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Sorge um Audi-Werk Brüssel: Zukunft der Arbeiter weiter ungewiss

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Was wird aus dem Brüsseler Audi-Werk? Das deutsche Unternehmen will nicht länger seine E-Autos in der belgischen Hauptstadt produzieren. An diesem Montag lief eine wichtige Frist ab.

Von Katrin Pribyl

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Die Spuren des letzten großen Aufbäumens der Arbeiter sind trotz des Regens am Montagmorgen noch vor dem Brüsseler Audi-Werk zu sehen. Am Zaun hängen Plakate und Banner wie traurige Überbleibsel des wochenlangen Kampfs für die Zukunft von Audi und der europäischen Autoindustrie.

„Nach Jahren der Rekordgewinne will man uns die Krise bezahlen lassen, aber das werden wir niemals akzeptieren“, hatte vergangenen Montag ein Gewerkschafter kämpferisch vor Demonstranten gesagt, weil Audi nicht mehr länger seine Elektroautos in der belgischen Hauptstadt herstellen will.

Arbeiter protestierten am 12. September vor dem Audi-Werk.
Arbeiter protestierten am 12. September vor dem Audi-Werk.  Foto: Wiktor Dabkowski (ZUMA Press Wire)

Audi sieht keine Zukunft in Brüssel: Was das für die Arbeiter bedeutet

Aber mittlerweile scheint die Wut gewichen, es herrscht Betrübnis unter den knapp 3000 Arbeitern. Man solle nun schleunigst dazu übergehen, über Sozialpläne zu verhandeln, hieß es von Seiten der Arbeitnehmer. Die Erklärung des Mutterkonzerns Volkswagen, dem Standort in Brüssel kein Modell mehr zur Produktion zuweisen zu wollen, sobald die letzten Exemplare des Elektro-SUV Q8 e-tron im nächsten Jahr ausgeliefert werden, hat alle Hoffnungen zunichtegemacht.


Dabei dürfte sich diese Woche zumindest andeuten, in welche Richtung sich die Zukunft der Beschäftigten entwickeln könnte. Steigt ein chinesisches Unternehmen ein und damit ausgerechnet ein Rivale aus der Volksrepublik? Es wäre vorneweg für die EU ein Schlag ins Gesicht, die gerade viel davon spricht, die heimischen Autobauer vor der asiatischen Konkurrenz schützen zu wollen. 

Interesse von chinesischem Autobauer an Werk in Brüssel 

An diesem Montag lief die Frist für Interessenten aus, ihre Unterlagen für eine mögliche Übernahme der Fabrik abzugeben. Laut Gewerkschaften lagen zuletzt rund 20 Bewerbungen vor. Doch Berichte, wonach auch NIO auf der Liste steht, dementierte der chinesische Premiumhersteller vor wenigen Tagen. Oder ließen sich die Chinesen, die sich selbst in einer schwierigen finanziellen Lage befinden, von der plötzlichen medialen Aufmerksamkeit abschrecken? Hinter den Kulissen war zu vernehmen, dass eine Delegation von NIO den Standort in den vergangenen Wochen besucht hat. Es gab also Interesse, was angesichts der scharfen Töne der EU gegenüber der Volksrepublik und angedrohten Strafzöllen keineswegs überrascht. 

Die Gemeinschaft sucht derzeit nach Wegen, um die kriselnde Industrie in Europa gegenüber der Konkurrenz aus dem Reich der Mitte zu verteidigen, die mit vergleichsweise günstigen Elektroautos den Markt erobern will. Der Preis werde „durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt“, kritisierte etwa EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Deshalb erhob die EU ab dem 5. Juli Strafzölle auf Einfuhren von Elektrofahrzeugen aus China – vorläufig, wie die Brüsseler Behörde damals mitteilte. Je nach Hersteller liegen die Aufschläge zwischen 17,4 und 37,6 Prozent, zusätzlich zu den bereits geltenden zehn Prozent Einfuhrzoll. Ob die Abgaben wirklich einbehalten werden, hängt von den aktuellen Gesprächen mit China ab. Bis Anfang November wollen beide Seiten eigentlich eine Lösung vereinbaren. Falls die Verhandlungen platzen, würden die Zusatzzölle endgültig und offiziell gelten, die Konzerne müssten nachträglich bezahlen. 

Knapp 3000 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe

Ob sich schlussendlich wirklich ein anderes Unternehmen im Brüsseler Süden niederlässt und die meisten Beschäftigten ihren Job behalten können, wird sich vermutlich in den nächsten Tagen zeigen. Alternativ könnte auch ein Investor einsteigen – oder aber das Werk wird geschlossen. Damit stünden 2.910 Arbeitsplätze auf der Kippe.


 

Dass die Gewerkschaften so breit mobilisiert haben, liegt auch daran, dass es ihnen „ums große Ganze“ geht, wie ein Vertreter meinte. Man wolle auf die Situation der europäischen Industrie aufmerksam machen, die sich einem immer härteren internationalen Wettbewerb ausgesetzt sieht. Europa sei „eingezwängt“ zwischen den USA auf der einen Seite, wo die Regierung mit speziellen Maßnahmen und Prämien versucht, Arbeitskräfte anzulocken, und China auf der anderen Seite. „Europa seinerseits lässt den Markt sich selbst regulieren, was nicht funktioniert“, sagte etwa Grégory Dascotte vom belgischen Gewerkschaftsverband FGTB gegenüber Medien. Er forderte eine „echte Industriepolitik, um die Arbeitsplätze zu erhalten“.

 

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