Gesundheit und Polizei vor Kultur – Umfrage zeigt Prioritäten in Baden-Württemberg
Für Theater und Museen sollte der Staat weniger Geld ausgeben, meinen die Bürger im jüngsten BaWü-Check. Was ihnen stattdessen wichtig ist.
Wie viel öffentliche Gelder dürfen Kultureinrichtungen verschlingen? Darüber wurde schon heftig beim Bau der Elbphilharmonie in Hamburg gestritten, einem Mammutprojekt für 866 Millionen Euro, fertiggestellt 2017.
In Stuttgart stehen aktuell die Neubaupläne für das Opernhaus in der Kritik: Die Sanierung wird wohl Jahre länger dauern als geplant, zudem gehen Stadt und Projektgesellschaft von deutlich höheren Kosten als die veranschlagte eine Milliarde Euro aus, wie kürzlich bekannt wurde. Der genau Betrag: unbekannt.

BaWü-Check fragt: Was ist Kultur den Bürgern wert?
Sind solche Projekte sinnvoll und angemessen? Welchen Stellenwert hat die Kulturförderung für die Menschen im Land? Das fragt der jüngste BaWü-Check des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungsverlage.
Das Stimmungsbild ist deutlich: Zwar hat Kultur einen festen Platz im Leben vieler Menschen. Die Mehrheit sieht es auch als Aufgabe des Staates, die Kultur zu fördern. Stellt man das jedoch in Konkurrenz zu anderen Aufgaben, gehört die Kulturförderung zu den Bereichen, in denen eine Mehrheit die größten Sparpotenziale sieht.
BaWü-Check-Umfrage zeigt: Bei großen Bauprojekten könnte gespart werden
Rund zwei Drittel der Bevölkerung findet laut den Forschern, Baden-Württemberg sollte bei Kultureinrichtungen wie Theatern oder Museen lieber sparen. Lediglich bei großen Bauprojekten sollte laut der Befragung noch mehr eingespart werden.
93 Prozent sind dem gegenüber der Meinung, dass der Staat einen höheren Anteil für Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser aufbringen sollte. Im Zuge der Klinikreform wird jedoch eher das Gegenteil passieren. Langfristig sollen mit der Reform effizientere Strukturen geschaffen werden – und Geld eingespart. Das deutsche Gesundheitssystem ist zwar im internationalen Vergleich teuer, bei der Qualität liegt es aber nur im Mittelfeld. Beides soll sich ändern: Komplexe Leistungen werden dafür auf große Zentren konzentriert, in der Fläche wird sich das Angebot künftig auf eine Basis- und Notfallversorgung beschränken. Viele kleinere Krankenhäuser werden schließen müssen, fürchten Kritiker.
BaWü-Check: Höhere staatliche Ausgaben für Polizei, Gesundheit und Schulen
Wie für die Gesundheit, so wünscht sich eine Mehrheit der Bürger auch höhere staatliche Ausgaben für die Polizei, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, sowie für öffentliche Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Büchereien.
Auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung der Kulturförderung nicht die höchste Priorität einräumt, ist dennoch jeder Zweite überzeugt, dass die Förderung und Unterstützung von Kultureinrichtungen Aufgabe des Staates sein sollte. Nur jeder Vierte sieht sie explizit nicht als Staatsaufgabe. Vor allem Jüngere und Kulturinteressierte sehen den Staat in der Verantwortung. Knapp jeder Dritte ist der Auffassung, dass Baden-Württemberg seiner Aufgabe nachkommt und ausreichend Geld für Kunst und Kultur ausgibt. Etwa 25 Prozent finden, dass das Land dafür mehr Geld ausgeben sollte.
Kulturangebote: Bei der Bewertung gibt es ein Stadt-Land-Gefälle
Das kulturelle Angebot wird in Stadt und Land unterschiedlich bewertet: In Dörfern mit weniger als 5000 Einwohnern bewerten nur 46 Prozent das Angebot positiv, 40 Prozent ziehen eine überwiegend negative Bilanz. In kleineren und mittleren Städten mit bis zu 20.000 Einwohnern fällt das Urteil etwas besser aus: Hier bewerten 54 Prozent das Angebot positiv, in Städten mit bis zu 100.000 Einwohnern sind es 62 Prozent. Am zufriedensten sind die Bewohner der Großstädte mit einem Wert von 76 Prozent.



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