Wie die Schwarz-Gruppe und SAP kooperieren und konkurrieren
Die beiden größten IT-Unternehmen in Baden-Württemberg sind zwar gegenseitig Kunden, machen sich aber immer häufiger auch Konkurrenz. Die Beispiele häufen sich.
Als Gerd Chrzanowski kürzlich zu einem seiner sehr seltenen Interviews bat, trafen die Kollegen der Süddeutschen Zeitung nicht nur auf den Konzernchef der Schwarz-Gruppe (der ja offiziell gar nicht mal so genannt werden darf). Ihm zur Seite stand ein alter Bekannter in der IT-Branche, eine schillernde Gestalt der Vertriebswelt. Bill McDermott hat schließlich neun Jahre lang den Walldorfer IT-Riesen SAP geleitet, bis er 2019 überraschend gehen musste und einige Zeit später beim US-IT-Konzern Servicenow den Chefsessel übernahm. Dort sitzt er noch immer – und hat nun starke Bande zur Schwarz-Gruppe geknüpft. Und dies läuft auf einen direkten Wettbewerb zu seinem früheren Arbeitgeber hinaus.
Erste geschäftliche Kontakte wurden bekannt, als Servicenow im Mai vorigen Jahres das Berliner Startup G2K komplett übernahm, an dem die Schwarz-Gruppe seit November 2021 etwa 20 Prozent hielt. Die Amerikaner sollen dafür einen hohen dreistelligen Millionenbetrag hingeblättert haben, hieß es seinerzeit. Für die Schwarz-Gruppe erwies sich das Kurzzeit-Engagement in die KI-Hoffnung, die Software vor allem für Handelsprozesse entwickelt, als lohnendes Geschäft.

Kooperation von Schwarz und SAP: Warum Chrzanowski und McDermott gemeinsam ein Interview geben
Und die Kontakte über den Atlantik blieben offensichtlich bestehen: In diesem Mai verkündeten Servicenow und Stackit, die von Schwarz entwickelt europäische Cloud, eine Partnerschaft: Servicenow wird in Zukunft auf der Cloud-Plattform der Schwarz-Gruppe betrieben. Beide Unternehmen kündigten außerdem an, weitere Innovationen im Bereich Geschäftsprozessmanagement auf den Markt zu bringen.
Streng genommen hatte das exklusive Pressegespräch von Chrzanowski und McDermott genau dieses Ziel: potenzielle Kunden auf die Angebote dieser Kooperation aufmerksam zu machen. Über die Ticker lief freilich nur die Zahl von 350.000 Cyberangriffen pro Tag auf die Schwarz-Gruppe – was zuvor schon Schwarz-Digits-Chef Rolf Schumann immer wieder mal Besuchern des Sicherheitszentrums auf dem Stiftsberg berichtet hat.
Stackit konkurriert nun mit der SAP-Cloud
SAP und Schwarz – das Verhältnis ist nicht nur durch die Person Bill McDermott ambivalent. Die Schwarz-Gruppe ist einer der großen Nutzer der SAP-Plattform S4 Hana. SAP beteiligt sich am KI-Park Ipai, der maßgeblich von der Schwarz-Stiftung finanziert wird. Im Stadion der TSG Hoffenheim werben SAP und Firmen der Schwarz-Gruppe, allen voran Namens-Sponsor Prezero, gemeinsam. Und doch: Auf der einen Seite hat die Schwarz-Gruppe 2019 den IT-Trendscout Rolf Schumann bei SAP abgeworben.
Auf der anderen Seite ist SAP nun mit einer eigenen europäischen Cloud auf den Markt gegangen und macht dem Schwarz-Produkt Stackit direkte Konkurrenz. Kunde bei Stackit zu werden, kam für die Walldorfer offenbar nicht infrage – Insider berichten, dass es da auch und vor allem um den Preis gegangen sein soll. Stattdessen hat der Dax-Konzern in eine eigene Cloud investiert, nachdem das europäische Projekt Gaia X, bei dem sich SAP ebenfalls engagiert hat, kaum noch vorankommt.
Zwischen Walldorf und Neckarsulm ist ohnehin der Wettkampf um junge IT-Talente entbrannt. Der große Campus bei Bad Friedrichshall soll schon bald mit Fachkräften gefüllt werden. Gerne auch mit solchen, die Erfahrung bei einem großen Konzern der Branche mitbringen. Walldorf ist wiederum innerhalb kurzer Zeit auch von Heilbronn aus zu erreichen. Debatten um die künftige Ausgestaltung des Homeoffice gibt es bei beiden Arbeitgebern. Es wird immer offensichtlicher: SAP und Schwarz haben viel gemeinsam. Sie brauchen sich auch gegenseitig. Aber von einer Freundschaft kann nicht unbedingt die Rede sein.