Heilbronner Kraftwerksgelände bleibt ein Energiestandort
Eine Infoveranstaltung von Stadt Heilbronn und EnBW zur geplanten Gasturbine am Neckar stößt ausgerechnet bei Kritikern auf eher wenig Resonanz. Dabei wurden zahlreiche neue Fakten geliefert.

Im zweiten Halbjahr des kommenden Jahres sollen die Bauarbeiten für das geplante Gaskraftwerk Heilbronn beginnen. Das kündigte Jens Rathert von der Projektleitung des Betreibers EnBW am Donnerstagabend (08.12.2022) in einer Online-Infoveranstaltung an. Eingeladen hatten die Stadt Heilbronn und der Energiekonzern, zugeschaltet hatten sich am Ende etwa 30 Bürger.
Umweltschützer üben Kritik
Dass die EnBW für etwa 500 Millionen Euro eine Gasturbine neben dem Kohlekraftwerk errichten will, fanden im Vorfeld nicht alle gut. Kritik äußerten etwa das Aktionsbündnis Energiewende und der BUND Heilbronn, nachdem der Heilbronner Gemeinderat vor wenigen Wochen dem Projekt grundsätzlich zugestimmt hatte. "Mit dem Weiterbetrieb des Atomkraftwerks in Neckarwestheim und nun den Plänen für das neue Erdgaskraftwerk in Heilbronn bekommt das klimapolitische Image unserer Region tiefe Kratzer", sagte damals Daniel Knoll vom Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn. Indes - in der Infoveranstaltung stellte bloß der Heilbronner BUND-Vorsitzende Jürgen Krüger teil mehrere kritische Fragen.
"Wir brauchen regelbare Kraftwerkseinheiten."
Dabei machte Andreas Pick, Gesamtprojektleiter bei der EnBW, deutlich, dass an dem Bau der Turbine - parallel zu zwei weiteren solcher Anlagen an den Kohlekraftwerken Altbach-Deizisau und Stuttgart-Münster - kein Weg vorbeiführe: "Erneuerbare sind volatile Energieformen. Dass eine Anlage da ist, heißt noch lange nicht, dass auch Energie zur Verfügung steht, wenn Bedarf da ist." Wenn nachts kein Wind wehe, werde weder Strom aus Wind- noch aus Solarenergie erzeugt.
Auf der anderen Seite brauche Deutschland derzeit in der Spitze 80 Gigawatt Strom pro Stunde, während die Kapazitäten aller Erneuerbaren 64 Gigawatt betragen und in der Spitze bislang nur 47 Gigawatt erreicht wurden - und im schlechtesten Fall 0,14 Gigawatt. "Da wird klar, dass wir regelbare Kraftwerkseinheiten brauchen", sagte Pick. Biomasse stehe aber nur in begrenzter Menge zur Verfügung, und Batteriespeicher bräuchten extrem viel Material, angefangen bei Lithium. "Unsere Heilbronner Kraftwerksbatterie kann Block 7 des Kohlekraftwerks für gerade einmal 30 Sekunden ersetzen", mahnte Pick. Kurzum: "Die Alternativen tragen einfach nicht."
Hinzu komme der gewaltige Zubau, der nötig ist, um die selbstgesteckten Ziele Deutschlands zu erreichen: Künftig müssten jeden Tag 117 Fußballfelder mit Photovoltaikanlagen bebaut und sieben Windräder errichtet werden, rechnete er vor. Alleine für die Stadt Heilbronn müssten bis zu 200 Fußballfelder mit Modulen für Solarthermie belegt werden.
Dennoch will die EnBW das Kohlekraftwerk 2026 abschalten. "Bis dahin haben wir die Gasmangellage hinter uns", meinte Pick. Dann soll das Gaskraftwerk in Betrieb gehen mit einer elektrischen Leistung von 680 Megawatt und einer thermischen Leistung von 190 Megawatt für Fernwärme.
Mehrheit im Gemeinderat sah viele Vorteile
Aus Sicht der Stadt ergeben sich aus dem neuen Kraftwerk zahlreiche Vorteile, erklärte Tilmann von Frantzius vom Planungs- und Baurechtsamt: Die Luftqualität verbessere sich, es werde weniger CO2 ausgestoßen und es soll auf Wasserstoff umgestellt werden - eine Beimengung von 20 Prozent sei von Anfang an möglich. Das habe die große Mehrheit des Gemeinderats veranlasst, dafür zu stimmen.
Offen bleibt, was nach dem Ende des Kohlekraftwerks mit den alten Gebäuden geschieht. Dazu soll die EnBW ein Nachnutzungskonzept erarbeiten, heißt es im Gemeinderatsbeschluss. "Es wird aber wohl ein Energiestandort bleiben", sagte Christian Schwarz von der EnBW. "Und es wird wahrscheinlich ein eigenes Projekt sein. Es wird jedenfalls keine Industrieruine geben."
Weiterer Zeitplan
Noch bis zum 9. Januar liegen die Planungsunterlagen für das Gaskraftwerk aus. Sie können beim Bürgeramt Neckargartach, im Technischen Rathaus Heilbronn und online eingesehen werden. Einwendungen werden beim Satzungsbeschluss im zweiten Quartal 2023 beraten.