Ampel-Regierung einigt sich auf Kraftwerksstrategie – Pläne für Heilbronn
Wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, sollen zunächst Gaskraftwerke die nötige Energie bereitstellen – später im Wasserstoff-Betrieb. Bei der EnBW, die auch in Heilbronn ein Gaskraftwerk plant, dürfte die Kraftwerksstrategie für Erleichterung sorgen.

Die Bundesregierung hat sich nach langem Ringen auf eine Strategie zum Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke in Deutschland geeinigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätten die wesentlichen Elemente einer Kraftwerksstrategie sowie Festlegungen zu weiteren Vorhaben vereinbart, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Montag.
Auch das Heilbronner EnBW-Kohlekraftwerk soll zum Gaskraftwerk umgebaut werden
Für die sogenannte Kraftwerksstrategie hatte EnBW-Vorstand Georg Stamatelopoulos monatelang gekämpft. Die EnBW baut bereits Fuel-Switch-Projekte, also Gaskraftwerke als Ersatz für Kohleblöcke, in Heilbronn, Stuttgart-Münster und Altbach und ersetzt ihre Kohlekraftwerke durch wasserstofffähige Anlagen – Investitionssumme: insgesamt 1,6 Milliarden Euro.
Das neue Gaskraftwerk in Heilbronn soll neben dem Kühlturm des Heilbronner Kohlekraftwerks entstehen. Die EnBW will noch im ersten Quartal den Spatenstich feiern.
Andreas Schell, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, sagte nun laut einer Mitteilung: "Die EnBW begrüßt die Veröffentlichung erster Eckpunkte der Kraftwerksstrategie. Diese ist wesentlich für das Gelingen der Energiewende. Auch wenn sich viele Punkte erst mit dem Entwurf konkretisieren werden, ist ein wichtiger Schritt zum klimafreundlichen Umbau des Kraftwerkssektors gemacht, der neben dem Ausbau der Erneuerbaren Grundlage für die Versorgungssicherheit in Deutschland ist. Sehr positiv ist, dass eine Festlegung auf einen systemdienlichen Zubau Teil der Verständigung der Bundesregierung ist."
Und Georg Stamatelopoulos, Chief Operating Officer Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur bei der EnBW, sagte: "Die Veröffentlichung erster Eckpunkte der Kraftwerksstrategie ist ein wichtiger Schritt. Wir brauchen jetzt schnell Klarheit über die Details und insbesondere darüber, was 'systemdienlich' konkret bedeutet. Wir plädieren klar für eine Regionalkomponente, um die Versorgungssicherheit auch im Südwesten zu gewährleisten."
Förderungen sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden
Die Kraftwerksstrategie der Ampel-Regierung soll den Rahmen schaffen für Investitionen in moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke, die in der Lage sind, zukünftig mit Wasserstoff betrieben zu werden, hieß es in der Mitteilung. Kurzfristig sollen neue Kraftwerkskapazitäten im Umfang von bis zu viermal 2,5 Gigawatt wasserstofffähige Gaskraftwerke ausgeschrieben werden. Die Förderungen sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, einem Sondertopf des Bundes.
Wie es aus Koalitionskreisen hieß, liegen die Kosten bei ungefähr 16 Milliarden Euro für die nächsten rund 20 Jahre. Die grüne Energieministerin Baden-Württembergs, Thekla Walker, sagt: "Ich begrüße die Einigung auf eine Kraftwerkstrategie. Neue Gaskraftwerke, die baldmöglichst auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, sind die Voraussetzung, damit uns der Kohleausstieg bis 2030 gelingt."
Honorierung für Betreiber und schnellerer Planungs- und Genehmigungsverfahren
Laut Mitteilung wurde vereinbart, dass Konzepte für einen sogenannten Kapazitätsmechanismus erarbeitet werden sollen. Eine politische Einigung darüber solle innerhalb der Bundesregierung bis spätestens Sommer 2024 erzielt werden. Über einen solchen Mechanismus könnten Betreiber in einigen Jahren dafür honoriert werden, dass sie Kraftwerkskapazitäten vorhalten.
Weiter hieß es, die Planungs- und Genehmigungsverfahren für die in der Kraftwerksstrategie enthaltenen Kraftwerke sollten substanziell beschleunigt werden. Die gefundene Einigung zur Kraftwerksstrategie werde mit der EU-Kommission in Brüssel beraten.
Vorausgegangen waren lange Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung, vor allem zwischen Scholz, Habeck und Lindner.
Energiebranche hatte seit Langem eine Kraftwerksstrategie gefordert
Die Energiebranche wartet seit langem auf eine Strategie zum Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke bis 2030. Bis dahin sollen erneuerbare Anlagen massiv ausgebaut werden. Das Ziel der Bundesregierung lautet: 80 Prozent des Stroms sollen 2030 aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Derzeit ist es etwas mehr als die Hälfte.
Die neuen Gaskraftwerke sollen in "Dunkelflauten" – wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint – einspringen, um die Stromnachfrage zu decken. Energieunternehmen scheuen aber bisher Investitionen, weil sich die neuen Kraftwerke nicht rechnen.
Habeck hatte sich für eine staatliche Förderung ausgesprochen, die sich im Milliardenbereich bewegen könnte. FDP-Politiker hatten auf die hohen Kosten einer Förderung verwiesen und "Technologieoffenheit" gefordert.
Neue Gaskraftwerke könnten vor allem Kohlekraftwerke ersetzen
Die Ampel-Koalition hatte sich darauf verständigt, den Kohleausstieg «idealerweise» auf 2030 vorzuziehen, um den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids zu verhindern. Bislang ist ein um acht Jahre vorgezogener Ausstieg aber nur im Rheinischen Revier beschlossen. In den Revieren in Ostdeutschland ist er umstritten. Neue Gaskraftwerke könnten vor allem Kohlekraftwerke ersetzen. Sie sollen zunächst mit Erdgas, dann aber zunehmend mit klimafreundlichem Wasserstoff betrieben werden.