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"Zutiefst schockiert"
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Beschäftigungssicherung bei VW gekündigt – Bei Audi (noch) kein Thema

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Volkswagen hat am Dienstag (10.09.) den Tarifvertrag für die Beschäftigungssicherung gekündigt. Das sorgt im gesamten VW-Konzern für Verunsicherung. Auch der Neckarsulmer Audi-Betriebsrat äußert sich empört. Klar ist aber: Auch Audi muss sparen.


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Der Streit bei VW um Einsparungen eskaliert. Europas größter Autobauer hat die noch bis 2029 laufende Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat zur Beschäftigungssicherung beim Wolfsburger Autokonzern Volkswagen gekündigt. Das hat im gesamten Konzern für ein Beben und Empörung gesorgt. Auch am Audi-Standort Neckarsulm.

„Der Betriebsrat Neckarsulm ist von der Vorgehensweise, den Tarifvertrag Beschäftigungssicherung zu kündigen, zutiefst schockiert. Damit wurden der VW-Betriebsrat und die Beschäftigten vor vollendete Tatsachen gestellt", sagt Neckarsulms Betriebsratschef Rainer Schirmer im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. "Ich hoffe, dass der VW-Vorstand und der Betriebsrat zeitnah Verhandlungen und Gespräche aufnehmen. Leichter werden die Verhandlungen dadurch nicht." Eine solche radikale Vorgehensweise nach 30 Jahren, in denen die Beschäftigungssicherung immer wieder fortgeschrieben wurde, habe es noch nie gegeben.

Keine Gespräche zur Kündigung der Beschäftigungssicherung bei Audi

"Mit dieser Kündigung wurde ein neues, erschreckendes Ausmaß erreicht“, so Schirmer. In seinen mehr als 40 Jahren bei Audi habe einen solchen Umgang mit der Arbeitnehmervertretung im VW-Konzern noch nicht erlebt.

Der Neckarsulmer Betriebsratschef, der auch im Aufsichtsrat von Audi sitzt, betont zudem, dass es bei Audi zum jetzigen Zeitpunkt keine Gespräche zwischen Vorstand und Gesamtbetriebsrat zur Kündigung der Beschäftigungssicherung gebe. Audis Personalvorstand Xavier Ros wollte sich selbst nicht äußern in der aktuellen Situation. "Wir können bestätigen, dass die aktuellen Diskussionen um die Beschäftigungsgarantie Audi nicht betreffen", sagte eine Sprecherin des Unternehmens. An den deutschen Standorten des Autobauers sind derzeit rund 40.000 Menschen in Ingolstadt beschäftigt, in Neckarsulm rund 15.500.

Beschäftigungsgarantie bleibt bei Audi an deutschen Standorten bestehen

Bei Audi bleibt die Beschäftigungsgarantie damit zum jetzigen Stand bestehen. Bis Ende 2029 sind damit keine betriebsbedingten Kündigungen möglich. Das gilt allerdings nur für die deutschen Standorte des Autoherstellers. Die knapp 3000 Beschäftigten am belgischen Standort würden ihre Jobs verlieren, falls das Werk geschlossen wird. In Brüssel spitzt sich unterdessen die Lage zu.

Neckarsulms Audi-Betriebsratschef Rainer Schirmer (links) kritisiert die Vorgehensweise bei VW in Wolfsburg rund um Konzernchef Oliver Blume scharf.
Neckarsulms Audi-Betriebsratschef Rainer Schirmer (links) kritisiert die Vorgehensweise bei VW in Wolfsburg rund um Konzernchef Oliver Blume scharf.  Foto: Matthias Stark (AUDI AG)

Mittlerweile hat der VW-Konzern bekanntgegeben, dass es auf absehbare Zeit kein Ersatzmodell für den Q8 E-Tron geben wird. Findet sich kein Investor, steht die Fabrik vor dem Aus. Entwendete Schlüssel von Neuwagen, brennende Reifen, Barrikaden vor dem Haupteingang: Die Audi-Beschäftigten haben in Brüssel ihren Protest massiv ausgebaut. Am kommenden Dienstag sollen die Verhandlungen zwischen Unternehmen und Gewerkschaften fortgesetzt werden. Montags haben die Gewerkschaften zu einem Protesttag aufgerufen.

Bei Audi hat man bereits Zugeständnisse gemacht

Im Hinblick auf den verschärften Sparkurs des VW-Konzerns, weist man seitens des Audi-Betriebsrates auch darauf hin, dass es in der Vergangenheit bereits Zugeständnisse ans Unternehmen gab. 2019 wurde bei Audi monatelang über die Ausrichtung der deutschen Standorte verhandelt. Umgesetzt wird das aktuell: Ingolstadt fertigt die neuen E-Autos, Neckarsulm bleibt zunächst ein Verbrenner-Standort. Bestandteil des Deals damals: In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts soll die Produktionskapazität des Standorts Neckarsulm von 300.000 auf 225.000 Fahrzeuge pro Jahr reduziert werden. In Ingolstadt soll die Kapazität ebenfalls um 25 Prozent auf 450.000 Einheiten sinken. "Allein die Verringerung der Kapazitäten und die höhere Automatisierung wird dazu führen, dass man mittelfristig weniger Personal benötigt", sagt ein Manager aus dem Produktionsbereich." Da werden frei werdende Stellen sicher nicht mehr in dem Umfang wie früher besetzt." Weiterer wichtiger Punkt aus der Vereinbarung von 2019: Audi hat in den vergangenen Jahren an den deutschen Standorten bereits 9500 Stellen sozialverträglich abgebaut.

Reichen die bisherigen Maßnahmen aus?

Trotz des bereits erfolgten Stellenabbaus bleiben viele in der Audi-Belegschaft skeptisch und blicken mit Sorge auf das, was in Wolfsburg passiert. "Ich hoffe, dass der A5 und dann nächstes Jahr der neue A7 gut nachgefragt werden, denn an diesen beiden Autos hängt fürs uns alles", sagt ein Teamleiter aus Neckarsulm. Audi ist neben Porsche einer der wichtigsten Gewinnbringer im Konzern. Gleichwohl ist der Gewinn im ersten Halbjahr um 1,1 Milliarden Euro geschrumpft. „Wie der gesamte Konzern arbeiten wir bei Audi kontinuierlich an unserer Wettbewerbsfähigkeit.  Wir bewegen uns in einem hochkompetitiven Umfeld. Den Wandel in die elektrische Zukunft können wir nur mit einer soliden Kostenbasis schaffen", sagte eine Audi-Sprecherin gegenüber der Heilbronner Stimme. "Dafür haben wir bei Audi mit unserem Performance Program 14 wirksame Maßnahmen implementiert.“ Die 14 steht für die geplante Umsatzrendite von 14 Prozent, die die von Audi geführte Markengruppe Progressive (mit Bentley, Lamborghini und Ducati) bis 2030 erreichen soll. Vor allem im Bereich der E-Autos sieht Audis-Finanzvorstand Rittersberger großes Potenzial, Kostenpotenziale zu heben, da über viele Marken des Konzerns hinweg dieselben Plattformen genutzt werden.

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