Copernicus: 2022 war zweitwärmstes Jahr in Europa
Laut dem EU-Atmosphärendienst Copernicus geht das Jahr 2022 als das zweitwärmste in Europa ein. In vielen Regionen der Welt dominierten Waldbrände und Hochwasser. Was die Forscher noch herausgefunden haben und warum keine Umkehr des Trends absehbar ist.

Mit Blick auf den Klimawandel im vergangenen Jahr hat der EU-Atmosphärendienst Copernicus keine guten Nachrichten zu vermelden. Rot dominiert die vorab an Journalisten verschickten Karten und Grafiken, die Kernaussagen sind simpel und unmissverständlich. "2022 war das zweitwärmste Jahr in Europa", sagt Carlo Buontempo, Co-Direktor des Copernicus-Klima-Programms (C3S). "Für viele europäische Länder war es das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen."
Copernicus misst nicht nur die Temperatur. Mit Messstationen an Land und in den Meeren und Satelliten erhebt der Dienst zahlreiche Wetter- und Klimadaten über den Planeten. Im vergangenen Jahr waren besonders die Sommermonate für die Klimaforscher besorgniserregend.
Klimaforscher geht von ebenfalls heißem Sommer 2023 aus
Neben der Oberflächen- und Wassertemperatur seien auch bei der Gletscherschmelze und den Eisvorkommen Rekordwerte gemessen worden, im negativen Sinne. "In der Gesamtschau ist wichtig, zu verstehen, dass die vergangenen acht Jahre die bisher wärmsten Jahre waren", erklärt Buontempo. Global sei 2022 das fünftwärmste Jahr gewesen.
"Menschen tendieren dazu, den Vorhersagen von Experten nicht zu vertrauen", sagt Buontempo. "Aber diese Veränderungen sind weder unerwartet noch überraschend." Es sei wahrscheinlich, dass der nächste Sommer der wärmste oder zumindest wärmer als vorherige sein werde. Ein deutlich zu kaltes Jahr wäre demnach bemerkenswert. All diese Erkenntnisse würden auf Daten basieren, "die kostenlos für jeden verfügbar sind und von jedem nachvollzogen werden können".
Welt ist noch 0,3 Grad von 1,5 Grad Erwärmung entfernt
Die Daten stellt Freja Vamborg im Detail vor, Klimaforscherin bei Copernicus. "Die globale Durchschnittstemperatur lag im vergangenen Jahr 1,2 Grad über dem vorindustriellen Niveau." Demnach ist die Welt nur noch 0,3 Grad vom Erreichen des 1,5-Grad-Ziels entfernt.
Der europäische Kontinent erwärmt sich laut Vamborg rund doppelt so schnell wie der Rest der Welt. Während 2022 für Deutschland, Österreich und Belgien das zweitwärmste Jahr war, war es für die Länder in Südwesteuropa das wärmste. "Besonders auffallend waren in diesen Ländern Hitzewellen, die sehr früh im Mai begonnen haben", erklärt Vamborg.
Extremwetter wie Hitzewellen und Hochwasser in Pakistan, Indien und China
Zusammen mit zu wenig Regen, klarem Himmel und trockenen Böden habe das in vielen Teilen Europas zu Dürren geführt. "Die Gefahr durch Waldbrände war in Frankreich, Spanien und Deutschland sehr hoch." In diesen Ländern hätten Waldbrände so viele Emissionen wie seit 20 Jahren nicht verursacht.
Auch in anderen Teilen der Welt hinterließen Extremwetterereignisse viele Schäden. Pakistan, Nordindien und Teile von China erlebten wochenlange Hitzewellen mit Rekordtemperaturen. Australien litt teils unter sehr niedrigen Temperaturen und außerordentlich viel Regen.
Die Forscher bringen das mit dem Wetterphänomen "La Nina" in Zusammenhang. Dabei sorgen hohe Luftdruckunterschiede für starke Winde und eine verstärkte Meereszirkulation, die mit kühlen Temperaturen einhergeht. Das Gegenstück "El Nino" verursacht hohe Temperaturen. Darüber, wie die beiden Ereignisse durch den Klimawandel beeinflusst werden, herrschen in der Forschung noch unterschiedliche Meinungen.
In Pakistan starben durch Hochwasserkatastrophen nach Regenfällen zahlreiche Menschen. Die Antarktis erlebte ebenfalls einen Rekord: Im Februar 2022 schrumpfte das Meereis auf den niedrigsten Wert seit 44 Jahren zusammen. Auch in den anderen Monaten gingen die Eismassen auf sehr niedrige Werte zurück.
Warmes Wetter an Silvester und Neujahr kann noch nicht genau eingeordnet werden
Die warmen Temperaturen um den Jahreswechsel können die Klimaforscher bisher noch nicht genau einordnen. Anfang Dezember sei es in weiten Teilen Europas deutlich kälter als normal gewesen, dann sei das Gegenteil eingetreten. Fast auf dem gesamten Kontinent sei es um Neujahr zehn Grad wärmer als sonst gewesen.
"Wir haben eine hohe Spannbreite im Winter und damit immer ein paar Abweichungen", erklärt Vamborg. Klar sei aber, dass die Winter in Europa, wie alle Jahreszeiten, künftig wärmer werden.
Immer mehr Treibhausgase wie CO2 und Methan in der Atmosphäre
Wie in den Vorjahren hat sich die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre weiter erhöht, diesmal um 2,1 ppm (parts per million) auf den Stand von 417 ppm. Auch der Gehalt des Treibhausgases Methan hat sich erhöht. Das Problem: Die CO2- und Methan-Teilchen in der Atmosphäre verhindern, dass Teile der Wärmestrahlen der Sonne wieder von der Erde ins Weltall entweichen. "Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan sind die Haupttreiber des Klimawandels. Unsere Messungen zeigen, dass die Konzentration in der Atmosphäre weiter ansteigt, statt sich zu verlangsamen", erklärt Vincent-Henri Peuch, Leiter des Copernicus-Dienstes.




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