Kommunalpolitiker zwischen Zufriedenheit und Enttäuschung
Nach der Wahl ist vor den Sondierungsgesprächen. Parteivertreter aus der Region erzählen, wie es jetzt weitergehen kann und welche Variante sie bevorzugen.

"Ich hätte mir Rot-Rot-Grün auf Bundesebene gut vorstellen können", sagt Holger Kimmerle. Da das Wahlergebnis diese Option aber nicht hergibt, setzt der Heilbronner Grünen-Stadtrat jetzt auf eine Koalition mit SPD und FDP. "Der Wählerwille zeigt klar auf die SPD und auf keine CDU-Regierung und das darf man nicht missachten", betont der 43-Jährige. Er hofft nun, dass seine Partei in der neuen Regierung "auf jeden Fall das Umwelt- und Verkehrsministerium besetzen kann".
"Ich will mich noch nicht auf eine Koalition festlegen", unterstreicht dagegen Nico Weinmann. Der Heilbronner FDP-Landtagsabgeordnete ist aber sehr zufrieden mit dem Wahlergebnis. "Insbesondere in Baden-Württemberg ist das Ergebnis super und bestätigt unsere gute Arbeit im Land", sagt er. Die FDP erreichte im Südwesten 15,3 Prozent, deutlich mehr als die 11,5 Prozent im Bund. "Natürlich sind unsere Schnittmengen mit der CDU größer, aber das CDU-Ergebnis zeigt eine Wechselstimmung", betont der 48-Jährige. Den Vorstoß von Christian Lindner, jetzt Vorsondierungen mit den Grünen zu führen, hält er für richtig. Zudem setzt er auf eine schnelle Lösung: "Die Weihnachtsansprache sollte auf jeden Fall der neue Kanzler halten."
Günter Hekler, FDP-Stadtrat in Bad Friedrichshall, ist sehr glücklich über das Wahlergebnis seiner Partei. Vor allem, dass viele Erstwähler FDP angekreuzt hätten, bestätige ihn. Die FDP sei sich ihrer Verantwortung jetzt auch bewusst, ist sich Günter Hekler sicher. Verhandlungen werden seiner Ansicht nach diesmal besser gelingen als unter Angela Merkel. "Das kann gut werden, wenn die FDP und die Grünen sich einig werden", sagt Hekler. Ob die CDU oder die SPD der bessere Partner wäre, sei für ihn schwer zu sagen.
Ein "größeres Gepokere" um eine Koalition erwartet Klaus Gussmann, CDU-Stadtrat in Neuenstadt. "Ich wünsche mir, dass die CDU am Ende dabei ist", sagt er. Das Wahlergebnis zeige aber auch, dass Armin Laschet nicht von der Mehrheit als Kanzler gewollt sei. Eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene finde er nicht gut. "Das ist kein Erfolgsmodell", sagt Klaus Gussmann.
Helmut Kayser, CDU-Fraktionschef im Brackenheimer Gemeinderat, kann mit dem Ausgang im Wahlkreis Neckar-Zaber leben. Dort hat Fabian Gramling mit 30,4 Prozent das Direktmandat geholt. Mit dem Wahlergebnis insgesamt ist er dagegen nicht zufrieden. "Es wurden eklatante Fehler gemacht", sagt Kayser. Das habe bereits mit der Wahl des Kanzlerkandidaten angefangen. Die Regierungsbildung werde jetzt schwierig. "Es kommt auf die FDP und die Grünen an." Nicht ganz ausschließen will Kayser, dass die CDU vielleicht sogar noch mit einem anderen Kandidaten für das Kanzleramt ins Rennen geht.
"Mit Olaf Scholz sind wir richtig gut bedient", sagt Harald Böhret, Ehrenvorsitzender des SPD-Ortsvereins Nordheim. Dass die SPD stärkste Kraft werden würde, sei lange Zeit nicht absehbar gewesen. Zwar leite sich daraus kein Anspruch ab, auch den Kanzler zu stellen. "Dass Lindner jetzt mit den Grünen kungelt und sie sich dann zusammen den Kanzler aussuchen, halte ich aber für undemokratisch", sagt Böhret. Besonders geärgert hat ihn im Wahlkampf das "Gespenstertreiben von Markus Söder. Die Panikmache mit Rot-Rot-Grün war mehr als eine Schlammschlacht."
"Schlussendlich ist das Ergebnis enttäuschend", sagt Anne Köhler, Fraktionsvorsitzende der CDU im Bad Rappenauer Gemeinderat. Es sei schwierig gewesen, nach 16 Jahren unter Angela Merkel einen Aufbruch darzustellen. Erleichtert ist Köhler, dass es bei extremen Parteien keine Zugewinne gegeben habe und der Kandidat im Wahlkreis Heilbronn, Alexander Throm, in den Bundestag gewählt wurde. "Wie die Verhandlungen jetzt laufen, ist eine andere, sehr spannende Sache."
Angesichts des knappen Ergebnisses hätte sich Ellen Mangatter eine stärkere Ausgangsposition der SPD für die Verhandlungen gewünscht. Die Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat Untergruppenbach erteilt einer großen Koalition eine klare Absage. "Ich persönlich wäre das Risiko Rot-Rot-Grün mit einer schwachen Linken eingegangen, wenn diese mehr Stimmen geschafft hätte", bekennt Mangatter.
Eher für eine Ampelkoalition spricht sich der Obersulmer Grünen-Gemeinderat Armin Waldbüßer aus, auch wenn eine Einigung angesichts der wirtschaftspolitischen Interessen der FDP schwer werden dürfte, wie er meint. "Mich überrascht, dass Klimaschutz vielen Manschen offensichtlich doch nicht so wichtig scheint."
Plakate müssen weg
Über den Sinn von Wahlplakaten gehen die Meinungen auseinander. Ob sie bei der Wahlentscheidung tatsächlich helfen, sei dahingestellt. Fest steht, dass in den nächsten Tagen überall in Deutschland Tonnen von Altpapier anfallen. In Heilbronn müssen die Parteien ihre Wahlplakate bis Donnerstag, 30. September, 7 Uhr, abgehängt haben. „Das Amt für Straßenwesen unternimmt nach Ablauf dieser Frist Kontrollfahrten und spricht gegebenenfalls Ermahnungen aus“, erklärt Rathaussprecherin Claudia Küpper.