Hilft eine Landesagentur gegen den Fachkräftemangel? Das sagen Unternehmen in der Region
Experten warnen seit Langem vor massiven Auswirkungen, wenn Politik und Wirtschaft keine Lösung für den Fachkräftemangel finden. In Baden-Württemberg soll eine neue Landesagentur ein Lösungsansatz sein. Was bringt sie den Unternehmen?

Ideen, um Fachkräfte sowohl in größerer Zahl, aber auch in größerer Geschwindigkeit nach Deutschland zu bekommen, gibt es viele. Ein Ansatz in Baden-Württemberg ist die Einrichtung der Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften (LFZ), die nun seit etwas mehr als 100 Tagen aktiv ist.
Regierungspräsidium Stuttgart: Knapp 1000 Anträge bis Ende Juli
„Speed up your talent journey“ steht auf der Webseite. Die LZF soll zentrale Anlaufstelle für Unternehmen sein, um sie beim beschleunigten Fachkräfteverfahren zu begleiten. Es solle „der Wirtschaft helfen und Ausländerbehörden entlasten“. Zuständig sind die Regierunsgspräsidien Stuttgart und Karlsruhe. In der Landeshauptstadt kümmert man sich um die Gesundheitsberufe, in Karlsruhe um die Wirtschaftsberufe.
Die Bilanz des Regierungspräsidiums nach 100 Tagen fällt positiv aus. Knapp 1000 Anträge sind Stand Ende Juli eingegangen. In 325 Fällen konnte das die LZF eine sogenannte „Vorabzustimmung zur Einreise der Fachkraft an die jeweilige Auslandsvertretung abgeben“. Nach Angaben des Präsidiums kommen die Anträge dabei aus verschiedenen Branchen, darunter Gesundheitsberufe, Berufskraftfahrende, Hotel – und Gastronomieberufe, Erziehung und soziale Berufe, Mechatronik-, Elektroberufe, Verkaufsberufe und Berufe in Unternehmensführung und -organisation.
„Mit Blick auf den Ausbildungsstart im September konnte in den letzten Wochen ein erhöhtes Antragsaufkommen im Bereich der diversen Ausbildungsberufe verzeichnet werden“, erklärt eine Sprecherin. Regierungspräsidentin Susanne Bay nannte die LZF ein „hervorragendes Instrument“, die hohen Antragszahlen „spiegeln schon jetzt die breite Akzeptanz wider“.
Unternehmen in der Region: LZF bisher eher unbekannt
Auch Unternehmen in der Region sind bekanntlich vom Fachkräftemangel betroffen und suchen nach Lösungen. Wie schätzen sie die LZF ein, um dem Problem gerecht zu werden?
Der Ventilatorenhersteller EBM-Papst aus Mulfingen erklärt auf Anfrage, mit der LZF „hatten wir bislang keinen Kontakt, finden das Angebot jedoch interessant und werden uns näher damit befassen“. Man arbeite beim Thema Zuwanderung mit der internationalen Arbeitsvermittlung und der Bundesagentur für Arbeit zusammen und werde hier „sehr gut unterstützt“. Auch Würth in Künzelsau „begrüßt die Initiative der Landesagentur für Zuwanderung von Fachkräften“. Sie sei für das Unternehmen eine „potenziell wertvolle Anlaufstelle“. Man prüfe derzeit, inwiefern man über das LZF „bestehende Prozesse in der internationalen Rekrutierung“ ergänzen könne.
IHK unterstützt die neue Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften
Ziehl-Abegg, spezialisiert auf Ventilatoren- und Antriebstechnik, antwortet auf die Anfrage, ob dem Unternehmen die LZF überhaupt bekannt sei, ohne Umschweife mit „Nein“. Dementsprechend habe man das Angebot auch nicht genutzt. Auch wenn das Regierungspräsidium den Start der LZF als erfolgreich bewertet - vielen Unternehmen scheint sie noch kein Begriff zu sein. Ob die LZF nun ein effizientes Instrument ist oder nicht, kann aus Sicht der Industrie- und Handelskammer (IHK) Heilbronn-Franken noch nicht beantwortet werden, da die LZF noch am Anfang stehe. „Wir unterstützten das Projekt und planen etwa gemeinsam mit dem LZF ein Webinar für unsere Unternehmen im Herbst“, sagt ein Sprecher auf Anfrage.
Um den Fachkräftemangel zu reduzieren, bleiben für Unternehmen aber vor allem bereits bekannte Faktoren zentral. Dazu gehören weniger Bürokratie, schnellere Genehmigungen, bessere Anerkennung von Abschlüssen und Zertifikaten sowie die Möglichkeit zur Vorabqualifizierung und Sprachkurse.