranstalter erwartet hatten. In Hamburg musste am Freitag sogar eine Demonstration wegen des großen Menschenandrangs abgebrochen werden. Die Polizei sprach dort von 50.000 Teilnehmern, die Veranstalter von 80.000.