Heilbronn diskutiert KI im Mittelstand – Bonita Grupp teilt Trigema-Erfahrungen
Bei einer Veranstaltung der Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken wird deutlich, vor welchen Herausforderungen der Mittelstand steht – doch Wirtschaftsvertreter wie Trigema-Chefin Bonita Grupp betonen auch die Chancen des Wandels.
Der deutsche Mittelstand, gerne als das Rückgrat unserer Volkswirtschaft geadelt, steht zweifellos unter Druck. Quer durch alle Branchen kämpfen die kleinen und mittleren Unternehmen mit hohen Kosten, zunehmender ausländischer Konkurrenz, Fachkräftemangel und Bürokratie. Grund genug für die Wirtschaftsjunioren Heilbronn–Franken, sich mit hochkarätigen Gästen einen Abend lang mit den Herausforderungen und Chance des Mittelstands zu beschäftigen. Das Thema zieht: Rund 300 Gäste kommen am Montagabend ins Heilbronner Haus der Wirtschaft, um sich Anregungen zu holen, zu diskutieren und zu netzwerken.
Keine Sorge vor Jobvernichtung – aber Mitarbeiter müssen im KI-Zeitalter ihre Fähigkeiten anpassen
Eine zentrale Rolle spielt dabei das Thema Künstliche Intelligenz (KI), das nicht nur die Wirtschaft in und um Heilbronn in Zukunft entscheidend prägen wird. „KI ist die größte Revolution seit Erfindung des Feuers“, macht Sven Zuschlag in seiner Rede deutlich. Der Unternehmer aus Hannover hat sich als digitaler Vordenker und Erklärer bundesweit einen Namen gemacht und wirbt dafür, dass sich jeder intensiv mit dieser Technologie beschäftigen sollte. Denn Studien zufolge werden 50 Prozent aller Angestellten ihre Fähigkeiten in den nächsten Jahren anpassen müssen, was zugleich bedeutet, dass viel Erlerntes und Erprobtes künftig schlichtweg hinfällig ist.

Die verbreitete Angst, dass KI zum großen Jobvernichter wird, teilt Zuschlag aber nicht. „Die KI schafft mehr Jobs als verloren gehen“, ist er sich sicher. Viele körperlich belastende Tätigkeiten würden künftig von Robotern übernommen, so dass die Mitarbeiter sich auf sinnvollere Tätigkeiten konzentrieren könnten.
Auch die Risiken verschweigt Zuschlag nicht. Da jeder KI nutzen könne, werde es zu einer Content Explosion kommen, die zu einer maximalen Ablenkung der Nutzer führen könne. Und der Unternehmer fürchtet eine extreme Vertrauenskrise, weil niemand mehr wisse, ob Inhalte authentisch oder KI-generiert sind.
Den versammelten Unternehmern empfiehlt Zuschlag, ihre Mitarbeiter zu befähigen, KI zu nutzen und eine großzügige Fehlerkultur im Unternehmen zu etablieren, um in diesem Bereich Erfahrungen zu sammeln. „Das ist in Deutschland ein großes Problem.“
Bonita Grupp teilt in Heilbronn Trigema-Erfahrungen mit KI
KI spielt auch bei Trigema eine zunehmend wichtige Rolle. Der Sportbekleidungshersteller von der schwäbischen Alb nutzt die Technologie in verschiedenen Bereichen, wie Geschäftsführerin Bonita Grupp berichtet. So lebt der Affe Charlie, das bekannte Maskottchen von Trigema, dank KI weiter. An diesem Mittwoch wird kurz vor der Tagesschau der neue Werbespot des Unternehmens ausgestrahlt, in dem sich Charlie als Influencer präsentiert.

Trigema nutzt KI aber auch, um ein nachhaltiges Energiekonzept im Unternehmen umzusetzen und dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die Technologie helfe dabei, die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern aus 42 Nationen zu verbessern, sagt Bonita Grupp. Das Unternehmen bietet zudem Sprachkurse und Mitarbeiterwohnungen an, um Mitarbeiter aus aller Welt nach Burladingen zu locken. Denn ohne Fachkräfteeinwanderung werde man die benötigten Mitarbeiter nicht bekommen, stellt Grupp klar.
IHK-Hauptgeschäftsführerin Döring fordert bessere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen
In der von Christian Gleichauf moderierten Podiumsdiskussion wird klar, wie vielfältig die Herausforderungen für den Mittelstand sind, aber auch die Chancen werden betont. IHK-Hauptgeschäftsführerin Elke Döring wünscht sich mehr Impulse von der Politik, um die Wirtschaft anzukurbeln. „Wir können hier alles“, lobt sie die regionale Wirtschaft. Allerdings müssten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden. „Mehr Markt, dann wird’s“, ist Döring überzeugt.

Jörg Ernstberger fragt sich, wo die Wertschöpfung in Deutschland herkommen soll
Jörg Ernstberger, Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Heilbronn/Region Franken, sieht die Entwicklung rund um das KI-Ökosystem in Heilbronn zwar positiv. Dennoch sorgt er sich um den Industriestandort Deutschland. „Wo kommt künftig die Wertschöpfung her“, fragt er. Ernstberger fordert massive Investitionen in die Transformation der Wirtschaft, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Geld sei genügend da.
Das sieht auch Jochen Hermann so. Von einer Kreditklemme könne keine Rede sein, sagt der Vorstandssprecher der Volksbank im Unterland ((VBU): Die Banken stünden für Kredite bereit, allerdings sei das Investitionsverhalten der Unternehmen sehr verhalten, sagt Hermann. „Investitionen werden verschoben und Liquidität gespart.“
Das Handwerk tut sich noch schwer mit Künstlicher Intelligenz
Im Handwerk ist Künstliche Intelligenz bisher noch kein wirkliches Thema, sagt Fabian Lober vom Niedernhaller SHK-Betrieb Frigoclim Kälte-Klima. Im entstehenden Heilbronner KI-Ökosystem habe man das Handwerk noch nicht so im Blick, sagt er. Allerdings herrsche im Handwerk nach wie vor „eine große, dumme Angst vor KI“, hat Lober beobachtet. Dabei sieht er für die Betriebe große Chancen durch die Nutzung von KI. „Wir haben etwa einen riesigen Datenpool an Kundendaten, den wir bisher aber noch nicht nutzen können.“„ Hier könne die KI sehr hilfreich sein, um die Kundenbetreuung zu optimieren.