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Gaskraftwerk Heilbronn soll 2026 in Betrieb gehen: Viele Fragezeichen beim Wasserstoff

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2026 läuft der Betrieb im Heilbronner Kohlekraftwerk aus - ein Gaskraftwerk soll anschließend einspringen. EnBW-Technik-Vorstand Georg Stamatelopoulos spricht im Interview über dessen Zukunft und über die Erwartungen beim Thema Wasserstoff.

Das Kohlekraftwerk Heilbronn soll 2026 abgeschaltet werden. An seine Stelle tritt dann ein Gaskraftwerk.
Das Kohlekraftwerk Heilbronn soll 2026 abgeschaltet werden. An seine Stelle tritt dann ein Gaskraftwerk.  Foto: Andreas Gugau

Zurzeit ruht der Betrieb in Block 7 des Kohlekraftwerks Heilbronn − gezwungenermaßen, nachdem Teile des Rauchgaskanals vor einigen Wochen eingebrochen sind. Während die Reparatur vorbereitet wird, steht bereits fest, dass 2026 der Betrieb ausläuft und ein neues Gaskraftwerk einspringen soll. Zuständig ist dafür Georg Stamatelopoulos, Vorstand bei der EnBW für "Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur".


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Herr Stamatelopoulos, in Heilbronn soll ein Gaskraftwerk entstehen. Wie ist der Stand der Dinge?

Georg Stamatelopoulos: Wir haben Ende des Jahres den Spatenstich geplant, einen genauen Termin gibt es noch nicht. Wir gehen davon aus, dass wir 2026 in Betrieb gehen.

 

Das Kraftwerk soll Wasserstoff verbrennen können. Wann ist es so weit − und gibt es die Technik dafür schon?

Stamatelopoulos: Die Technik, die wir jetzt installieren, kann einen gewissen Wasserstoff-Anteil verbrennen. Der Hersteller hat uns versichert, dass mit sehr wenigen Anpassungen in und um die Brennkammer dieselbe Anlage 100 Prozent wasserstofffähig ist. Die zusätzlichen Kosten für den Umbau wurden in der Investitionsentscheidung bereits berücksichtigt. Wir erwarten, dass Wasserstoff ab Mitte der 30er Jahre auf den internationalen Märkten und aus Eigenproduktion in Deutschland verfügbar sein wird, falls es früher klappt, umso besser.

 

Zumal ja auch die Industrie großen Bedarf hat…

Stamatelopoulos: Wenn ein großes Industriezentrum, das Wasserstoff benötigt, in der Nähe ist, wird es auch mit dem Anschluss an ein Wasserstoff-Netz schneller gehen. Das Dilemma ist, dass wir diese disponible Leistung brauchen: Wir benötigen Anlagen, die ständig zur Verfügung stehen und nicht wetterabhängig produzieren. Aus den Erfahrungen der letzten 15 Jahre mit Wind- und PV-Anlagen haben wir festgestellt: Wenn es eine Flaute gibt, wird sie nicht innerhalb Deutschlands kompensiert. Ich sehe einen Anspruch der Energieversorgung auf Wasserstoff. Wenn das nicht funktioniert, werden wir zur Not länger bei Gas bleiben müssen. Wir haben keine andere Alternative nach dem Ausstieg aus Kernenergie und Kohle.

 

Wie unterscheidet sich die Leistung von Gas und Wasserstoff?

Stamatelopoulos: Gas hat einen circa vier Mal so hohen Heizwert wie Wasserstoff. Man braucht also das vierfache Volumen Wasserstoff für denselben energetischen Ertrag.

 

Mit welchen Einsatzzeiten rechnen Sie?

Stamatelopoulos: Das ist schwierig zu sagen. Wir haben hier eine Anlage, die auch Fernwärme für den Industriestandort Heilbronn produzieren wird. Wir werden im Bereich von wenigen tausend Stunden sein. Der Heilbronner Block 7 läuft in der Regel 4000 bis 5000 Stunden pro Jahr, beim neuen Gaskraftwerk wird es weniger sein.

 

Reichen drei Gaskraftwerke in Baden-Württemberg plus Marbach?

Stamatelopoulos: Man muss das andersherum sehen. Im künftigen Energiesystem tragen die erneuerbaren Energien die Grundlast. Diese haben Vorrang bei der Einspeisung und werden die meiste Energie liefern. Von daher werden die Gasanlagen nur wenige Stunden pro Jahr gebraucht, so dass ich glaube: Ja, es passt. Diese Anlagen sind kurzfristig einsetzbar und können sich gut bei Laständerungen den Erneuerbaren anpassen.

 

Welche Pläne haben Sie für Ihre anderen Kohle-Standorte?

Georg Stamatelopoulos
Georg Stamatelopoulos  Foto: Privart

Stamatelopoulos: Für unseren Standort Karlsruhe überlegen wir einen ähnlichen Fuel Switch wie in Heilbronn. Wir sind noch in der Konzeptphase und die Anlage muss wirtschaftlich sein, um die Investition zu beschließen. Bei den anderen Standorten haben wir Partner, so dass wir diese Diskussion zunächst mit ihnen führen wollen. Insgesamt haben aber existierende Standorte einen Vorteil: Sie haben Netz- und Brennstoffanschluss sowie qualifiziertes Personal. Diese Standorte haben deutschlandweit eine Zukunft und werden für den Bau von Gasturbinen oder zur Wasserstoffproduktion genutzt werden können. Im Großen und Ganzen ist es nicht klug, solche Standorte aufzugeben.

 

Also werden Kohlekraftwerke umgewidmet für Wasserstoffproduktion?

Stamatelopoulos: Ja, es gibt solche Überlegungen. Es geht aber um die Standorte, nicht um die Kraftwerke. Bei Wasserstoff stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit, und das ist noch schwer zu greifen. Wir haben noch kein Gefühl dafür, auf welchem Niveau sich der Markt einpendeln wird. Da spielen viele Faktoren mit hinein, etwa ob blauer Wasserstoff preislich und qualitativ wie grüner Wasserstoff gewertet wird. Wenn nur grüner Wasserstoff verwendet werden darf, wird es teurer, was sich auch auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Wenn man die Transformation schnell vollziehen will, sollte man in einem ersten Schritt auch blauen Wasserstoff zulassen, der also an der Quelle dekarbonisiert wird. Das heißt, dass direkt an den Gasfeldern das CO2 abgeschieden wird.


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Block 7 in Heilbronn ist zurzeit schwer beschädigt. Wie ist der Stand der Dinge?

Stamatelopoulos: Wir wollen bis Ende des Monats zwei Dinge erreichen: zum einen die statische Absicherung fertig stellen, um im Block sicher arbeiten zu können. Und zweitens wollen wir bis dann wieder in der Lage sein, Fernwärme für unsere Industriekunden zu produzieren. Aktuell sind wir im Plan. Punkt eins ist auch Voraussetzung, damit wir den Block räumen und mit der Sanierung anfangen können. Wir haben bereits Firmen für die Sanierung beauftragt. Ziel ist, dass wir zum Winter 2023 wieder in Betrieb kommen. Die Fernwärmeversorgung wird bis dahin über Hilfsdampferzeuger sichergestellt.

 

Kann das Gebäude inzwischen betreten werden und was kann man zur Ursache sagen?

Stamatelopoulos: Nein. Es haben zwar einige Arbeiten stattgefunden, aber erst Ende April wird die Statik gesichert sein.

 

Wie geht es mit der Klärschlammverbrennung in Walheim weiter?

Stamatelopoulos: Wir führen das Projekt weiter. Wir haben eine Genehmigung beantragt und gehen davon aus, dass wir sie bekommen. Es gibt einen gesetzlichen Auftrag, künftig den Klärschlamm ohne Verlust der Wertstoffe zu verwerten. Das ist eine Aufgabe, die jede Kommune zu lösen hat. Spätestens 2029 steht kein anderer Weg mehr zur Verfügung.

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