Ein Irish Pub im Keller
Manche Kellertreppen führen an magische Orte. Statt auf Gerümpel trifft man auf Kobolde, Guinness-Bier, Folk - und landet in einem privaten Pub. So ging es auch unseren Volontären bei ihrem Multimedia-Projekt "Heilbronn von unten".
Das Projekt "Heilbronn von unten" ist vollständig zu sehen auf www.hnxvu.de. Es zeigt die Stadt aus neuen Perspektiven. Die Stimme-Volontäre werfen einen Blick unter die Gully-Deckel, steigen ab in die Keller und Schächte. In der Heilbronner Stimme und auf stimme.de erscheinen in einer Serie die Printtexte zu "Heilbronn von unten".
Heute: Ein Keller für Künstler und Kobolde
Laut Duden ist ein Keller „ein teilweise oder ganz unter der Erde liegendes Geschoss eines Gebäudes. Ein Kellerraum dient besonders als Aufbewahrungs- oder Vorratsraum“. Soweit die Theorie. In der Praxis kann ein Keller fast alles sein: In einer Weingegend wie Heilbronn wird das Untergeschoss natürlich gerne zur Lagerung edler Rebentröpfchen genutzt, aber auch als Ertüchtigungsstätte, Werkstatt für Hobbytüftler, Erholungsfarm oder Raum für eine bestimmte Sammelleidenschaft. Jedenfalls scheinen der Fantasie fast keine Grenzen gesetzt zu sein.
So hat auch Frank Gavin (Name geändert) aus Bad Rappenau seiner Kreativität freien Lauf gelassen. Sport treibt der Geschäftsmann lieber im Freien, ein Fitnessraum kam für ihn daher nicht in Frage. Also hat er 2008 auf etwa 35 Quadratmetern sein eigenes Irish Pub in den Keller seines Wohnhauses gebaut. Getreu dem Motto: Guinness statt Gerümpel. Als großer Fan der britischen Inseln, die er schon vielfach besucht hat, wollte er sich ein Stück des irischen Lebensgefühls nach Hause holen.
Beichtstuhl
„Das war vorher ein ganz normaler Keller“, betont er. Davon ist in dem jetzigen Raum nichts mehr zu sehen. Dunkel und glänzend strahlt das kunstvoll gefertigte und verzierte Holz der Einrichtung. Teile davon stammen aus dem Beichtstuhl einer alten französischen Kirche, die abgebaut wurde. „Ein befreundeter Innenarchitekt hat sich zum größten Teil um die Beschaffung gekümmert“, so Gavin. Ein konkretes Vorbild habe sein Pub aber nicht. „Es ist eines, wie es sie tausendfach in Großbritannien gibt. Nur etwas kleiner.“
Doch nicht nur die hochwertige Holzeinrichtung und landestypische Mitbringsel, die Teile des Raums zieren, auch ein Guinness gehört zum echten Pub-Erlebnis. Deshalb hat Frank Gavin immer ein Fass von dem dunklen irischen Bier auf Lager – und bekommt regen Besuch von seinen Freunden. Seine Leidenschaft für Irland hat ihn aber nicht dem deutschen Bier abschwören lassen. „Das trinke ich genauso gern, immer dem Anlass entsprechend.“
Als Mitbegründer der Kulturinitiative Blacksheep ist Gavin auch in der Konzertorganisation tätig und kennt alleine durch diese Tätigkeit viele Größen der Folkmusikszene persönlich. Da wundert es nicht, dass bekannte Musiker bei ihm praktisch ein und aus gehen oder auch mal ein Spontankonzert geben.
Zahlreiche Bilder zeugen von diesen Besuchen diverser Künstler, wie dem kanadischen Musiker Bruce Guthro, Solo-Künstler und Frontmann der Band Runrig, und schmücken die Wände des Pubs. „Wir sind schon stolz darauf, dass so viele berühmte Künstler bei uns zu Gast waren“, gibt Gavin gerne zu. „Zu den meisten verbinden uns persönliche Freundschaften.“
Kostbarkeiten
Gavins umfangreiche Whiskey-Sammlung sorgte dabei auch schon für einiges Staunen. Vor allem schottische Bekannte seien überrascht von seiner Auswahl, da in Großbritannien durch die hohe Alkoholsteuer eine solche Sammlung auf privater Ebene kaum finanzierbar ist.
Im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen hat es einmal einen Musiker, der nach übermäßigem Genuss dieser Kostbarkeiten vom Barhocker gefallen ist. „Ihm ist aber glücklicherweise nichts passiert“, schmunzelt Gavin und erinnert dabei unwillkürlich an den irischen Kobold, der das Türschild am Eingang ziert. Zufall? Wohl kaum. Eher die vollkommene Symbiose.
Alle Print-Beiträge der Serie "Heilbronn von unten":
Ein Blick in die Pathologie
Totenstille, Fäulnisgeruch, Gänsehaut. Ein Mann alleine mit einer aufgeschlitzten Leiche. Die Pathologie, ein Ort des Grauens? Unsere Volontäre zeigen, was dort unten tatsächlich passiert.
Eine Generation von Kellerkindern
In den 60ern und 70ern hatten Untergrund-Clubs magische Anziehungskraft auf die Jugend in der Stadt. Unsere Volontäre haben für ihr Multimedia-Projekt "Heilbronn von unten" mit den Kellerkindern von damals gesprochen.
Der Trend geht zur Feuerbestattung
Immer mehr Menschen lassen sich einäschern und in Urnen beisetzen. Für eine Erdbestattung entscheidet sich nur noch jeder Dritte.
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Durch Kinderaugen sieht man ständig Hinterteile. Und Heilbronn aus einer ganz anderen Perspektive, wie unsere Volontäre in ihrem Multimedia-Projekt "Heilbronn von unten" zeigen.
Mit der Kamera in die Kanalisation
Verzweigte Wege im Untergrund: Die Kanalisation ist ein 500 Kilometer langes Netz. Zum Teil wurde sie von Theodor Heuss' Vater gebaut.