CDU nach der Bundestagswahl: Krampf statt Kampf
Armin Laschet hat nach der verlorenen Bundestagswahl einen schweren Stand. Verschiedene Strömungen tun sich in seiner Partei auf, nachdem die CDU am Wahlsonntag ein historisches schlechtes Ergebnis eingefahren hat.

Am Tag eins nach der Bundestagswahl zeichnet sich für den CDU-Vorsitzenden in zweifacher Hinsicht ein trübes Bild der Lage. Bauarbeiter wirbeln bei Fräsarbeiten in der Nähe des Konrad-Adenauer-Hauses einigen Staub auf und erschweren Armin Laschet den freien Blick. Auch danach hat es der Aachener schwer, die Übersicht zu behalten.
Verschiedene Strömungen tun sich in seiner Partei auf, nachdem die CDU am Wahlsonntag ein historisches schlechtes Ergebnis eingefahren hat und hinter der SPD nur auf Platz zwei liegt. Die Nerven liegen blank bei den Christdemokraten, die Fragen türmen sich: Wie soll sich die Partei neu aufstellen? Wer hat Schuld am Abschneiden bei der Wahl? Wer führt in Zukunft die Fraktion im Bundestag? Und vor allem: Ist Armin Laschet noch der richtige Vorsitzende für die CDU?
Unverständliche Aussagen zur Regierungsbildung
Der Aachener selbst gibt Rätsel auf. Am Wahlsonntag hat er, so die überwiegende Einschätzung der Beobachter in Berlin, noch ziemlich eindeutig einen Regierungsauftrag für die Union formuliert. Einen Tag später sieht er das anders. Aus dem Wahlergebnis könne "niemand einen Regierungsanspruch ableiten. Das habe ich am Sonntag auch nicht gesagt", erklärte er nach Teilnehmerangaben im Bundesvorstand und stellt das später auch in der offiziellen Pressekonferenz so dar. Die Regierungsbildung treibt er gleichwohl offensiv voran.
Denn Laschet steht unter Druck, er muss jetzt liefern. Retten kann ihn eigentlich nur noch der Einzug ins Kanzleramt. "Wir stehen bereit für andere Konstellationen, wenn die Ampel nicht klappt", gibt er im Vorstand den Angaben zufolge den Fahrplan für die nächsten Tage vor. Man müsse auf dieses Szenario vorbereitet sein und "Bereitschaft" ausstrahlen. Wie diese Vorbereitung aussieht, ist ihm zumindest klar: Er lotet mit den Grünen und der FDP aus, wie die Chancen auf eine Jamaika-Koalition stehen. Mit FDP-Chef Christian Lindner gab es noch am Wahlsonntag "ein langes Gespräch", das mit Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock folgte am Montag.
Laschet macht Scholz ebenfalls zum Verlierer
Doch genau diese Vorgehensweise stößt in der Partei vielfach auf heftige Kritik, der Unmut entlädt sich laut Teilnehmerkreisen auch im Bundesvorstand. Viele wollen dort zunächst abwarten, wie die Gespräche verlaufen, die SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz mit Grünen und FDP führt. Sollten diese Gespräche scheitern, so die Argumentationslinie der Laschet-Kritiker, könnte die Union mit deutlich mehr Verve in die Gespräche gehen. Davor wäre Zurückhaltung durchaus angebracht, meinen viele in der Parteispitze und wundern sich, dass Laschet seinem Kontrahenten Scholz nicht zum Sieg gratuliert. Das wäre guter Stil, doch Laschet dreht den Spieß sogar noch um und macht Scholz ebenfalls zum Verlierer. Keine Partei habe vom Wahlvolk einen Regierungsauftrag erhalten, auch die SPD nicht, sagt er und ignoriert das zwar knappe, aber doch eindeutige Wahlergebnis. "Olaf Scholz und ich sind zur gleichen Demut aufgerufen", sagt Laschet und löst damit einiges Kopfschütteln aus.
Die Vizevorsitzende Julia Klöckner spricht die Kritik nicht offen aus, deutet sie aber an. Man müsse "demütig sein und dabei einen geraden Rücken haben", sagte sie. Doch auch Klöckner macht klar, dass CDU und CSU im Zweifel in eine Regierung eintreten werden. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer wird da deutlich. Er formuliert seine "große Sorgen" darüber, "was in vier Jahren übrig bleibt" von seiner Partei. "Deswegen braucht es jetzt erst mal ein Innehalten. Die CDU hat diese Wahl verloren", sagt Kretschmer, in dessen Bundesland die AfD mit Abstand stärkste Kraft geworden ist.