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Baden-Württemberg verbietet Abholangebote im Handel

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Der Einzelhandel hat sich sehnlichst Abholangebote für die Kunden gewünscht, damit das Weihnachtsgeschäft in den Innenstädten nicht komplett wegbricht. Aber die Landesregierung schiebt den Geschäften den Riegel vor. Einig sind sich Grüne und CDU dabei nicht.

von Michael Schwarz
Privatpersonen dürfen während des Lockdowns keine Waren bei Händlern selbst abholen. Hier soll es lediglich Ausnahmen für Gewerbetreibende geben.
Foto: dpa
Privatpersonen dürfen während des Lockdowns keine Waren bei Händlern selbst abholen. Hier soll es lediglich Ausnahmen für Gewerbetreibende geben. Foto: dpa  Foto: Sebastian Gollnow

Am Tag vor dem Beginn des harten Lockdowns ist die Stimmung in der grün-schwarzen Koalition angespannt. Bei der wöchentlichen Regierungspressekonferenz geraten dann auch mal Minister aneinander. Auf dem Podium macht sich Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) dafür stark, dass es beim Handel während des Lockdowns auch Abholangebote für Privatpersonen geben solle.

Minister geht Ministerin an

"Nein", geht Sozialminister Manne Lucha barsch dazwischen - und bekommt den Rücken gestärkt von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne). Der Regierungschef sagt, die CDU-Politikerin würde hier halt die Interessen der Ladenbesitzer vertreten. In Kreisen des Wirtschaftsministeriums heißt es anschließend, der Umgang mit der Ministerin sei ja wohl nicht die feine Art gewesen.


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Möglichkeiten für Händler

De facto ist es jetzt jedenfalls so, dass bis zum 10. Januar Händler lediglich vorbestellte Waren selbst ausliefern oder ausliefern lassen können. So sollen lange Menschenschlangen vermieden werden. "Es macht keinen Sinn, das, was sich im Geschäft abspielt, dann vor das Geschäft zu verlagern", so Kretschmann. Der Südwest-Handelsverband reagiert erzürnt und Hoffmeister-Kraut erklärt, dass zumindest für Handwerker und gewerbliche Betriebe Abholmöglichkeiten geschaffen werden sollen. Während des Lockdowns müssen die meisten Händler bis zum 10. Januar schließen. Ausgenommen sind unter anderem Lebensmittelgeschäfte, Drogerien oder Apotheken.

Mehr als 35.000 Entschädigungsanträge

Bei einem anderen Thema gibt es hingegen weniger Reibung. So sind beim Land seit dem Beginn der Corona-Pandemie mehr als 35.000 Entschädigungsanträge wegen Einnahmeausfällen gestellt worden. Dies erklärt Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) in der Antwort auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Boris Weirauch, die der Heilbronner Stimme vorliegt. Laut Lucha wurden vom Land (Stand 25. November 2020) seither Entschädigungsleistungen in Höhe von insgesamt rund 9,1 Millionen Euro ausbezahlt.

Rechtliche Regelung

Anspruch auf eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz haben Arbeitnehmer, Selbstständige und Freiberufler, die von einer behördlich angeordneten Quarantäne betroffen sind, genauso wie berufstätige Eltern, die durch die Betreuung ihrer Kinder wegen einer Schul- oder Kitaschließung nicht arbeiten können - und deshalb einen Verdienstausfall haben.

Dieser Anspruch greift aber nur, wenn das Kind nicht älter ist als zwölf Jahre - und es keine anderen Möglichkeiten der Betreuung gab. Beim aktuellen Lockdown sollen genügend Notbetreuungsangebote geschaffen werden. Der monatliche Höchstbetrag einer Entschädigungszahlung liegt bei 2016 Euro.


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SPD fordert Verbesserungen

Weirauch sieht hier großen Verbesserungsbedarf. "Die Entschädigungsanträge sind zu kompliziert und bis die Betroffenen die so nötige Unterstützung erhalten, dauert es viel zu lange", sagt er gegenüber unserer Zeitung. Teilweise hätten Betroffene das Geld im vergangenen März beantragt und bis heute "davon keinen Cent gesehen". Zudem sei es nicht nachvollziehbar, warum Selbstständige, die aufgrund des Ausfalls ihrer Beschäftigten ihren Betrieb zeitweise nicht weiterführen können, keine Entschädigung erhalten würden.

Die landesweit meisten Entschädigungsanträge mit mehr als 14.000 Fällen gab es bislang im Regierungsbezirk Stuttgart.

Insolvenzwelle befürchtet

Wegen des Lockdowns fürchtet der Handel eine noch viel größere Insolvenzwelle als bisher angenommen. Zuletzt ging der Südwest-Handelsverband davon aus, dass es infolge der Corona-Pandemie in Baden-Württemberg zu rund 6000 Insolvenzen und coronabedingten Geschäftsschließungen kommt. Inzwischen hat der Verband seine Schätzung nach oben korrigiert und verdoppelt. Tritt der schlimmste Fall ein, könne es zu rund 12?000 Insolvenzen und Schließungen kommen, erklärt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands. Sie fordert für die Betriebe Zuschüsse – in ähnlicher Dimension wie die Hilfen für die Gastronomen. 

 


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