Stimme+
Region
Lesezeichen setzen Merken

Der Schaden des Corona-Oster-Lockdowns

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Finanziell kostet ein zusätzlicher Feiertag Milliarden, vor allem aber kostet er Vertrauen. Verbandsvertreter und Unternehmenslenker kritisieren die kurzfristige Entscheidung von Bund und Ländern mit überraschend deutlichen Worten.

Update (24.03.2020, 12.15 Uhr): Die erst wenige Stunden alte und hoch umstrittene Corona-Osterruhe wird es nicht geben. Die Kanzlerin macht einen Rückzieher und übernimmt die Verantwortung für die Verwirrung.


 

 Foto: Stefan Sauer (dpa-Zentralbild)

Ein zusätzlicher Ruhetag am 1. April soll helfen, die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Wie genau dieses Ergebnis der Runde im Kanzleramt von den Ländern jetzt umgesetzt wird, ist derzeit noch offen. In der Wirtschaft gibt es unter jenen, die sich überhaupt dazu äußern wollen, keinerlei Verständnis für die Maßnahme.

Vieles ist unklar, die Unsicherheit ist groß

Unklar ist, was die erweiterte Osterruhe bedeutet. Ist der Gründonnerstag ein Feiertag? Wird Arbeitnehmern, die nicht arbeiten, ein Urlaubstag abgezogen? Der Landesregierung in Stuttgart dürfte es an diesem Dienstag kaum noch möglich sein, auf solche Fragen verbindliche Antworten zu finden. Sicher scheint nur, dass während der erweiterten Osterruhe möglichst nicht gearbeitet werden soll.

"Das ist eine nicht zu Ende gedachte Flickschusterei sondergleichen, und das ausgerechnet zum 1. April", sagt Jörg Ernstberger, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall in Heilbronn-Franken. Die jetzt entstandene Verunsicherung bei Unternehmen und auch unter Arbeitnehmern sei riesig.

 

Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Einstellungen anpassen

 

An den Zielen vorbei

Die möglichen Ziele der Maßnahme - dass sich weniger Menschen im Supermarkt aufhalten, sich weniger privat treffen, dass sie weniger verreisen - seien durch die Regelung kaum zu erreichen.

Stattdessen würde der Gründonnerstag als zusätzlicher freier Tag allein die Metall- und Elektroindustrie in Deutschland rund 4,45 Milliarden Euro Umsatz und etwa eine Milliarde Euro an Entgelten kosten, hat der Arbeitgeberverband errechnet.


Mehr zum Thema

Stimme+
Region
Lesezeichen setzen

Kommentar zum Oster-Lockdown: Weniger als nichts


Eine "Politik ohne Rückgrat"

Deutlich wird auch Ziehl-Abegg-Chef Peter Fenkl: "Ich bin sicher, dass unsere Arbeitnehmer während der Arbeitszeit deutlich besser geschützt sind, als wenn sie sich privat treffen."

Wenn man einerseits die Mitarbeiter auf dem Weg zur Arbeit kontrolliere und mit 200 Euro Bußgeld belege, wenn sie sich zu zweit ohne Maske in einem Auto befinden, gleichzeitig aber 20.000 Querdenker unbehelligt demonstrieren lasse, dann sei das "Politik ohne Rückgrat". Da passe die Entscheidung zum kurzfristig verordneten Ruhetag dazu. "So dürfte ich ein Unternehmen nicht führen", so Fenkl.

Unternehmen betreiben viel Aufwand, um Infektionen zu verhindern

In 13 Monaten wurden bei Ziehl-Abegg unter den 2400 Mitarbeitern im Hohenlohekreis knapp 100 Infektionen registriert, kaum eine davon habe am Arbeitsplatz stattgefunden, soweit man das beurteilen könne. "Wir betreiben viel Aufwand, um hier für Sicherheit zu sorgen", sagt Fenkl. Da sei diese Entscheidung zumindest sehr bedauerlich. "Wir haben schließlich wirtschaftliche Verpflichtungen gegenüber unseren Kunden."

Andere Unternehmen wollen sich teils nicht öffentlich äußern, zeigen sich aber hinter vorgehaltener Hand ratlos. Der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden (WVIB) warnt vor unterbrochenen Lieferketten, durchkreuzten Arbeits- und Schichtplänen. „Die Unternehmer laufen bei uns Sturm wie noch nie zuvor“, sagt WVIB-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer. Beim Schraubenhändler Würth in Künzelsau gibt man sich diplomatisch: „Selbstverständlich halten wir uns an die Vorgaben“, teilt eine Sprecherin mit. Das Unternehmen wartet, ebenso wie der Autobauer Audi in Ingolstadt auf die Details der Entscheidung.  


Mehr zum Thema

Das diesjährige Osterfest findet unter strengen Corona-Regeln statt.
Stimme+
Berlin
Lesezeichen setzen

Ostern in der Pandemie: Das sind die neuen Corona-Regeln


 

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung

am 24.03.2021 07:01 Uhr

Einfach unglaublich, stundenlang debattieren und dann etwas beschließen ohne zu wissen ob und in welcher Form das überhaupt durchführbar ist. Der einzige Effekt der klar absehbar ist, ist eine weitere Schädigung der Wirtschaft. Wenn die Unternehmen genauso agieren würden wären die meisten wohl schon insolvent.

Wer glaubt denn noch an die Wirksamkeit der Maßnahmen ? Ich persönlich kenne niemand der daran glaubt und nicht über die Unfähigkeit der Regierung schimpft. Das was wirklich hilft das eigentliche Problem, nämlich die Überlastung der Intensivstationen zu bekämpfen, hat die Regierung schon erkannt. Impfen, Impfen, Impfen wie Merkel (als einziges) richtig sagt, scheitert an der unglaublichen Unfähigkeit dieser Regierung genügend Impfstoff zur Verfügung zu stellen. Stattdessen wird die ohnehin zu knappe Impfstoffressource nun mit absolut lächerlichen 20 Dosen pro Woche den Hausärzten zur Verfügung gestellt.

Dadurch werden nicht mehr Menschen geimpft. Aber Hauptsache Merkel und die Ritter der Schwafelrunde haben wieder bahnbrechende Verbesserungen von sich gegeben.

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()

Isolde Grossmann am 23.03.2021 20:50 Uhr

Ich denke, wir müssen in unserer Gesellschaft bald eine Wertedebatte führen. Geht es hier nur noch um Umsatzverluste, um Gewinnmaximierung, gönnen wir den Arbeitnehmern nicht mal einen freien Tag? Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind es, die Wertschöpfung überhaupt erst ermöglichen. Es sind Menschen, die sich jeden Tag anstrengen und keine bloßen Kostenfaktoren und gefällige Konsumenten. Wir Bürgerinnen und Bürgen dienen nicht der Industrie und den Unternehmen, umgekehrt wird ein Schuh daraus.

Das ewige Gejammer der Gastwirte hat auch andere Gründe. Grundlage für die Entschädigungen sind die offiziellen Umsatzsteuermeldungen an das Finanzamt im Vorjahr. Haben einige, die am lautesten schreien, jetzt vielleicht ein persönliches Problem damit, ein Eigentor? Kurzarbeitergeld erhält nur, wer in einem sozialversicherungspflichten regulären Arbeitsverhältnis stand, für geringfügig Beschäftigte und Schwarzarbeiter gibt es nichts. Wieder ein selbst hausgemachtes Problem.

Und wenn jetzt ein ehemaliger Stadtrat und Gastwirt sich dermaßen gehen läßt und auch noch auf die Verwaltung schimpft, die doch die ganze Zeit über den Karren zieht und alles am Laufen hält: Jämmerlich! Klar, wer sich nicht an Regeln halten möchte, schimpft jetzt auf die Verwaltung, die nur ihre Arbeit tut, und das wirklich sehr gut. Niemand geht in die Verwaltung, um reich zu werden. Verantwortiche in der Verwaltung erleben seit Jahren, wie schwer es ist, Fachkräfte als Tarifbeschäftigte zu gewinnen und zu halten.

Die vorstehenden Beiträge von Arbeitgebern können unsere Gesellschaft weiter spalten, heute sind es pauschal die Politiker, morgen der öffentliche Dienst, Sündenböcke werden gesucht und gefunden, Egoismus pur. Das erinnert mich stark an Rassismus. Ich frage mich, warum diese Leute nicht selbst über ihren Tellerrand hinausdenken und endlich Verantwortung übernehmen für unsere Gesellschaft und unser Gemeinwesen. Es gibt wahrlich genug Möglichkeiten dafür.

Abschließend wünsche ich mir, das die HST dazu auch andere Stimmen aktiv einholt, beispielsweise von Arbeitnehmerinnen, Eltern, Rentnern, Ärztinnen und Klinikpersonal. Sonst hängt das Bild schief und die öffentliche Meinungsbildung wird von rücksichtslosen Lobbyisten und Populisten bestimmt.

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()

am 24.03.2021 06:13 Uhr

Sehr geehrter Herr Großmann,

zur Würde des Menschen gehört Arbeit um seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Ich bin es leid Kurzarbeiteranträge, Überbrückungshilfen und Soforthilfen beantragen zu müssen.

An keinem Tag in dieser Krise wurden wir vom Bürgermeisteramt in Abstatt, vom Landratsamt Heilbronn, vom Landtag oder auch vom Bundestag direkt informiert, Wir müssen jeden Monat die Kurzarbeitergehälter fast 4 Wochen lang vorschießen um diese pünktlich auszahlen zu können.

Da ich als Unternehmer keinen Verdienstausfall erhalte und die Krankenversicherung von mir und meinen Kindern sowie die laufenden monatlichen Kosten für unseren Betrieb, die über die staatlichen Hilfen hinausgehen decken muss, habe ich meine Altersversorgung in die ich seit 30 Jahren einbezahlt habe aufgelöst.

Ich warte seit einem dreiviertel Jahr auf die Genehmigung zur Erweiterung unserer Außengastronomie. (3 Tische mehr).

Trotz eines totalen Lockdowns in unserer Branche für 8 Monate wird es immer nur noch schlimmer während Industrie und große Discounter den Reibach machen, Sie unterschätzen, wie auch die Politik, den wirtschaftlichen Schaden und dessen Auswirkungen auf die Finanzkraft des Staates den das totale Schließen der Speisegastronomie und Hotellerie über diesen langen Zeitraum haben wird.

In Mallorca hungern Menschen, die dringend darauf angewiesen sind wieder im Tourismussektor arbeiten zu dürfen. Österreich, Portugal, Spanien, Südtirol, Griechenland und viele weitere Länder sind auf die Hotellerie und Gastronomie angewiesen.

Ja, uns in Deutschland geht es besser als vielen anderen Ländern auf der Welt. Noch stehen wir gut da, aber Millionen von Menschen in Deutschland möchten wieder selbst für Ihren Lebensunterhalt arbeiten. Und je länger diese Krise dauert um so mehr werden die Schwachstellen offenbar.

Ja, sie nennen es Egoismus, aber ich spreche für meine Branche, weil wir unsere Arbeit die ich seit über 40 Jahren mache, lieben. Dies ist das einzige wovon ich wirklich eine Ahnung habe. Und ich sage dies, weil meine Zweifel, dass die Opfer die unsere Branche gebracht hat etwas gegen diese Pandemie bewirkt zu haben, immer größer werden.

Jürgen Mosthaf

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()

am 23.03.2021 19:02 Uhr

5 Tage harter Lockdown über Ostern. Was für eine Lachplatte. Konzerne die für Zehntausende von Mitarbeitern Kurzarbeitergeld kassieren, Milliardengewinne machen, Dividende zahlen und auch noch Coronabonus ausschütten. Staatsdiener die keine Ahnung haben, was es bedeutet von 60 Prozent eines beschissenen Nettolohnes 8 Monate leben zu müssen. Ein immer weiter aufgeblähter Bundestag und Landtag in dem Vetternwirtschaft und Korruption Einzug gehalten haben. Hotellerie und Gastronomie hat inzwischen einen harten Lockdown von 8 Monate innerhalb eines Jahres hinter sich, Fehlende Impfdosen und ein heillos zerstrittener Impfgipfel. Immobilienpreise, Mieten, DAX und Bitcoin gehen abwechselnd durch die Decke und bei der EZB glüht die Eurodruckmaschine.

Wer glaubt den eigentlich noch, dass dies alles ein gutes Ende haben wird. Ich fühle mich langsam verarscht von Politik und Verwaltungen. Wir werden erst dann wieder gefragt, wenn es gilt den Sch...... wieder wegzuräumen.

Jürgen Mosthaf

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
  Nach oben