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Wo sind die Fachkräfte in der Gastronomie hin? Gewerkschaft fordert bessere Arbeitsbedingungen

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Gewerkschaft NGG fordert bessere Arbeitsbedingungen in der Gastronomie und zudem einen höheren Mindestlohn. Der müsse dann aber auch kontrolliert werden.

Der Anteil der Helfer an den Beschäftigten sei von einem Fünftel im Jahr 2013 auf inzwischen fast die Hälfte gestiegen.
Der Anteil der Helfer an den Beschäftigten sei von einem Fünftel im Jahr 2013 auf inzwischen fast die Hälfte gestiegen.  Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG warnt, dass immer mehr Fachkräfte in Deutschland durch Hilfskräfte ersetzt werden – auch und besonders in der Gastronomie. "Die Lohnuntergrenze ist für viele Beschäftigte zum Standard geworden", sagte der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler bei einer Pressekonferenz am Rande des Gewerkschaftstags in Bremen.

Insgesamt, so zeigt eine Untersuchung des Pestel-Instituts aus Hannover im Auftrag der NGG, arbeiten derzeit zehn Millionen Arbeitnehmer in Deutschland für Stundenlöhne von 14 Euro und darunter. Damit ist der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor in Deutschland überdurchschnittlich hoch, wie der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther, betont. Dazu komme, dass wegen der geburtenschwachen Jahrgänge insgesamt immer weniger Azubis ausgebildet würden.

Gewerkschaft warnt vor Kettenreaktion: "Azubis von heute sind die Fachkräfte von morgen"

Günther hat im Gastgewerbe eine besondere Situation ausgemacht: Der Anteil der Helfer an den Beschäftigten sei von einem Fünftel im Jahr 2013 auf inzwischen fast die Hälfte gestiegen. Die Frage, ob Fachkräfte die Gastronomie verlassen haben oder ob sie aktiv durch die günstigeren Minijobber ersetzt wurden, das sei nicht so leicht zu beantworten, erklärt der Institutsleiter. Bekannt sei nur, dass viele Beschäftigte die Branche in Richtung Einzelhandel verlassen hätten, wo die Arbeitszeiten besser seien. "Das hat eine Dramatik."

Die Gewerkschaft warnt vor einer Kettenreaktion, die jetzt in Gang gesetzt werden könnte. "Die Azubis von heute sind die Fachkräfte von morgen", sagt die stellvertretende NGG-Vorsitzende Claudia Tiedge. Zu viele junge Menschen machten keine Ausbildung, zu viele brächen Ausbildungen sogar ab. Die Gewerkschafter werben deshalb dafür, die Arbeitsbedingungen insgesamt wieder attraktiver zu gestalten.


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Explizit kämpft die NGG nicht für eine Arbeitszeitverkürzung, doch Gewerkschaftschef Zeitler betont, wie wichtig gerade in der Gastronomie Verbesserungen bei den Arbeitszeiten seien. "Unsere Umfragen haben gezeigt, dass noch immer viele Menschen die Branche verlassen wollen."

Direkten Einfluss hat die Gewerkschaft nur auf die eigenen Branchentarife, nicht aber auf den Mindestlohn. Doch auch dort sieht die NGG großen Handlungsbedarf. Generell dürfe der Abstand zu den Tariflöhnen nicht zu groß sein. Außerdem führten Löhne in dieser geringen Höhe automatisch zu Renten, die ebenfalls unterhalb des Existenzminimums liegen. "Perspektivisch muss der Mindestlohn deshalb auf 14 Euro steigen", forderte Zeitler.

"Perspektivisch" und nicht sofort gelte vor allem deshalb, weil die Mindestlohnkommission sich bereits auf die Anpassungen für 2024 und 2025 festgelegt habe – "und zwar gegen die Stimmen der Gewerkschaften".

Unter dem Mindestlohn-Niveau: Betriebe fordern unbezahlte Überstunden

Ein weiteres Problem hat das Pestel-Institut untersucht: Betriebe unterlaufen den Mindestlohn, beispielsweise indem sie unbezahlte Überstunden einfordern oder Minijobbern keine Urlaubstage gewähren. Hier wertete das Institut die Anzahl der Zollkontrollen, der Personalausstattung der Behörden und viele andere Punkte aus.


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Die Zahlen zeigen: Betriebe in Baden-Württemberg müssen damit rechnen, alle 37 bis 39 Jahre von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls geprüft zu werden. Bei Gastronomiebetrieben liegt das Risiko höher: Alle 15 Jahre schauen die Kontrolleure hier im Schnitt vorbei. "Auch das ein kalkulierbares Risiko, das viele Unternehmen in Kauf nehmen", betont die NGG.

Sie fordert deshalb eine bessere Personalausstattung der Behörde. Dem Staat und den Sozialkassen entgingen auf diesem Wege dreistellige Millionenbeträge – und das sei nur die sichtbare Spitze des Eisbergs.

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