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Notvergabe bis 2025
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Vertrag mit SWEG für Frankenbahn verlängert – Kritik an Landesregierung

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Die landeseigene SWEG fährt auf der Frankenbahn zwischen Stuttgart und Heilbronn weiter – per Notvergabe bis 2025. Das reguläre Vergabeverfahren zieht sich hin. Das ist teuer und sorgt für Kritik.  


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Leidgeprüfte Pendler mögen sagen: Es ist egal, wer auf der Frankenbahn unpünktlich fährt. In der Tat ist die Strecke notorisch für ihre Verspätungsanfälligkeit, die Infrastruktur ist marode. Kein Bahnanbieter konnte da zuletzt Wunder vollbringen, die Pünktlichkeitswerte sind schlecht. Beim Ranking des Landes liegen die Linien mit den Verbindungen zwischen Stuttgart und Heilbronn regelmäßig auf den letzten Plätzen. 

Go-Ahead und Abellio: Steuergelder und wirtschaftliche Schwierigkeiten

Egal ist es freilich nicht, wer auf der Strecke fährt. Denn es ist viel Steuergeld im Spiel. Seit 2022 ist das neben dem ehemaligen Go-Ahead, das jetzt in Arverio umbenannt ist,  die Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH, die im Neckartal unterwegs ist.

Die SWEG, die zu 95 Prozent dem Land gehört, gründete 2022 eigens die SWEG Bahn Stuttgart GmbH (SBS), um die Leistungen der Abellio Rail Südwest zu übernehmen. Abellio war kurz vorher in die Insolvenz geschlittert, es drohte ein Vakuum auf der Strecke. Seither fährt die SBS die Metropol-Express-Züge zwischen Tübingen, Stuttgart, Heilbronn und Osterburken.

Frankenbahn: Baden-Württemberg verlängert Notvergabe erneut 

Beauftragt wurde das Unternehmen vom Land per Notvergabe - ein Instrument, das EU-Recht vorsieht, wenn eine reguläre Ausschreibung nicht möglich ist und der Ausfall von Verbindungen droht. Die Ausschreibung brachte das Land zwar auf den Weg. Die Bieter sahen sich aber außer Stande, Ende 2023 ihre Züge auf die Gleise zu bringen. Die Vergabe wurde aufgeschoben, die SWEG blieb im Spiel - per verlängerter Notvergabe bis Mitte 2024.

Jetzt wird die Not endgültig zum Normalzustand. Das Land hat die Leistungen an die SWEG-Tochter SBS "im Rahmen einer Notmaßnahme bis zum 31. Juli 2025 vergeben", also einmal mehr verlängert, teilt ein Sprecher des Verkehrsministeriums mit. Hintergrund diesmal: Stuttgart 21. Da sich die Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs abermals bis mindestens Ende 2026 verschiebt, haben die Unternehmen keine Planungssicherheit. "Aus diesem Grund musste die Vergabestelle die Abgabefristen für die Angebote der Bieter verschieben."

Kritik an Landesregierung: Vergibt sie Notvergaben immer nur an SWEG?

Die SWEG gibt weiter den Platzhalter. Notvergabe bedeutet auch, dass die vollen Kosten ersetzt werden. Das ist komfortabel für jedes Unternehmen, weil es kein Risiko hat, und es ist teuer für den Auftraggeber, also das Land und letztlich den Steuerzahler. Wie teuer, weiß man nicht, weil dazu keine Zahlen veröffentlicht werden. In der Drucksache der EU, mit der die Notvergabe bekannt gemacht wird, steht beim Wert der vergebene Verträge: 1 Euro. 

Der FDP-Landtagsabgeordnete Hans Dieter Scheerer will es genau wissen. Er bekam auf seine parlamentarische Anfrage zuletzt aber auch keine Antwort. "Da der Zuschussbedarf für dieses Netz nach erfolgter Neuvergabe  noch nicht bekannt ist, können die Kosten durch die Verlängerung der Notmaßnahme derzeit noch nicht beziffert werden", lässt das Haus von Minister Winfried Hermann (Grüne) wissen. Zahlen gibt es für die Jahre 2022 und 2023. Hier hat das Land für die Übernahme der Abellio-Strecken 208 Millionen Euro "erstattet", wie es in der Antwort auf eine frühere Anfrage hieß. 

"Sehr schmallippig", nennt Scheerer gegenüber der Heilbronner Stimme die Antworten. "Es wird praktisch auf keine Frage eine wirkliche Auskunft gegeben." Der FDP-Politiker ist überzeugt, "dass sich die Landesregierung bei der Frankenbahn von einer Notvergabe zur nächsten hangelt und diese an ihr landeseigenes Unternehmen mit der SWEG vergibt statt sich dem freien Wettbewerb zu stellen."

Zustand der Frankenbahn ist "katastrophal" – welche Bieter gibt es für Verkauf?

Scheerer vermutet, die Frankenbahn sei wegen ihres Zustands, den er "katastrophal" nennt, ohnehin ein Ladenhüter. Den Veröffentlichungen des Landes ist zu entnehmen, dass es Bieter gibt. Welche das sind, darf das Land im Vergabeverfahren nicht kommunizieren. Beobachter gehen davon aus, dass die DB Regio ein Bieter sein könnte. Der ehemalige Platzhirsch war wegen eines selbst verschuldeten Formfehlers 2019 von der Frankenbahn verschwunden und musste den Konkurrenten Abellio und Go-Ahead das Feld überlassen. 

Auch Arverio, bis vor Kurzem eben Go-Ahead und mittlerweile Teil des Imperiums der Österreichischen Bundesbahnen, hat Expansionsgelüste. Geschäftsführer Fabian Amini sagte kürzlich im Gespräch mit der Heilbronner Stimme, man werde sich um weitere Strecken bemühen. Und auch die SWEG hat die Lust an der Frankenbahn nicht verloren und zählt wohl zum Bieterkreis, auch wenn sich das zwischenzeitlich ganz anders anhörte. 

Tarifkonflikt mit GDL: SWEG steigt aus Frankenbahn aus 

Im Herbst 2022, kurz nach der Abellio-Übernahme, vermeldete die SWEG ihren Ausstieg aus der Frankenbahn. Als Grund führt das Unternehmen einen Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL an. "Unkalkulierbare Streikmaßnahmen" stünden einem Engagement im Weg. Doch 2023 machte die SWEG einen Rückzieher vom Ausstieg. Jüngst gab es ein Schreiben an die Mitarbeiter, das der Stimme vorliegt. Darin heißt es ausdrücklich, man werde sich an Ausschreibungen für die Strecken auch auf der Frankenbahn bewerben. 

Der erfolgreiche Bieter übernimmt Stand jetzt im August 2025. Bis dahin geht es auf den SWEG-Strecken weiter per Notvergabe, die auf der Frankenbahn zur Regel geworden ist. 

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