Keine Ausbildung bei Iwis Mechatronics: So kämpfen Schwaigerner Azubis um ihre Zukunft
Mit einer Unterschriftenaktion haben die Azubis von Iwis Mechatronics in Schwaigern für den Erhalt ihrer Ausbildungsplätze gekämpft. Die Solidarität in der Belegschaft ist groß.
Die Lage: schwierig. Die Hoffnung: äußerst gering. Und doch haben Betriebsrat und Auszubildende von Iwis Mechatronics nicht aufgegeben und setzen auf ein Umdenken der Geschäftsleitung des Automobilzulieferers aus Schwaigern. Bei einer gemeinsamen Protestaktion mit der IG Metall haben die Azubis am Donnerstag und Freitag im Betrieb für den Erhalt ihrer Ausbildungsplätze gekämpft. Mit einem Banner mit der Aufschrift "Keine Ausbildung? Keine Zukunft!" zogen sie durch den Standort in Schwaigern, um Unterschriften zu sammeln. "Viele der Kollegen haben uns gesagt, dass es ihnen sehr leid tut für uns", sagt Nadine Becker.
Die 27-Jährige ist eine von zehn Auszubildenden, denen die Geschäftsleitung noch vor Dienstantritt Anfang September die Kündigung spätestens mit Ende der viermonatigen Probezeit ausgesprochen hatte. "Wir können die Grundausbildung hier noch anfangen, damit wir nichts verpassen", sagt Angelika Schilling. Spätestens Ende des Jahres aber ist für die 19-Jährige, die sich zur Industriemechanikerin ausbilden lassen möchte, und ihre neun jungen Kollegen Schluss bei Iwis. Die anderen 26 Auszubildenden der älteren Jahrgänge können die Lehre zwar im Unternehmen beenden, dürfen aber grundlegend ebenfalls gehen.
Keine Ausbildung mehr bei Iwis Mechatronics: Lehrlinge kämpfen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze
Als Grund für den ungewöhnlichen Vorgang nannte das Unternehmen wie berichtet die wirtschaftlich schwierige Lage mit einer zurückgegangenen Nachfrage nach Produkten des Automobilzulieferers. Vor diesem Hintergrund könne man den "Auszubildenden leider keine langfristige Übernahme nach Abschluss der Ausbildung zusichern", hatte Daniel Melter, Geschäftsbereichsleiter Commercial, bereits mitgeteilt.
Nach Informationen der Heilbronner Stimme waren die Ursprungs-Pläne des Unternehmens noch viel weiter gegangen. Demnach hatte die Geschäftsleitung vor, die Ausbildungswerkstatt bis Ende des Jahres komplett dicht zu machen. "Aber das geht rechtlich nicht, auch deswegen ist man von diesem Weg wieder abgekommen", verrät Martin Stäbe. Dem Betriebsratsvorsitzenden fehlt jedes Verständnis für die Entwicklungen der letzten Wochen.
Wirtschaftliche Probleme bei Iwis Mechatronics: Betriebsrat sieht ohne Ausbildung keine Zukunft
Dass der Automobilzulieferer in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecke, sei unbestritten. Auch dass man Personal am Standort reduzieren müsse. "Aber da fange ich doch nicht bei den Auszubildenden an", sagt Martin Stäbe, der katastrophale Folgen fürchtet. "Mitarbeiter fragen mich schon: Wenn die Ausbildung hier keine Zukunft mehr hat, welche Zukunft habe ich dann noch hier."

Und: Wo es keine Auszubildenden gibt, brauche es auch keine Ausbilder mehr. Die würden sich womöglich auch nach neuen Arbeitgebern umsehen, dem Unternehmen ginge das über die Jahre mühsam aufgebaute Knowhow verloren. Ein Rückzug auf Raten, fürchtet Stäbe. "Der Schaden wäre so groß, dass wir über sehr viele Jahre nicht an Ausbildung denken können." Auch wenn die Geschäftsführung signalisiert habe, Talente fördern zu wollen, sobald dies die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder zuließen.
Keine Ausbildung bei Iwis Mechatronics in Schwaigern: Betriebsrat hofft auf Umdenken
Ein Trugschluss, wie Martin Stäbe sagt. "Ich hoffe inständig darauf, dass die Geschäftsleitung noch einmal alles überdenkt, wenn sie sich der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst wird." Auch Niklas Anner von der IG Metall Heilbronn-Neckarsulm sieht eine kleine Chance, dass Iwis Mechatronics noch zurückrudern könnte. "Noch sind Azubis da, die ihre Ausbildung auch hier im Unternehmen fortsetzen würden", sagt er nach der gemeinsamen Protestaktion am Donnerstagnachmittag.
Gleichwohl sind einige Auszubildende inzwischen unschlüssig. Nadine Becker gehört zu der Fraktion, die gerne bleiben würde. "Ich mag das Team und die Ausbilder", sagt die 27-Jährige aus Eppingen, die sich zur technischen Produktdesignerin ausbilden lassen möchte. Angelika Schilling dagegen mag inzwischen lieber gehen, der 19-Jährigen haben die letzten Wochen zugesetzt. "Ich war nach dem Gespräch mit der Geschäftsleitung, als man uns über die Kündigung informiert hat, schockiert und zu nichts mehr zu gebrauchen - völlig leer", sagt sie.
Azubi verliert Vertrauen in Iwis Mechatronics
Das Vertrauen der jungen Frau in Iwis ist inzwischen verloren. Derzeit sucht Angelika Schilling nach einer neuen Stelle, ist bereits mit einer Firma in Kontakt. Neben Gewerkschaft und Industrie- und Handelskammer wirkt auch die Geschäftsleitung bei der Weitervermittlung mit. "Wir suchen intensiv nach lokalen Unternehmen, die bereit sind, unsere Auszubildenden zu übernehmen", teilt Geschäftsführer Frank Mitzschke mit. Bisher seien 21 Firmen gefunden, die interessiert seien. Zudem seien zwei Auszubildende bereits vermittelt.
Nach dem erhofften Zurückrudern klingt das nicht. "Wir haben die Entscheidung ja nicht aus dem Bauch heraus getroffen", sagt Daniel Melter. Die emotionale Tragweite sei der Geschäftsleitung durchaus bewusst gewesen. Gleichwohl sehe man keine andere Option.