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Witze unter der Gürtellinie: Wenn Sharepics gegen Parteien wettern

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Immer wieder gehen sogenannte Sharepics im Internet viral - auch in den Kommentaren auf der Facebook-Seite der Heilbronner Stimme finden sich aktuell einige. Kommunikationswissenschaftler Michael Johann klärt auf, was es damit auf sich hat und ob sie Einfluss auf die Wahlentscheidung der Menschen zur Bundestagswahl nehmen können.

Annalena Baerbock betreffen 25 Prozent aller Fake News. 
Fotos: Screenshot/fb
Annalena Baerbock betreffen 25 Prozent aller Fake News. Fotos: Screenshot/fb  Foto: privat

"Ob die Tali-Bahn wohl auch mit Ökostrom fährt?", fragt sich Annalena Baerbock, die ihren Blick nachdenklich in die Ferne richtet. So assoziiert es zumindest eine Text-Bild-Kombination. Die Frage ist in Anführungszeichen gesetzt und über dem Kopf der Grünen-Kanzlerkandidatin platziert.

Auf einem anderen Foto ist ein Vierbeiner abgebildet, der sein Bein hebt und auf einem Wahlplakat der Grünen sein Revier markiert. "Nicht der hübscheste Hund, aber Ahnung hat er", steht darunter geschrieben.

Solche sogenannten Sharepics finden sich aktuell auch verstärkt in den Kommentaren auf der Facebookseite der Heilbronner Stimme.

Sharepics "stark auf dem Vormarsch"

In Anbetracht der bevorstehenden Bundestagswahl stellt sich die Frage: Können solche Bilder Einfluss auf die Wahlentscheidung der Menschen nehmen? Und: Wie sind sie einzuordnen? Grundsätzlich nicht negativ, sagt Michael Johann von der Universität Augsburg.

 


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Ob Wahlplakate oder der Stammtisch in der Kneipe: Politische Kommunikation habe schon immer stattgefunden, neu sei das nicht. "Nur die Dynamik ist eine andere", erklärt der Kommunikationswissenschaftler mit Blick auf die sozialen Medien, in denen visuelle Informationen wie Sharepics stark "auf dem Vormarsch" sind. Sie verbreiten sich schnell und können innerhalb kürzester Zeit viral gehen, erklärt Johann.

Meinung auf kreative Weise kundtun

Der Begriff "Fake-News" für Falschnachrichten ist ab dem Jahr 2000 in aller Munde gewesen, vor allem zur Benennung satirischer Nachrichtenmagazine.
Foto: dpa
Der Begriff "Fake-News" für Falschnachrichten ist ab dem Jahr 2000 in aller Munde gewesen, vor allem zur Benennung satirischer Nachrichtenmagazine. Foto: dpa  Foto: Jens Kalaene

Einen Spruch oder ein Zitat auf ein Bild zu legen, sei noch dazu kein großer Aufwand. Grundsätzlich sind Sharepics nicht negativ anzusehen, weil sie Nutzern ermöglichen, ihre Meinung auf kreative Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, sagt Michael Johann. "Es ist gut, sich über Politik auszutauschen. Ein Problem entsteht dann, wenn sie unter dem Deckmantel Humor gezielt zur Desinformation eingesetzt oder rechtliche Grenzen überschritten werden", gibt der Kommunikationswissenschaftler zu bedenken.

Oftmals seien die Bilder urheberrechtlich geschützt, oder es würden Zitate Menschen in den Mund gelegt, die gar nicht von ihnen stammten. Sharepics sind laut Michael Johann ein Phänomen, auf das man ein Auge haben sollte.

 


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Medienkompetenz spielt eine wichtige Rolle

Oftmals sind es die Grünen, gegen die gewettert wird.
Oftmals sind es die Grünen, gegen die gewettert wird.  Foto: privat

Dass sie Auswirkungen auf die Wahlentscheidung haben können, bezweifelt er aber: "Grundsätzlich kann ein einzelnes Bild keinen Einfluss darauf haben, wen man wählt. Man bildet sich seine Meinung über einen längeren Zeitraum hinweg." Auch individuelle Faktoren wie die Identifikation mit einer Partei spielen eine Rolle. Am wichtigsten aber sei die Medienkompetenz, so Michael Johann. "Als Nutzer sollte man sich immer die Frage stellen, wie es um den Wahrheitsgehalt steht, bevor man etwas weiterleitet."

Dass sich in den Kommentaren auf der Facebook-Seite der Heilbronner Stimme vermehrt Sharepics finden, die gegen die Grünen wettern, deckt sich auch mit dem Ergebnis einer Studie der Pressrelations GmbH in Kooperation mit Newsguard und Fraunhofer FKIE sowie einer Untersuchung der Organisation Avaaz.

Avaaz sieht sich nach eigenen Angaben als "eine globale Bürgerbewegung" mit mehr als 68 Millionen Mitgliedern aus der ganzen Welt. Die Organisation wurde 2007 von dem kanadisch-britischen Politik- und Wirtschaftswissenschaftler Ricken Patel gegründet und berichtet nach eigenen Angaben auf deren Website "offen über seine Desinformations-Forschung, um soziale Medienplattformen, Regulierungsbehörden und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren".

Die Grünen als beliebte Zielscheibe gezielter Fake News

Der Avaaz-Studie zufolge betreffen 25 Prozent aller Falschnachrichten Annalena Baerbock. Zum Vergleich: Bei Armin Laschet sind es lediglich zehn Prozent. Ende April verbreitete sich beispielsweise ein Screenshot auf Facebook, in dem die Grünen-Kanzlerkandidatin ein Hundeverbot gefordert haben soll. Warum Baerbock so oft als Zielscheibe gezielter Desinformationen herhalten muss, dafür hat Michael Johann eine klare Antwort, vor allem mit Blick auf Deutschland, das 16 Jahre lang von den Christdemokraten regiert wurde: "Baerbock verkörpert eine Politik, die das bisherige Machtgefüge in Frage stellt." Mit ihren 40 Jahren stehe sie zudem für eine andere Generation.


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Studie: Baerbock oft von Fake News betroffen

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ist überproportional oft von Falschnachrichten betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Aktivisten-Netzwerks Avaaz. Die Organisation hat vom 1. März bis zum 31. August 2021 über 800 Fakten-Checks ausgewertet. Der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, mahnte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) ein entschlosseneres Vorgehen an. „Der Kampf gegen Desinformation hat in der Bundesregierung immer noch nicht die Priorität, die es braucht.

 
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