Müller Milch schließt Heilbronner Joghurtwerk – "Enormer Verlust für den Wirtschaftsstandort"
Nicht einmal ein Jahr nach der offiziellen Übernahme zieht Müller Milch sich wieder zurück. Bis 2026 sollen die Traditionsstandorte Heilbronn und Schefflenz geschlossen werden. Aber auch Friesland-Campina geht es nicht gut.

Nicht mal ein Jahr nach der Müller-Übernahme soll das traditionsreiche Heilbronner Joghurt-Werk soll geschlossen werden. Das verkündete am Mittwoch die Unternehmensgruppe Theo Müller auf einer Belegschaftsversammlung. Geschlossen werden soll auch das Schichtkäsewerk in Schefflenz. Mehr als 400 Mitarbeiter sind betroffen, davon knapp 20 in Schefflenz. Der Betrieb werde bis Mitte 2026 schrittweise eingestellt.
Die Auslastung ist bereits zurückgegangen
In Heilbronn wird vor allem Joghurt der Marke Landliebe hergestellt. Die Milchreisproduktion wurde im vorigen Jahr an die Hochwald-Molkerei mit Sitz in Thalfang im Hunsrück abgegeben. Betriebsratsvorsitzender Achim Steinbach berichtet, dass die Auslastung in den vergangenen Wochen bereits zurückgegangen sei. Eine Ursache könne sein, dass der Müller-Konzern bei Verhandlungen mit dem Lebensmittelhandel hart bleibe und nicht zu jedem Preis liefern wolle. Dennoch habe es keine Signale einer drohenden Schließung aus dem Unternehmen gegeben. "Ein Teil hat es eventuell vermutet", erzählt er. Die Einladung zur Versammlung sei sehr kurzfristig gekommen.
Müller-Konzern verweist auf hohe Kosten
Begründet wird die Schließung in einer Mitteilung des Konzerns mit den Kostenstrukturen an den Standorten Heilbronn und Schefflenz, die keine wettbewerbsfähige Produktkalkulationen zuließen. "Zusätzlich besteht am Standort Heilbronn ein enormer Investitionsbedarf, der die Situation weiter verschärft." Cornelia Heiser, als Managing Director für das Landliebe-Geschäft verantwortlich, erläutert: "Eine umfassende wirtschaftliche Analyse hat ergeben, dass die beiden Produktionsstandorte unter diesen Voraussetzungen keine Perspektive haben, aus den tiefroten Zahlen zurück in ein langfristig profitables Geschäft zu kommen. Das Produktportfolio werden wir in andere deutsche Standorte der Unternehmensgruppe integrieren." Mit dem Betriebsrat würden Gespräche über eine sozialverträgliche Lösung aufgenommen.
NGG-Chef: "Wir werden das nicht kampflos hinnehmen."
Uwe Hildebrandt, Landesvorsitzender der Gewerkschaft NGG, kündigte Widerstand an. "Die Nachricht hat uns überrascht", sagte er. "Wir werden das nicht kampflos hinnehmen. Wir haben kein Verständnis für diesen Schritt, zumal die Beschäftigten ihren Beitrag zum Erhalt des Werks geleistet haben." Als Friesland-Campina den Standort zum 1. April vergangenen Jahres an Müller abgab, war das Werk aus der Tarifbindung ausgetreten. Der langjährige Heilbronner NGG-Sekretär Burkhard Siebert, der erst im Sommer in den Breisgau gewechselt ist, reagierte ebenfalls überrascht. Das Heilbronner Werk habe gute Produkte und eine hohe Kompetenz. "Müller schien Interesse gerade an diesem Standort zu haben."
Heilbronns OB Mergel: "Enormer Verlust für den Wirtschaftsstandort"
"Der angekündigte Rückzug wäre ein enormer Verlust für den Wirtschaftsstandort Heilbronn", sagte der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel. "Ich bedauere die angekündigte Schließung des Heilbronner Landliebe-Werks außerordentlich."
Steinbach kündigte an, dass der Betriebsrat nun einen Sachverständigen hinzuziehe, um die wirtschaftlichen Zahlen prüfen zu lassen. "Dann werden wir in die Gespräche gehen", sagte er.
Rote Zahlen bei Friesland-Campina
Der ehemalige Standortbetreiber Friesland-Campina hat im abgelaufenen Jahr trotz des Verkaufs eines Großteils seines Deutschland-Geschäfts rote Zahlen geschrieben. Insgesamt fiel ein Verlust von 149 Millionen Euro an, teilte der Vorstand am Mittwoch mit. Hauptursache seien niedrige Marktpreise, denen höhere Garantiepreise für die Mitglieder gegenüber standen, hieß es. Friesland-Campina will daher in den nächsten zwei Jahren etwa 1800 Stellen abbauen.