Björn Engholm: Union muss einer Reformregierung Platz machen
Der frühere SPD-Parteichef sieht in dem Ergebnis der Bundestagswahl ein beispielloses Votum gegen ihren Kandidaten Armin Laschet. Olaf Scholz habe einen eindeutigen Auftrag zur Regierungsbildung.

Der frühere SPD-Parteivorsitzende Björn Engholm sieht die Union auf dem Weg in die Opposition. Sie müsse einer Reformregierung Platz machen. Engholm sagte unserer Redaktion: „Das Wahlergebnis ist ein Desaster für die Union und ein beispielloses Votum gegen ihren Kandidaten. Die Zustimmung für Olaf Scholz und die mit ihm wieder erstarkte SPD dagegen ist ein eindeutiger Auftrag zur Regierungsbildung.”
Bezugnehmend auf Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der von einem Erdbeben gesprochen hatte, und mit Blick auf Armin Laschet sagte Engholm: „Wer aus diesem »Erdbeben« einen anderen Schluss zieht, muss mit dem Klammerbeutel gepudert oder schlicht realitätsblind sein. Die signifikante Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse von Mitte-Rechts auf Mitte-Links erfordert, dass die programmatisch und personell entleerte CDU/CSU in die Opposition wechselt und einer neuen Reformregierung Platz macht. Nun werden vor allem die Grünen beweisen müssen, dass sie allen Lockangeboten der Verlierer widerstehen können.”
Der Lübecker Björn Engholm (81) war von 1981 bis 1982 Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, 1982 auch Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. In der Zeit von 1988 bis 1993 amtierte er als Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein. Von 1991 bis 1993 war er Bundesvorsitzender der SPD.
Union fällt unter Kanzlerkandidat Laschet auf Rekordtief
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte am Montagmorgen erklärt, das Wahlergebnis sei ein Erdbeben gewesen und habe eine ganz klare Wechselstimmung gegen die CDU gezeigt. Das müsse man sich ganz klar eingestehen, sagte er dem MDR. Ihm erschließe sich deshalb die Haltung im Adenauer-Haus in Berlin nicht, von einem Regierungsauftrag zu sprechen, sagte Kretschmer. Diese Linie liege genau auf dem bisherigen Kurs, der zum Absturz der Union geführt habe, und sei nicht zukunftsfähig.
CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte am Wahlabend erklärt, er wolle auch nach dem Absturz der Union Verhandlungen über eine von ihm geführte Bundesregierung führen. Nach dem vorläufigen Ergebnis stürzte die CDU/CSU nach 16 Jahren Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel mit 24,1 Prozent auf ein Rekordtief.
Den Erfolg der AfD in Sachsen, die erneut stärkste Kraft wurde und zehn von 16 Direktmandaten holte, schrieb Kretschmer Fehlern in der Bundespolitik zu, vor allem bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Dort habe Sachsen näher an den Menschen agiert und sich etwa gegen Kita- und Schulschließungen entschieden. Dieser Weg sei aber durch die Bundesnotbremse gestoppt worden. Vor der Vorstandssitzung der CDU erklärt Kretschmer außerdem: „Es sind Fehlentscheidungen in der Vergangenheit gewesen, inhaltlicher Art, in der Regierung und auch in der personellen Aufstellung“, sagte er. „Wenn wir weitermachen wie bisher, dann mache ich mir große Sorgen, was in vier Jahren übrig bleibt.“




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