Abstiegsbedrohte Sport-Union Neckarsulm steht vor einem Monat der Wahrheit
Der Januar wird für die Sport-Union richtungsweisend: Zum Hinrunden-Endspurt warten drei Spiele, zwei davon gegen direkte Konkurrenten im Tabellenkeller. Torhüterin Lena Ivancok könnte dabei zum entscheidenden Faktor werden.

Neues Jahr, neues Glück oder neues Jahr, alte Ergebnisse? Für die Bundesliga-Handballerinnen der Sport-Union Neckarsulm ist der noch frische Januar 2024 ein Monat der Wahrheit. Drei Spiele, zwei davon auswärts gegen direkte Konkurrenten im Abstiegskampf, warten auf die Mannschaft von Trainer Thomas Zeitz.
Zwischen den Kräftemessen mit der HSG Bad Wildungen am Samstag (19 Uhr) und dem HSV Solingen-Gräfrath (25. Januar, 19.30 Uhr) liegt am Sonntag, 21. Januar, noch ein Heimspiel gegen die HSG Blomberg-Lippe. Mehr als eine Niederlage kann sich die Sport-Union in den Partien gegen dieses Trio nicht erlauben, soll das Vorhaben Klassenerhalt nicht schon vorzeitig ad acta gelegt werden.
Druck und Anspannung kanalisieren
"Die Spiele gegen Bad Wildungen und Solingen musst du gewinnen, dann bist du zumindest wieder direkt dabei. Aber wenn du die Spiele nicht gewinnst, wird's brutal schwer: Dann müsstest du in der Rückrunde sieben oder acht Spiele gewinnen. . .", sagt Zeitz und muss den Satz nicht zu Ende bringen, um zu verdeutlichen, wie kompliziert die Ausgangslage wäre.
"Jedem ist bewusst, worum es am Samstag und im gesamten Januar geht. Der Druck ist faktisch da, den können wir nicht ignorieren; und natürlich herrscht etwas mehr Anspannung als sonst. Wir müssen diese Anspannung aber in Energie umwandeln", fordert Zeitz.
Lena Ivancok personifiziert den Aufwärtstrend
Dass die Formkurve der Neckarsulmerinnen zuletzt trotz weiterer Niederlagen leicht nach oben zeigte, macht den Verantwortlichen Mut und bringt der Mannschaft Selbstvertrauen, hat die Tabellensituation aber in keinster Form verbessert. "Wir gehen das neue Jahr so an, dass wir gegen Bad Wildungen unbedingt zwei Punkte brauchen und alles dafür geben werden. Danach sollte es hoffentlich bergauf gehen für uns", sagt Lena Ivancok hoffnungsvoll.
Die 22-jährige Österreicherin ist als Torhüterin das Gesicht des leichten Aufwärtstrends, der im November in Halle-Neustadt seinen Anfang nahm, bisher aber noch unbelohnt blieb. "Wir machen im Angriff noch zu viele technische Fehler, verwerfen viel und haben hin und wieder noch zu viele Lücken in der Abwehr", umreißt Ivancok die größten Baustellen, die es zu beheben gilt.
Zahlen untermauern Leistungssteigerung
Die Torhüterin weist inzwischen bessere Zahlen auf als die Ex-Neckarsulmerin und Nationalspielerin Sarah Wachter in Dortmund. Auf 77 Paraden kommt die Auswahlspielerin bisher. Doch der Aufwärtstrend lässt sich vor allem beim Blick auf die Paraden in den vergangenen vier Partien ablesen: Gegen Halle (14 Paraden), Dortmund (11), Buxtehude (11) und Oldenburg (12) lagen Ivancoks Zahlen zuletzt deutlich über ihrem Saisondurchschnitt von 7,7 gehaltenen Bällen pro Spiel; rund jeden dritten Wurf entschärfte die Wienerin mit kroatischen Wurzeln und parierte vier Siebenmeter.

"Inzwischen ist sie der Rückhalt, den wir brauchen", sagt auch Torwart-Trainer Oliver Rieth über seinen Schützling, der nach der WM-Teilnahme keine Anpassungsprobleme bei der Rückkehr ins Mannschaftstraining hatte. "Ich hatte nach der WM eine Woche frei und schaltete in dieser Zeit ein bisschen ab. Aber man ist im Spielmodus, trainiert weiter und versucht, immer das Beste zu geben."
Rückenwind durch WM-Teilnahme
Der Unterschied zwischen WM-Turnier und Bundesliga-Abstiegskampf sei dabei gar nicht so entscheidend, sagt Ivancok, die mit der ÖHB-Auswahl beim WM-Turnier am Ende 19. wurde und auf eine Paradenquote von 25 Prozent kam. "So eine WM-Teilnahme hat für eine junge Spielerin natürlich auch einen positiven Effekt", sieht Rieth mehr Vor- als Nachteile in Ivancoks vierwöchiger Abwesenheit. Zudem sei der Austausch mit Österreichs Torwart-Trainerin Sabine Englert sehr gut, was die Arbeit erleichtere.
In Neckarsulm kommt Ivancok auch eine wichtige Rolle im inzwischen immer wieder praktizierten Sieben-gegen-Sechs-Spiel zu - wohl auch am Samstagabend beim Tabellenzwölften in Bad Wildungen: Nach Toren oder Ballverlusten entscheidet unter anderem die Geschwindigkeit und Reaktionsschnelligkeit der Torhüterin darüber, ob Gegentreffer ins leere Tor eine Seltenheit bleiben. Und das dürfte dann auch Auswirkungen darauf haben, wie erfolgreich der richtungsweisende Januar der Sport-Union Neckarsulm letztlich werden wird. "Holen wir zwei Punkte, dann glaube ich, sind die nächsten zwei Punkte nicht weit weg", sagt Thomas Zeitz zuversichtlich.
Personalsituation bleibt höchst angespannt
Die Sport-Union wird personell unverändert nach Bad Wildungen reisen. Einzig Fatos Özdemir (ehemals Kücükyildiz) könnte nach ihrer Erkrankung wieder eine Option werden.
Die Meniskusprobleme bei Torhüterin Anita Polácková haben sich als nicht so gravierend herausgestellt, fehlen wird sie aber trotzdem. Polácková hatte nach einer Trainingseinheit über ein instabiles Gefühl im Knie geklagt. Weil sie in der Vergangenheit bereits am Kreuzband Probleme hatte, pausiert die Tschechin vorerst. Ihre Landsfrau Veronika Andrysková könnte nach ihrem Kreuzbandriss Mitte nächste Woche wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. "Sie hat am Montag ihren letzten Test beim Arzt", sagt Thomas Zeitz hoffnungsvoll.
Arwen Gorbs Patellasehnen-Probleme könnten sich ebenfalls als langwierige Angelegenheit herausstellen. Eine Rückkehr ist laut Thomas Zeitz noch nicht absehbar und die 21-Jährige sagt selbst: "Der Einstieg ins Mannschaftstraining wird noch ein bisschen dauern. Leider ist noch keine große Besserung zu erkennen." Die beiden griechischen Neuzugänge Agni Zygoura (Achillessehne) und Vasikili Gkatziou (Kreuzband/Meniskus) fehlen ebenfalls.