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Hallensprecher Felix Christmann: „Gerade wenn man zurückliegt, dann zählt es!“

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Felix Christmann ist bei den Heimspielen von Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm die neue Stimme in der Ballei. Im Interview spricht der Hallensprecher über sein Verständnis des Jobs, die Atmosphäre in der Ballei und die besondere Faszination des Handballs.

Sein Arbeitsplatz ist nun auch die Ballei: Felix Christmann führt bei den Heimspielen der Sport-Union Neckarsulm durch das Spieltagsprogramm und ist darum bemüht, dass die Emotionen von den Rängen auf das Spielfeld schwappen.
Sein Arbeitsplatz ist nun auch die Ballei: Felix Christmann führt bei den Heimspielen der Sport-Union Neckarsulm durch das Spieltagsprogramm und ist darum bemüht, dass die Emotionen von den Rängen auf das Spielfeld schwappen.  Foto: Seidel, Ralf

Vor Spielbeginn im Mittelkreis wortwörtlich im Zentrum des Geschehens, während des Spiels als akustische Gedankenstütze im Hintergrund – Felix Christmann ist als Hallensprecher mehr als nur der Ansager von Spielständen. Seit dieser Saison ist der 33-Jährige bei den Heimspielen von Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm am Mikrofon. Im Interview spricht er über sein Verständnis des Jobs, die Atmosphäre in der Ballei und die besondere Faszination des Handballs.

Es gibt an einem Hallenmikrofon für gewöhnlich die nüchternen Ansager oder die aufgeladenen Einpeitscher. Wo stehen Sie, Herr Christmann?

Felix Christmann: Sport hat für mich immer einen großen Event-Charakter. Die Leute möchten – egal in welcher Sportart – auch unterhalten werden. Deshalb sehe ich mich in der „entertainingeren“ Rolle.

 

Was zeichnet einen guten Hallensprecher aus?

Christmann: Man darf es nicht übertreiben; es gibt immer noch Grenzen. Trotzdem kann man mit einer gewissen Emotionalität an die Aufgabe herangehen. Und auch wenn man im Leben nicht der extrovertierteste Typ ist, gehört es in der Halle schon ein bisschen dazu, aus sich herauszugehen, wenn man die Fans erreichen möchte.

 

Wie stark darf oder wie stark muss man mit dem Verein, für den man arbeitet, verbunden sein und mitfiebern, um am Mikrofon einen guten Job machen zu können?

Christmann: Man muss gar nicht von Anfang an eine tiefe emotionale Bindung haben. Aber mir ist es extrem wichtig, dass ich für die Aufgabe brenne und ein gutes Verhältnis zu den Menschen im Umfeld des Vereins habe. Dann wächst man mit der Zeit einfach emotional rein. Die ersten beiden Spiele, bei denen ich mal aushilfsweise am Start war, haben sich noch ein kleines bisschen anders angefühlt als jetzt das erste Heimspiel zum Rundenstart in richtig offizieller Rolle. Das ist schon mal ein erster emotionaler Schritt.


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Wie sieht Ihre Vorbereitung auf einen Einsatz am Spieltag aus?

Christmann: Ich lese zum Beispiel die Stimme-Artikel vor den Spielen, telefoniere auch mal mit den Verantwortlichen und spreche mit Sascha und Marvin (Sascha Göttler und Marvin Schiedt kümmern sich unter anderem um die Spieltagsorganisation, Anm. d. Red.) oder Hannes (Diller, Geschäftsführer, Anm. d. Red.) und frage, was rund um den Spieltag geplant ist, ob es Besonderheiten gibt und wie voll die Halle wird.

Außerdem gehört natürlich die Vorbereitung auf den Gegner dazu. In der Halle versuche ich dann aber auch relativ intuitiv und spontan auf das Verhalten auf den Rängen zu reagieren. Und ganz wichtig sind natürlich Halspastillen – falls es mal ein bisschen lauter und die Stimme in Mitleidenschaft gezogen wird.

 

Haben Sie an Spieltagen ein besonderes Ritual?

Christmann: Ich versuche, mich immer ein bisschen selbst zu motivieren und mache mir schon im Auto auf dem Weg zur Halle klar, was auf mich zukommt; für mich ist das kein gemütlicher Wanderausflug. In der Halle sorgt dann meistens die laute Musik dafür, dass man noch ein bisschen mehr in Wallung kommt.


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Ihnen wird auch schon aufgefallen sein: das Neckarsulmer Handball-Publikum ist speziell. Man muss es ein wenig kitzeln, damit es aus sich herauskommt. Das kennt man vom hochklassigen Männer-Handball oder aus anderen Hallen in der Frauen-Bundesliga ganz anders. Ein Hexenkessel ist die Ballei selten, obwohl sie meist ordentlich besucht ist – wie kann, wie soll sich das ändern?

Christmann: Das ist natürlich eine sehr tendenziöse Frage, weil sie davon ausgeht, dass ich die Stimmung schlecht finde (lacht). Das ist aber gar nicht so. Gerade bei den Highlight-Spielen wie in der vergangenen Saison gegen Göppingen war ich total fasziniert, was in der Halle abgehen kann und was möglich ist. Vielleicht ist das daher ein bisschen mein Appell: Dass die Fans, egal wie voll die Halle ist und egal in welcher Situation sich die Mannschaft befindet, einfach trotzdem alles geben und gemeinsam für Gänsehautmomente sorgen.

Gerade wenn man zurückliegt, dann zählt es eigentlich. Das ist vielleicht etwas, was noch ein bisschen wachsen kann. Handball ist ein Mitmachsport: Die Mädels auf der Platte schwitzen und hauen alles raus, und ich finde, sobald man sich ein Ticket gekauft hat, gilt das auch für einen selbst als Fan. Denn mitmachen und aufstehen, wenn man vorne liegt, kann jeder.

„Ich sehe mich nur als kleine Gedankenstütze für die Zuschauer – am Ende müssen es die Mädels auf der Platte richten.“

Felix Christmann

Hatten Sie schon einmal das Gefühl, einer Heimmannschaft vom Mikrofon aus zum Sieg verholfen zu haben?

Christmann: Das finde ich schwierig zu beantworten. Ich sehe mich immer nur als kleine Gedankenstütze für die Zuschauer – am Ende müssen es die Mädels auf der Platte richten. Trotzdem ist es natürlich Job des Hallensprechers, in bestimmten Situationen den Fans gegenüber mal lauter, mal motivierender zu sein, so dass die wiederum ihre Energie auf die Platte tragen. Aber dass ich als Hallensprecher alleine für einen Punktgewinn oder ein gedrehtes Spiel verantwortlich bin, davon halte ich überhaupt nichts.

 

Sie waren in der Vergangenheit auch schon für die Fußballer des FSV Frankfurt als Stadionsprecher im Einsatz. Worin unterscheidet sich die Herangehensweise?

Christmann: Der größte Unterschied sind die Redeanteile. Die sind beim Fußball vor dem Spiel, in der Halbzeit und nach dem Spiel relativ hoch. Beim Handball sind sie dagegen während des Spiels quasi ununterbrochen. Dafür braucht man eine ganz andere Aufmerksamkeitsspanne.

Im Fußball ist es natürlich schön, an einem grünen Rasen zu stehen, ihn zu schnuppern. Beim Handball liebe ich aber diese Enge der Hallen; die macht es für mich fast sogar noch einen Tick attraktiver. Besonders bei den Spielen „zwischen den Jahren“: Draußen ist es dunkel und klirrend kalt, aber es wartet eine warme, beleuchtete Halle und diese Enge, dieses Laute. Das sind die Spiele, auf die ich mich ungemein freue; das hat einen ganz, ganz speziellen Reiz und einen besonderen Charme.

Zur Person

Felix Christmann (33) ist gebürtiger Darmstädter und arbeitet als selbstständiger Journalist, Reporter und Nachrichtensprecher unter anderem für den Hörfunksender RPR1. und RTL Hessen. Seit 2023 ist er zudem Hallensprecher bei den Handballern des Zweitligisten TV Großwallstadt, nachdem er zuvor schon in der PSD Bank Arena als Stadionsprecher bei den Regionalliga-Fußballern des FSV Frankfurt zu hören war.

Über Sascha Göttler ist der Kontakt zur Sport-Union Neckarsulm zustande gekommen, weil die Neckarsulmer in der vergangenen Saison zweimal Ersatz für ihren verhinderten Abteilungsleiter und damaligen Hallensprecher Christian Saup gesucht hatten. Seit dieser Saison ist Christmann nun regelmäßig in der Ballei im Einsatz.

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