Sport-Union Neckarsulm zieht die Reißleine: Logvin und Husers freigestellt
Bundesligist trennt sich mit sofortiger Wirkung von seinem Führungs-Duo. Trainerin Tanja Logvin und der Sportliche Leiter Gerhard Husers müssen nach sportlich enttäuschenden Wochen gehen. Co-Trainer Mart Aalderink übernimmt das Trainer-Amt bis auf Weiteres.

Was sich bereits am vergangenen Wochenende abgezeichnet hatte, machte die Sport-Union Neckarsulm am Montagabend offiziell: Der Verein trennt sich nach einer sportlich enttäuschenden ersten Saisonhälfte von seiner Bundesliga-Trainerin Tanja Logvin und dem Sportlichen Leiter Gerhard Husers. "Die Sport-Union Neckarsulm bedankt sich bei Tanja Logvin und Gerhard Husers für die geleistete Arbeit sowie die gemeinsame Zeit im Verein und wünscht beiden nur das Beste für die Zukunft", heißt es nüchtern in einer Mittelung des Vereins.
Der bisherige Co-Trainer Mart Aalderink leitete bereits am Montagabend das Training des Handball-Bundesligisten und wird ab sofort interimsmäßig die Geschicke bei der Sport-Union übernehmen.

Alle Parteien können sich noch in die Augen schauen
Zu schlecht war das sportliche Abschneiden, zu enttäuschend waren die spielerischen Darbietungen der vergangenen Monate, als dass die Verantwortlichen angesichts der eigenen Ansprüche ein Weiter-So in der bestehenden Konstellation hätten rechtfertigen können. Eine Veränderung auf der Trainerposition schien spätestens nach der 24:31-Niederlage und dem blutleeren Auftritt in Zwickau unvermeidlich. Die schwer angekratzte Beziehung zwischen Logvin und der Mannschaft war nicht mehr zu kitten, das war in Sachsen erneut sichtbar geworden.
Weil ohne die Trainerin auch eine Weiterbeschäftigung ihres Lebensgefährten Gerhard Husers als Sportlicher Leiter illusorisch schien, ist das Kapitel Neckarsulm nun für beide zu Ende. Sie erfuhren am Montagnachmittag bei einem Treffen mit Vorstandsvertretern offiziell von ihrer Freistellung. "Die Gespräche liefen sehr ehrlich und fair", berichtet Sport-Union-Geschäftsführer Kai Stettner von einem offenen Austausch. Man gehe nicht im Groll auseinander, sagt der 30-Jährige.
Sport-Union schweigt zu Details der Trennung
Im September 2021 hatte die Sport-Union den Vertrag mit Logvin vorzeitig bis 2025 verlängert; auch Husers hatte einen langfristigen Kontrakt, "aber einen sehr bescheidenen", wie Neckarsulms Vorstandsvorsitzender Rolf Härdtner bei Husers" Inthronisation verraten hatte. Zu den Details der Trennung, wollte sich Geschäftsführer Stettner öffentlich nicht äußern.
Logvin hatte nach sieben Spielen als Interimstrainerin im Jahr 2018 in ihrer zweiten Etappe im Unterland seit der Spielzeit 2020/2021 die Verantwortung für die Mannschaft getragen, Husers war im Frühjahr des Vorjahres offiziell als Macher im Hintergrund vorgestellt worden. Danach gab es ambitionierte Pläne und nach den durchaus vielversprechenden Neuverpflichtungen im Sommer auch viel Vorfreude auf die aktuelle Spielzeit, an deren Ende im Optimalfall eine Europapokal-Qualifikation hätte stehen sollen.
Abwärtsstrudel war seit Dezember nicht mehr aufzuhalten
Doch nach dem Auftaktsieg am ersten Spieltag in Waiblingen lief immer weniger zusammen. Verletzungen, die EM-Pause im November und der Ballei-Umbau ohne Heimspiele lieferten lange Zeit Alibis für die unerwartet schwachen Auftritte und die ausbleibenden Erfolgserlebnisse.
Doch spätestens danach ließ sich nicht mehr kaschieren, dass Tanja Logvin und die von ihr gemeinsam mit Husers zusammengestellte Mannschaft nicht zusammengefunden hatten und wohl auch nicht mehr zusammenfinden würden. Unzufriedenheit machte sich breit, Gerüchte machten die Runde, Fans rebellierten. Weil das Team auf dem Feld keine Antwort geben konnte - oder wollte - war der Abwärtsstrudel nicht mehr aufzuhalten.
Verein will Sicherheit und Stabilität schaffen
Wie es nach dem Aus des in der Branche bestens vernetzten Duos nun weitergeht, dürfte die spannendste der vielen Fragen sein, die es in Neckarsulm in den nächsten Wochen zu beantworten gilt. "Erst einmal geht es darum, der Mannschaft in den kommenden Tagen Sicherheit zu geben", sagt Kai Stettner, "das steht klar im Vordergrund".
Parallel laufe im Hintergrund die Planung für die Zukunft. Wichtig sei, wieder Stabilität in den Verein zu bekommen, betont Stettner. Die Suche nach einem neuen Sportlichen Leiter dürfte daher auch davon abhängen, für welche Lösung sich der Verein auf der Trainerposition entscheidet.
Trainerfrage soll nicht überstürzt beantwortet werden
Mit dem bisherigen Co-Trainer Mart Aalderink soll erst einmal kurzfristig die Trendwende gelingen. "Wenn es einer schaffen kann, die Mannschaft und das Umfeld zu begeistern, eine richtige Aufbruchstimmung zu erzeugen, dann Mart", ist Handball-Abteilungsleiter Christian Saup überzeugt. "Er lebt und liebt diesen Sport."
Der Niederländer, der am Montagabend noch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war, wird die sportlichen Geschicke nun "bis auf Weiteres" übernehmen, wie es von den Vereinsverantwortlichen heißt. Über seine Social-Media-Kanäle ließ Aalderink aber wissen, dass er "unglaublich aufgeregt" sei und alles geben werde, um Verein und Mannschaft in dieser schwierigen Situation zu helfen. Ob er bei entsprechenden Ergebnissen auch zu einer dauerhaften Lösung werden kann, wollte Kai Stettner nicht ausschließen. Der Verein werde sich bis zu einer endgültigen Entscheidung aber alle Optionen offen halten.
Keine Veränderungen in Württembergliga-Team geplant
Mit der Beförderung von Mart Aalderink ist die Trainerfrage bei den Bundesliga-Handballerinnen voraussichtlich zumindest bis zum Saisonende gelöst. Doch gleichzeitig entsteht eine Vakanz bei den Württembergliga-Frauen, die der Niederländer bisher verantwortet hat. "Wir werden versuchen, dass er beide Aufgaben weitgehend unter einen Hut bringt", sagt Neckarsulms Handball-Abteilungsleiter Christian Saup.
"Wenn es Überschneidungen gibt, werden das wie bisher auch Branko Dobricic und ich auffangen." Für das im Mittelfeld der Tabelle rangierende U23-Team erhofft sich der Abteilungsleiter in Summe sogar positive Auswirkungen, da Absprachen über Abstellungen von Spielerinnen aus dem Bundesliga-Kader nun leichter zu treffen seien und das Team regelmäßig verstärkt werden könne.