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„Eine ganz bittere Nachricht“: Das jähe Ende der Neckarsulmer Herrlichkeit

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Ein Kreuzbandriss bei Alessia Riner wirbelt Planungen und Vorbereitung der Sport-Union Neckarsulm durcheinander. Trainer Thomas Zeitz kündigt eine Nachverpflichtung an.

Erst einmal zum Zuschauen verdammt: Linksaußen-Akteurin Alessia Riner (Mitte) steht verletzungsbedingt vor einer langen Zwangspause.
Erst einmal zum Zuschauen verdammt: Linksaußen-Akteurin Alessia Riner (Mitte) steht verletzungsbedingt vor einer langen Zwangspause.  Foto: Larissa Eisele

Ein wenig gequält, mit guter Miene zum schmerzhaft-bösen Spiel, saß Alessia Riner am Donnerstagabend in der Sulmhalle. Neben dem Spielfeld. Auf zwei aneinander gestellten Sprungkästen, den Rücken an die schwarze Hallenwand gelehnt, beide Beine parallel zueinander von sich gestreckt.

Neben ihrem verzerrten Gesichtsausdruck verrieten das blaue Kühlpack und die Schiene um ihr rechtes Knie, was sie selbst nach ersten Untersuchungen schon vermutet hatte und sich am Freitagvormittag nach Betrachtung der MRT-Bilder endgültig bestätigen sollte: Kreuzbandriss. Im Training, während eines eigentlich ungefährlichen Allerweltszweikampfes, hatten Riners Bänder im Knie plötzlich nicht mehr mitgespielt.

Doppelter Schmerz: WM-Aus und Lücke auf Linksaußen

Was für die Schweizerin selbst angesichts der Weltmeisterschaft im Winter, die sie durch die Verletzung verpassen wird, eine Hiobsbotschaft ist, ist auch für ihre Mannschaft um Trainer und Kaderplaner Thomas Zeitz nichts weniger als eine veritable Katastrophe. „Das ist eine ganz bittere Nachricht – vor allem für Alessia persönlich, aber auch für unser Team und den weiteren Saisonverlauf“, gibt Zeitz zu.

Denn die 21-jährige Riner war seit ihrem Wechsel 2023 ins Unterland bislang nicht nur sportlich wie gesundheitlich eine zuverlässige Leistungsträgerin auf Linksaußen, sondern – und das schmerzt die Verantwortlichen bei der Sport-Union Neckarsulm nun beinahe noch mehr – seit einem Monat auch die einzige gelernte Spielerin für die linke Außenbahn.


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Thomas Zeitz ist schon auf der Suche nach Ersatz

Zeitz ist nun zum Handeln gezwungen. Bereits am Donnerstag hatte der Trainer erste Telefonate mit Spielerberatern geführt, um auszuloten, wo er drei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel überhaupt noch eine Linksaußen mit Erstligaqualitäten herbekommen könnte. Eine Herkulesaufgabe. „Wir müssen jetzt irgendwo noch eine Außen herkriegen; mindestens mal eine. Das muss jetzt sein, da kommen wir nicht drum herum“, sagt Thomas Zeitz. „Es sind alle Kanäle angezapft.“

Dass der Markt jedoch mehr oder weniger leer ist, hatte der 51-Jährige schon zuvor feststellen müssen – und deshalb auf die Besetzung der zweiten Linksaußen-Stelle neben Riner verzichtet. Nicht zuletzt, weil er nicht irgendeine beliebige Spielerin hinzuholen wollte, sondern eine, die exakt in sein Konzept und das Budget passt. Eine solche fand sich nicht.

Lohnt sich ein Blick nach Ludwigsburg?

Nun muss und wird Zeitz umdenken. „Ich will nicht jammern; wir werden die Situation vorerst überbrücken“, kündigt der Trainer an. Auch Riners Teamkolleginnen signalisierten bereits ihre Bereitschaft, auf der ungewohnten Position in die Bresche zu springen.

Hat seit dieser Woche mehr Arbeit vor sich, als im lieb gewesen wäre: Trainer und Kaderplaner Thomas Zeitz muss schnell eine Außenspielerin finden.
Hat seit dieser Woche mehr Arbeit vor sich, als im lieb gewesen wäre: Trainer und Kaderplaner Thomas Zeitz muss schnell eine Außenspielerin finden.  Foto: Larissa Eisele

Der erste Gedanke zur Problemlösung ist zugleich eigentlich auch der abwegigste: Was passiert, wenn bei Meister HB Ludwigsburg, der vor anderthalb Wochen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hat, in der nächsten Woche tatsächlich die Lichter ausgehen sollten? Wo kommen die diversen Top-Spielerinnen zu einem solch späten Zeitpunkt im WM-Jahr noch unter und vor allem: wer kann sie überhaupt bezahlen?

Einige Spielerinnen und ihre Berater, so ist zu vernehmen, sollen, um für den Worst Case gewappnet zu sein, zumindest schon einmal den Kopf vorsichtig aus dem Ludwigsburger HB-Schloss hinausgehalten haben.


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Prominente Namen oder eine Überraschung?

Doch ob sich Nationalmannschaftsspielführerin Antje Döll (36), die eigentlich Polizeioberkommissarin ist und deren Ehemann bei Süd-Drittligist SV Salamander Kornwestheim spielt, im Herbst ihrer Karriere wirklich noch ein Jahr im nahegelegenen Neckarsulm vorstellen könnte? Ob sich Tschechin Veronika Malá (31), die vom ehemaligen Sportlichen Leiter der Sport-Union, Gerhard Husers, als Berater betreut wird, mit viel Spielzeit für das WM-Turnier vorbereiten möchte? Ungewiss.

Zu den derzeit vereinslosen Linksaußen-Spielerinnen, die ein möglicher Ersatz sein könnten, zählt unter anderem Cara Reiche (24), die im Frühjahr beim Buxtehuder SV keinen neuen Vertrag mehr bekommen hatte.

Berufsgenossenschaft übernimmt Gehaltskosten

Immerhin: Finanziell sollte die Sport-Union eine Nachverpflichtung nun stemmen können, denn Alessia Riners Gehalt übernimmt nach sechs Wochen die Berufsgenossenschaft.

Bis die Nationalspielerin wieder in den regulären Trainings- oder gar Spielbetrieb einsteigen kann, dürfte die Bundesliga-Hauptrunde im Frühjahr bereits beendet sein. Denn nach dem Abklingen der Schwellung wird Riner um eine Operation nicht herumkommen. Zumindest ihr Meniskus im rechten Knie hat nach den Erkenntnissen der Neckarsulmer Ärzte um Dr. Boris Brand keinen Schaden davongetragen.


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Zeitz sieht nach Sieg gegen VfL Waiblingen Luft nach oben

Das bleibt aber ein ebenso schwacher Trost wie der Sieg am Donnerstagabend im kurzfristig anberaumten Trainingsspiel, das die Sport-Union nach drei Dritteln gegen Zweitligist VfL Waiblingen um die Trainer Michael Stettner und Tobias Gärttner mit 41:29 (14:9, 29:18) für sich entschied.

Thomas Zeitz war trotz des Sieges nicht wirklich zufrieden; zu wenig von dem, was im Training besprochen worden war, hatte er auf der Platte wiederentdeckt. Seine Mannschaft hat noch viel zu tun. Er selbst nun auch.

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