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Ipai, Bildungscampus und Co.
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Steht der Heilbronner Wohnungsmarkt vor einer Preisexplosion?

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Der Innovationspark für Künstliche Intelligenz und die Campus-Erweiterung beeinflussen auch den Heilbronner Wohnungsmarkt. Immobilien-Sachverständiger Frederic Schorndorfer erwartet stark steigende Preise – andere Experten widersprechen.


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Die rasante Entwicklung seiner Heimatstadt beginnt für Frederic Schorndorfer vor der Tür. Von seinem Büro im Neckarbogen aus kann der Diplom-Ingenieur und Immobilien-Sachverständige sehen, wie auf dem ehemaligen Gelände der Bundesgartenschau ein neues Stadtquartier immer mehr Konturen annimmt. Auf dem kurzen Weg in die Innenstadt, vorbei an Experimenta und Neckarmeile, sieht er, was bereits entstanden ist. „Mittlerweile liebe ich es, in Heilbronn zu sein“, sagt Schorndorfer. Das sei nicht immer so gewesen, sagt der Böckinger.

Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg unter dem Primat der Funktionalität rasch wieder aufgebaut, fristete die Stadt am Neckar über Jahrzehnte ein tristes Dasein mit äußerst überschaubarem Renommee. Doch inzwischen hat sich das Gesicht der Stadt verändert, Heilbronn ist inmitten eines tiefgreifenden Strukturwandels. Projekte wie die Erweiterung des Bildungscampus und der Bau des Innovationsparks für Künstliche Intelligenz (Ipai), die mithilfe der Schwarz-Stiftung in den nächsten Jahren realisiert werden, verstärken diese Transformation noch einmal.

Experte: Rasanter Wandel bleibt für Heilbronner Wohnungsmarkt nicht ohne Folgen

Obwohl die Innenstadt mit dem Wandel nicht mithält, spricht Schorndorfer von einer „mega Entwicklung“. Doch die rasante Entwicklung, schreibt der Diplom-Ingenieur in einem Fachartikel, bleibt für den Wohnungsmarkt nicht ohne Folgen: Der Druck werde weiter zunehmen. „Die Frage ist nicht mehr, ob Heilbronn eine neue Preisdynamik erlebt – sondern wann“, sagt Frederic Schorndorfer. Der Experte rechnet gar mit einer Preisexplosion, zumal sich die bisherige positive Entwicklung der Stadt seiner Ansicht nach noch nicht vollständig im Preis widerspiegele.

Im Neckarbogen entsteht ein neues Stadtquartier: Viele Gebäude stehen schon, noch immer wird fleißig gebaut. In der Spitze kostet der Quadratmeter Wohnraum hier 8000 Euro.
Im Neckarbogen entsteht ein neues Stadtquartier: Viele Gebäude stehen schon, noch immer wird fleißig gebaut. In der Spitze kostet der Quadratmeter Wohnraum hier 8000 Euro.  Foto: Seidel, Ralf

Zwar taucht die Stadt am Neckar in bekannten Rankings in Sachen Wachstum und Dynamik regelmäßig auf den vorderen Rängen auf. „Aber Stand jetzt spielt Heilbronn noch im unteren Mittelfeld. In fünf, sechs Jahren aber in der Champions League“, sagt Schorndorfer. Spitzenpreise für Neubauwohnungen im Neckarbogen von derzeit 8000 Euro pro Quadratmeter dürften nach seinen Schätzungen die Vorboten für diese Entwicklung sein.

Immobilien-Experte: Nachfrage nach Mietwohnungen wird in Heilbronn stark ansteigen

In anderen Stadtteilen haben sich die Kaufpreise nach einer Phase des Rückgangs auf einem moderaten Niveau eingependelt. Laut aktuellem Immobilienmarktbericht 2025 des Gutachterausschusses Heilbronn müssten Käufer für Eigentumswohnungen im Stadtgebiet im Schnitt zwischen 3000 und 4000 Euro pro Quadratmeter hinblättern. Dabei werde es kaum bleiben. Angesichts eines starken Bevölkerungszuwachses in der Region – am Ipai entstehen 5000 Arbeitsplätze, die Zahl der Studierenden soll von jetzt 8000 auf 20.000 ansteigen – wird auch die Nachfrage nach Mietwohnungen steigen. „Statt 40 Anfragen auf ein Mietangebot könnten es dann 140 sein“, schreibt der Immobilien-Fachmann.  

Der Heilbronner Frederic Schorndorfer, Sachverständiger für Immobilienbewertung, rechnet mit einer Preisexplosion auf dem Wohnungsmarkt in seiner Heimatstadt.
Der Heilbronner Frederic Schorndorfer, Sachverständiger für Immobilienbewertung, rechnet mit einer Preisexplosion auf dem Wohnungsmarkt in seiner Heimatstadt.  Foto: privat

Heilbronn vor einer Preisexplosion: Für Immobilien-Ökonom Martin Werner eine steile These. „Die würde ich mit einem dicken Fragezeichen versehen“, sagt der Experte von der Maklergruppe Werner Immobilien aus Heilbronn. Stadtverwaltung, Schwarz-Gruppe und Ipai-Vertreter hatten Anfang Juli über die Projekte und die Folgen für die Stadt aus erster Hand berichtet. „Der Tenor war: Man muss abwarten, ob wirklich massiv Arbeitsplätze entstehen oder ob es sich nur um Verschiebungen handelt“, fasst Werner zusammen.

Zudem, sagt der Immobilien-Experte, dürfe man auch die Gegenbewegung nicht vernachlässigen: Aktuell bauen viele Mittelständler in der Region Stellen ab, KI ersetze in manchen Bereichen Menschen. „Wir müssen abwarten, was am Ende tatsächlich als Summe unterm Strich steht.“ Mit Blick auf das zu erwartende Bevölkerungswachstum ist auch die Stadt vorsichtig. Bis 2030 rechnet Heilbronn mit einem Plus von 4400 Menschen. „Das sind im Schnitt  etwa 730 Personen pro Jahr“, sagt Thomas Hille von der Stabsstelle Strategie und Stadtentwicklung. In den Jahren danach nehme das Wachstum sogar ab.

Bei Bestandswohnungen darf die Miete nicht sprunghaft steigen

Dass es eine verstärkte Nachfrage nach Mietwohnungen geben wird, zweifeln Hille und Werner nicht an. Aber einen sprunghaften Preisanstieg könne es indes nicht geben. „Bei Bestandswohnungen gibt es starke Regularien“, sagt Immobilienökonom Werner mit Blick auf die Mietpreisbremse. Bestandsmieten „dürfen innerhalb von drei Jahren nur um maximal 15 Prozent erhöht werden“, gibt auch Hille zu bedenken. Bei Neuvermietungen darf die Miete laut Rechtsverordnung maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete steigen.

Bliebe einzig der Neubau: Doch der ist nach wie vor tot, sagt Martin Werner. Vom Neckarbogen abgesehen. Vor der Bürotür von Frederic Schorndorfer wird fleißig gebaut. Die dortigen Spitzenpreise können sich allerdings nur wenige Menschen leisten.

Um dem Druck auf den Wohnungsmarkt infolge des Bevölkerungswachstums zu begegnen, wird die Stadt zeitlich passend entsprechende Bauflächen ausweisen, sagt Thomas Hille. Und zwar so, dass „eine Menge von Bauland entsteht, die dem entspricht, was Verkäufer anbieten wollen und Käufer bereit sind zu erwerben – zu einem Preis, der für beide Seiten akzeptabel ist“. Um weiter preiswerten Wohnraum bereitstellen zu können, habe sich die Stadtsiedlung Heilbronn zudem eine selbstverpflichtende Quote von 30 bis 40 Prozent geförderten Mietwohnungsbau gegeben, heißt es.

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