Viele Erkenntnisse nach den ersten Testspielen der Sport-Union Neckarsulm
30:33 gegen die HSG Bensheim/Auerbach und 38:29 gegen den ESV Regensburg: Der Neckarsulmer Handball-Bundesligist lässt sich bei Testspielen erstmals in die Karten schauen.

Sie konnten in Neckarsulm im Vorfeld ihrer ersten Testspiele ja viel Positives erzählen, schließlich hatte sich ein Großteil der bisherigen Vorbereitung hinter verschlossenen Türen abgespielt.
Doch nun, bei ihren ersten Freundschaftsspielen am Freitagabend gegen Ligakonkurrent HSG Bensheim/Auerbach (30:33) und am Samstagnachmittag gegen Zweitligist ESV Regensburg (38:29), lagen die Karten erstmals offen auf dem Tisch. Dabei ließ sich nichts mehr vor den kritischen Blicken der erwartungsfrohen Zuschauer, die zahlreich in die Halle von Neckarsulms Jugend-Kooperationspartner nach Oedheim gekommen waren, verstecken.
Thomas Zeitz gefällt der Kampfgeist seines Teams
Die gute Nachricht: Verstecken muss sich in Neckarsulm auch niemand. Die schlechte: Bis die Sport-Union (wieder) mit breiter Brust im Vorübergehen Punkte einsammelt, wird noch ein wenig Wasser den Neckar hinunter fließen; neun (internationale) Neuzugänge lassen sich in 22 Trainingstagen eben nicht unversehens integrieren. Umso wichtiger waren die Erkenntnisse aus den sechs 20-minütigen Testspiel-Dritteln.
Gegen Bensheim/Auerbach stach vor allem der Kampfgeist hervor, mit dem sich die Sport-Union von mehreren Acht-Tore-Rückständen zurück ins Spiel kämpfte. "Genau das wollte ich sehen, nachdem wir mittags noch trainiert hatten", sagte Trainer Thomas Zeitz. Diesen Verdienst durften sich vor allem jene sieben Feldspielerinnen ans Revers heften, die im letzten Spieldrittel auf dem Feld gestanden hatten. Ihre Darbietung war zu Anfang bis zum 19:30-Rückstand schwer mit anzusehen, machte gegen Ende dann aber richtig Spaß.
Arwen Gorb lässt Worten bereits Taten folgen
"Für das erste Mal war es völlig okay. Ich bin mit dem Angriff sehr zufrieden, das hätte ich so positiv noch gar nicht erwartet", gab Zeitz zu. Diese Einschätzung traf auch am Samstag zu. Die Ausbeute von 38 Toren gegen den ESV Regensburg war gut. Zu Beginn, als Fatos Kücükyildiz trotz leichter Muskelprobleme im Zentrum Regie führte, war zudem ein ansprechendes Tempo im Neckarsulmer Spiel zu erkennen. Dass die 30-Jährige nach rund einer Viertelstunde mit Schmerzen wieder vom Feld musste, sorgte danach jedoch für einige sorgenvolle Mienen im Lager der Sport-Union.
Auf individueller Ebene machten an beiden Tagen Torhüterin Lena Ivancok mit guten Reflexen sowie Arwen Gorb im linken Rückraum mit körperlicher Robustheit, Wurfgewalt und einfachen Toren auf sich aufmerksam. "Ich freue mich, wenn wir zusammen die Liga aufmischen", hatte Gorb noch am Donnerstagabend bei der Neckarsulmer Saisoneröffnung gesagt und an den beiden folgenden Tagen mit insgesamt 18 Treffern angedeutet, dass sie dies durchaus ernst meinte.
Außen sollen ins Spiel eingebunden werden
Auffällig war im gegen Bensheim noch vorwiegend ruhigen Spielaufbau das viele Kreuzen vor Abschlüssen im Rückraum. Dies sei eine von mehreren Spielideen, bei der es darum gehe, "erst einmal in die Bewegung zu kommen und die Außen nicht nur in der Ecke stehen zu lassen, bis irgendwann mal ein Ball kommt", erklärte Zeitz - lange kam dies Amber Verbraeken auf Rechtsaußen zugute.
Auch Nina Engels temporäre Rolle in der Rückraummitte (Zeitz: "Nina ist intelligient genug, um das zu spielen, und hat das auch in der U-Nationalmannschaft schon gemacht.") könne durchaus Eingang ins Repertoire finden.
Abwehrarbeit noch äußerst ausbaufähig
Weniger gut funktionierte hingegen in beiden Partien das Abwehrverhalten. Zwar gab es auch dabei individuelle Lichtblicke (Neuzugang Agni Zygoura gegen Bensheim), doch im Kollektiv war die 6:0-Formation behäbig, löchrig und passiv. Auch an der Kommunikation will Zeitz noch arbeiten lassen.
"In der Deckung hat gar nichts funktioniert. Da merkt man, dass dort Spielerinnen nebeneinander stehen, die noch gar keine Abstimmung haben. So kannst du nicht verteidigen; auch nicht so körperlos. Das geht nicht", fand Thomas Zeitz klare Worte.

Sport-Union zeigt erneut eine gute Reaktion
Die überschaubare Abwehrleistung hielt auch das Kräftemessen mit dem ESV Regensburg lange offen, nachdem aus einem 23:19 (30.) zwischenzeitlich ein 25:26 (42.) geworden war. Doch nach dem Rückstand zeigte die Sport-Union - mit der Sicherheit von Ivancoks Paraden und Rabea Pollakowskis konzentriert abgeschlossenen Gegenstößen im Rücken - erneut eine gute Reaktion.
Klar ist aber auch: Zeit zu verschenken haben Thomas Zeitz und seine Spielerinnen nicht. "Wir haben gesehen, dass es noch genug zu tun gibt", bilanzierte der Trainer.
Sport-Union Neckarsulm - Bensheim/Auerbach 30:33 (8:16, 18:25)
Sport-Union Neckarsulm: Salamakha; Ivancok, Polácková - Verbraeken (4/1), Hoitzing (1), Zygoura (1), Nooitmeer (4), Bruggeman (2), Riner (1); Gkatziou (1), Gorb (10), Engel (2), Pollakowski (4/2).
Siebenmeter: Neckarsulm: 1/3; Bensheim/Auerbach: 5/10.
Zeitstrafen: 3/3.
Zuschauer: 300.
Sport-Union Neckarsulm - ESV Regensburg 38:29 (17:13, 25:25)
Sport-Union Neckarsulm: Polácková (1); Salamakha, Ivancok - Gkatziou (4/3), Engel (4), Nooitmeer (4), Gorb (8), Kücükyildiz (2/2), Pollakowski (8/3); Verbraeken (4), Bruggeman, Hoitzing (2), Hinkelmann, Zygoura (1).
Siebenmeter: Neckarsulm: 8/8; Regensburg: 3/3.
Zeitstrafen: 3/3. Disqualifikation: Verbraeken (Neckarsulm/56.).
Zuschauer: 200.
Lizenzauflagen und Saisonziele
Wenn in vier Wochen die Bundesliga-Saison startet, kann sich die Sport-Union Neckarsulm vollständig auf den Sport konzentrieren. Denn den beiden Lizenzauflagen der HBF sei man inzwischen nachgekommen, wie Vorstandsmitglied Bernd Dollmann erklärte.
Thomas Zeitz, dem die nötige DHB-A-Lizenz fehlt und der Waiblingen nur dank einer Übergangsregelung für aufgestiegene Vereine trainieren durfte, hat sich nach eigener Aussage für einen entsprechenden Lehrgang im Juni 2024 angemeldet. Die zweite Auflage, bei der es um nicht näher benannte finanzielle Belange ging, sei ebenfalls erfüllt. "Wir konnten das Thema lösen, das ist alles in trockenen Tüchern", sagte Dollmann.
Neben dem Ziel Nichtabstieg hat sich der Verein vorgenommen, in der HBF-Zuschauertabelle künftig auf Rang drei zu rutschen. "Wir wollen bei jedem Spiel mindestens 1000 Zuschauer haben", sagte Bernd Dollmann. In der Vorsaison lag die Sport-Union Neckarsulm mit einem Zuschauerschnitt von 914 im Ligavergleich auf Rang fünf.