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Woran es im deutschen Bundestagswahlkampf mangelt

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Der Kampagnenprofi Julius van de Laar analysiert beim Rotary-Club Künzelsau-Öhringen die Spitzenkandidaten Laschet und Scholz. Sein Urteil fällt nicht sehr schmeichelhaft aus.

Politikexperte Julius van de Laar bei seiner Rede in Pfedelbach.
Foto: Sascha Haas
Politikexperte Julius van de Laar bei seiner Rede in Pfedelbach. Foto: Sascha Haas  Foto: sascha haas

Wie läuft der Bundestagswahlkampf in Deutschland? Warum tut sich Armin Laschet so schwer? Und woher kommt der Aufschwung von Olaf Scholz? Diese Fragen beantwortete der Kampagnen- und Strategieberater Julius van de Laar bei seinem Auftritt beim Rotary-Club Künzelsau-Öhringen am Donnerstagabend. Rund 150 Gäste waren in die Pfedelbacher Stadthalle Nobelgusch gekommen, um dem renommierten Politikexperten zuzuhören, der die Wahlkämpfe von US-Präsident Barack Obama in verschiedenen Funktionen begleitete.

Obama hat eine Geschichte erzählt, keine Punkteprogramme

Der wichtigste Unterschied zwischen der Obama-Kampagne und dem aktuellen Bundestagswahlkampf? "Obama hat eine Geschichte erzählt, keine Punkteprogramme", sagt van de Laar. Mit Zahlen, Daten und Fakten, die deutsche Politiker so gerne benutzen, erreiche man die Menschen nicht. Das haben die Amerikaner verstanden, sagt er und verweist auf Martin Luther Kings legendären Satz: "I have a Dream" (Ich habe einen Traum). Van de Laar räumt aber ein, dass ein solcher Satz von Armin Laschet oder Olaf Scholz wohl kaum authentisch klänge.

Die Macht der Bilder

Unterschätzt werde im deutschen Wahlkampf noch immer die Macht der Bilder, findet der Kampagnenprofi. Denn es sind Bilder, die den Menschen in Erinnerung bleiben und Wahlentscheidungen beeinflussen. Van de Laar zeigt Gerhard Schröder in Gummistiefeln bei der Flut 2002 - und dann Armin Laschet, der bei einer Rede im Flutgebiet vor einem gewaltigen Trümmerhaufen steht. Laschet und Trümmer - keine gute Assoziation, findet van de Laar.


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Olaf Scholz hingegen inszeniere sich als weltläufiger Politiker, der sich dreist bei Angela Merkels legendärer Raute bedient und auf den Satz "Sie kennen mich" setzt. Die Botschaft für van de Laar: "Leute, legt euch wieder schlafen. Wir wechseln nur den Kopf aus, sonst ändert sich nichts." Das komme im Volk offenbar gut an, das nach Einschätzung des Experten keine große Lust auf Veränderung hat.

Union muss jetzt polemisieren

Der Union bleibe nichts anderes übrig, als zuzuspitzen und zu polemisieren, um ihre Wähler zu mobilisieren. "Wir gegen die", Ängste vor einem Linksrutsch schüren, Olaf Scholz mit Wirecard und Cum Ex konfrontieren - damit könnte die Union noch punkten, glaubt van de Laar. Und Armin Laschet müsse endlich in die Offensive gehen, nachdem er sich die ganze Zeit nur verteidigen musste. "Wer erklärt, verliert", lautet eine Erfahrung des Politikprofis.

Enttäuscht vom personellen Angebot

Van de Laar räumt ein, dass er "traurig und enttäuscht ist von dem Angebot, das uns gerade gemacht wird". Letztlich gelinge es den beiden Spitzenkandidaten - Annalena Baerbock sieht er als chancenlos - nicht, die beiden wichtigsten Fragen zu beantworten: Warum ich? Warum jetzt? Und dies in einer Situation, in der Deutschland keine Zeit zu verlieren habe angesichts der gewaltigen Herausforderungen etwa beim Klimaschutz. Da könne sich das Land keinen Übergangskanzler leisten, findet van de Laar.


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Rotary-Club Künzelsau-Öhringen

Der Rotary-Club Künzelsau-Öhringen wurde 1972 gegründet und hat derzeit 77 Mitglieder. Mit Veranstaltungen wie in Pfedelbach will der Club einereits seine Bekanntheit in der Öffentlichkeit erhöhen. Andererseits wollen die Rotarierer auch Spenden für soziale Zwecke sammeln. Bei der Veranstaltung in Pfedelbach warb der Rotary-Club um Spenden für sogenannte Shelterboxen, mit denen Menschen bei Katastrophen oder Unglücken schnell und effektiv geholfen werden kann.


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