Beim VfB Stuttgart läuft's wie am Schnürchen – Was ist in dieser Saison anders?
Der VfB Stuttgart ist nach fünf Spieltagen Tabellendritter und hat den besten Saisonstart seit 27 Jahren hingelegt. Das liegt natürlich am Stürmer Guirassy, der in absoluter Topform ist. Aber es ist noch mehr.

Die Stimmung in Bad Cannstatt ist in diesen Tagen außergewöhnlich, außergewöhnlich gut. Das liegt zum einen am Volksfest auf dem Wasen, zum anderen an den Fußballfesten des VfB Stuttgart. Einige Schwaben sprangen am Freitagabend mit dem Schlusspfiff beim 3:1-Sieg gegen den SV Darmstadt 98 auf, gingen richtig aus sich heraus, tanzten im weiß-roten Licht der MHP-Arena.
Lag das am Vorglühen auf dem Wasen? Nein, an der erneut ausgezeichneten Unterhaltung auf dem Rasen. Dort ließen sich die Spieler feiern, tanzten zum Sprechgesang der Fans: "Spitzenreiter! Spitzenreiter! Hey! Hey!" Was ist da los beim VfB Stuttgart, der vergangene Saison fast abgestiegen ist und drei wichtige Stützen der Mannschaft kürzlich verkauft hat?
Der VfB hat den besten Saisonstart seit 27 Jahren
Nach fünf Spieltagen mit zwei zwischenzeitlichen Tabellenführungen und aktuell Platz drei (bei zwölf Punkten und 17:7 Toren) sagte VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth mit einer Mischung aus Ernst und Humor: "Den guten Start kann man jetzt nicht mehr wegdiskutieren." Es ist der beste Saisonstart seit 27 Jahren. Offensichtlich ist, dass dies vor allem Serhou Guirassy zu verdanken ist: Der 27-jährige Nationalspieler Guineas hat in den fünf Spielen sagenhafte zehn Mal getroffen. Als Hilfe zur Einordnung: Vergangene Saison ging die Torjägerkanone für 16 Tore weg.
Stenzel beschreibt die Gefühlswelt

Pascal Stenzel versuchte in Worte zu fassen, wie es sich derzeit anfühlt, für den VfB auf dem Feld zu stehen. "Es ist ein Gefühl, das man auf dem Platz gar nicht richtig wahrnimmt, sondern erst hinterher", sagte der Rechtsverteidiger, der diese Saison schon drei Torvorlagen beigesteuert hat. "Wir bleiben klar. Wir funktionieren als Mannschaft. Wir haben einfach Selbstvertrauen. Und wir haben halt einen Stürmer, der uns immer wieder rausholt."
Chris Führich, ebenfalls dreifacher Vorbereiter und zudem zweifacher Torschütze, sagte: "Die Chemie passt derzeit einfach, und Serhous Topform überträgt sich auf die ganze Mannschaft. Wir haben einen super Spirit." Ist Fußball wirklich so einfach, ein digitaler Sport, der aus Einsen und Nuller besteht, aus einem Lauf und einem Nichtlauf?
Wann der Lauf vorbei wird
Sebastian Hoeneß muss es wissen. Er ist die leitende Führungskraft, die nach dem dritten Heimspielspektakel wie gehabt eher den Bedenkenträger mimte als ein stolzes 1000-Megawatt-Lächeln zu zeigen. "Wir haben gerade einen Lauf. Und aus diesem Lauf müssen wir so viele Punkte wie möglich ziehen", sagte der 41-Jährige. "Das müssen wir uns erarbeiten. Sobald du denkst, dass es von selber geht, dann ist der Lauf vorbei."
Die Partie gegen Darmstadt war für Fabian Wohlgemuth "ein Charaktertest". Aufgrund der nicht zu unterschätzenden Qualität der Darmstädter. Aufgrund des frühen Rückstands durch das Eigentor von Dan-Axel Zagadou (17. Minute). Aber auch aufgrund der Ausgangslage, die Hoeneß süffisant so beschrieb: "Es war im Vorfeld klar, dass wir die Partie gewinnen. Die Frage war nur, wie viele Tore Serhou dabei machen wird." Die Mannschaft habe die richtige Reaktion gezeigt. "Wir sind klar geblieben, beim Plan geblieben", sagte Pascal Stenzel mit einem Nicken.
Guirassys komplette Palette
Natürlich halfen Serhou Guirassys Treffer (32., 90.+2), ebenso seine Vorlage auf Enzo Millot (22.). "Man sieht in jeder Bewegung, was er draufhat", sagte Darmstadts Kapitän Fabian Holland. Kollege Klaus Gjasula schüttelte nicht ohne Anerkennung den Kopf: "Momentan läuft es bei ihm einfach brutal, alles, was er macht, klappt." Von Sebastian Hoeneß gab"s ein Sonderlob, für seinen Mittelstürmer: "Er hat heute wieder die komplette Palette gezeigt."
Bleibt die Frage, wie die gefeierten Spieler des VfB Stuttgart die Demut nicht verlieren. "Wir haben einen Trainer, der das jeden Tag vorlebt und Spieler, die das mittragen", versicherte Pascal Stenzel. "Wir spielen als nächstes in Köln. Da wird uns gar nichts geschenkt." Diese Einstellung könnte das Stimmungshoch von Bad Cannstatt noch eine Weile befeuern.