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Firma vereinbart Sozialplan
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Franz Binder streicht jede zehnte Stelle in Neckarsulm: "Tut uns leid für die, die es trifft"

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Die Aufträge sind massiv eingebrochen: Geschäftsleitung und Betriebsrat des Steckverbinder-Herstellers aus Neckarsulm einigen sich auf einen Stellenabbau. Worauf die Hoffnung der Unternehmensleitung ruht.


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Große Konzerne wie Bosch und Thyssenkrupp wollen Stellen streichen. Auch bei mittelständischen Unternehmen in Heilbronn-Franken verlieren Mitarbeiter ihre Jobs. So hat jüngst der Industriekamerahersteller IDS Stellen am Stammsitz Obersulm gestrichen

Starker Nachfrage- und Umsatzrückgang bei Steckverbinderhersteller Binder

Aus einem starken Nachfrage- und Umsatzrückgang zieht nun auch der Steckverbinderhersteller Franz Binder Konsequenzen: Das Unternehmen baut etwa jede zehnte Stelle am Stammsitz ab. Mit dem Betriebsrat wurde ein Interessensausgleich und Sozialplan vereinbart, berichten Geschäftsführer Markus Binder und Betriebsratsvorsitzender Kai Edwell. Der Abbau soll zum Ende des nächsten Quartals bereits umgesetzt sein.

Betroffen von den Einschnitten ist alleine der Standort Neckarsulm, wo derzeit noch etwa 850 Mitarbeiter beschäftigt sind, erklärt Markus Binder. Insgesamt hat die Gruppe etwa 1800 Beschäftigte, neben Neckarsulm am Innovationszentrum in Bad Rappenau sowie an Standorten in Fellbach, Pforzheim, in Bayern, der Schweiz, Ungarn, den USA und China. In Neckarsulm herrsche bereits das gesamte Jahr Kurzarbeit, erzählt Edwell. Zum Jahreswechsel werde sie aber aufgehoben.

Am Firmensitz von Franz Binder in Neckarsulm wird jede zehnte Stelle wegfallen.
Am Firmensitz von Franz Binder in Neckarsulm wird jede zehnte Stelle wegfallen.  Foto: Fritze, Heiko

bei Binder wurden viele befristete Verträge nicht mehr verlängert

"Wir hatten zwei hervorragende Jahre", erzählt Markus Binder. 2022 sei der Auftragsbestand sieben Mal so hoch gewesen wie in normalen Jahren. Es habe eineinhalb Jahre gedauert, diese Aufträge abzuarbeiten, bis Ende 2023. Daher wurden in dieser Zeit auch viele Leiharbeiter eingesetzt.

Als dann zu Jahresbeginn die Aufträge nicht nur auf das normale Maß zurückgingen, sondern weiter schrumpften, seien diese Kräfte als erstes abbestellt worden, zudem wurden viele befristete Verträge nicht mehr verlängert. Alleine dadurch sei die Belegschaft am Stammsitz innerhalb eines Jahres um etwa 160 gesunken, was sich auch in der Tabelle der größten Arbeitgeber Heilbronn-Frankens in der November-Ausgabe der Wirtschaftsstimme niederschlug. Der nun angekündigte Stellenabbau kommt noch hinzu.

Im schlimmsten Fall drohen bei Binder betriebsbedingte Kündigungen

Die Mitarbeiter seien am Donnerstag voriger Woche informiert worden, berichtet Edwell. Der Abbau finde in allen Unternehmensbereichen statt. Zunächst erhielten die Betroffenen das Angebot für ein Freiwilligenprogramm. Sollte dies nicht die angestrebte Zahl an Ausscheidenden erreichen, müssten anschließend betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden, sagte er. "Es tut uns leid für die, die es trifft", sagt Edwell. "Aber wir haben auch Verantwortung für den Standort. Ganz fatal wäre es, wenn man gar nichts gemacht hätte."

„Es macht mich persönlich und als Gewerkschaftssekretärin traurig und betroffen, dass bei der Franz Binder GmbH Stellen abgebaut werden sollen", sagt Kathrin Eggebrecht von der IG Metall Heilbronn-Neckarsulm. Nach Bosch in Abstatt und Iwis in Schwaigern ist damit ein weiteres Traditionsunternehmen in der Region von Restrukturierungsmaßnahmen betroffen. Die Gewerkschaft stehe hinter den Betroffenen, versichert sie.

Geschäftsführer Markus Binder: "Der Bodensatz ist erreicht"

Die schwierige wirtschaftliche Lage treffe die gesamte Branche, erzählt Marketingleiter Timo Pulkowski: Auf den beiden wichtigsten Leitmessen, die beide diesen Herbst stattfanden, habe jeder Teilnehmer über Flaute geklagt. Aber kaum ein Aussteller habe zurückgezogen, alle hätten sich um neue Kunden bemüht. Die Bindergroup setzt dabei vor allem auf neue Produktbereiche: Künftig sollen komplexere Teile mehr Gewicht bekommen, die nicht nur aus den für Binder typischen Rundsteckern bestehen, sondern auch Kunststoff- und Aluminiumkomponenten umfassen. Damit wolle das Unternehmen, das insbesondere den Maschinen- und Anlagenbau beliefert, mehr und mehr von der Massenproduktion wegkommen, bei der ausländischer Wettbewerb insbesondere aus Fernost immer stärker werde.

Für das nächste Jahr ist Markus Binder jedenfalls verhalten optimistisch. "Der Bodensatz ist erreicht. Definitiv", sagt er. "Wir gehen durchaus von Wachstum aus." Zunächst aber bleibe das Familienunternehmen vorsichtig. Die bereits intern verkündete Erweiterung des neuen Werks um die schon lange geplante zweite Hälfte wurde erst einmal verschoben.

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