"Kann nicht nur Anerkennung erwarten": Ingo Meckes wird neuer DHB-Sportvorstand
Der künftige Sportvorstand beim DHB, Ingo Meckes, im Gespräch über die besondere Herausforderung der neuen Aufgabe, die Unterschiede zu seiner Arbeit in der Schweiz und eine Idee für seine Heimatstadt Heilbronn.

Nach der Handball-EM in Deutschland war Ingo Meckes als Sportdirektor des Schweizer Handballverbandes zurückgetreten. Seit Sonntag ist klar: Der gebürtige Heilbronner, der am Dienstag seinen 48. Geburtstag feiert, übernimmt ab 1. September das Amt von Axel Kromer als Vorstand Sport beim Deutschen Handballbund (DHB). Im Stimme-Interview spricht der frühere Kreisläufer über diese einmalige Chance, die Unterschiede zur Schweiz und Ideen für seine Heimatstadt.
Herr Meckes, als wir zuletzt im Januar vor der EM in Deutschland gesprochen haben, hätten Sie nicht geglaubt, ab 1. September als Vorstand Sport beim Deutschen Handballbund zu arbeiten, oder?
Ingo Meckes: Nein, damit war überhaupt nicht zu rechnen. Der Kontakt besteht auch noch nicht allzu lange. Der DHB ist erst auf mich zugekommen, nachdem bereits verkündet worden war, dass der Vertrag mit Axel Kromer nicht verlängert wird. Das war mir ganz wichtig, denn ich pflege mit Axel ein sehr respektvolles Verhältnis und habe über die Verbände jahrelang sehr gut mit ihm zusammengearbeitet.
Da hatte der DHB aber Glück, dass Sie noch nicht anderswo eine neue Aufgabe übernommen hatten.
Meckes: Auch ich hatte Glück, denn ich hatte zwei ebenfalls sehr spannende andere Optionen und zwei Wochen später wäre es vielleicht schon zu spät gewesen. Eine solche Gelegenheit, eine solche Chance und Herausforderung, die bekommt man aber wahrscheinlich nur einmal im Leben.
Der DHB scheint absolut überzeugt von seiner Entscheidung zu sein und hat Sie gleich mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet.
Meckes: Das hängt natürlich mit dem Jahrzehnt des Handballs zusammen und vielen großen Turnieren, die in den kommenden Jahren in Deutschland stattfinden. Zudem war der Kontakt zu Präsident Andreas Michelmann und dem Vorstandsvorsitzenden Mark Schober durch viele gemeinsame internationale Treffen bei Kongressen und Meetings schon sehr eng. Das war eine gute Basis für die Gespräche.
Was ist aus Ihrer Sicht aktuell die größte Baustelle des Verbandes?
Meckes: Ich will ab September erst einmal die Strukturen und Aufgabenverteilungen im DHB genau kennenlernen. Mein Eindruck ist, dass dort viele junge, frische Leute arbeiten. Es werden bereits viele Dinge sehr gut gemacht.
Sie bleiben also bis zum 1. September außen vor?
Meckes: Nein, es gibt schon Entscheidungen, in die ich bereits eingebunden werde.
Zum Beispiel bei der Suche nach einem Manager für die Männer-Nationalmannschaft?
Meckes: Ja. Es geht aber ausschließlich um Entscheidungen, die ab dem 1. September relevant sind.
Hätten Sie lieber schon früher begonnen und bereits bei den Olympischen Spielen in Paris die Verantwortung getragen?
Meckes: Nein, das hätte keinen Sinn ergeben. Mit den Olympischen Spielen endet die Saison und ich starte mit dem Beginn der neuen Saison.
Präsident Michelmann hat betont, dass Sie die Professionalisierung des DHB auf allen Ebenen vorantreiben sollen. Was bedeutet das konkret?
Meckes: Wir haben natürlich intern einiges besprochen und es gibt Dinge in der Pipeline. Einiges habe ich in der Vergangenheit im schweizerischen Handballverband bereits verwirklichen dürfen. Es ist aber zu früh, darüber konkret zu sprechen.
Wird es beim weltgrößten Handballverband nicht ungleich schwerer, innovative Ideen zu verwirklichen als beim vergleichsweise beschaulichen Schweizer Pendant?
Meckes: So klein ist der Schweizer Verband auch nicht, da gibt es inzwischen auch mehr als 30 Mitarbeitende. Natürlich ist der DHB ein größeres Schiff, das sich etwas anders bewegt und auf eine andere Art zu steuern ist. Dennoch bin ich überzeugt, dass sich dort im Team etwas bewegen lässt, sonst hätte ich die Aufgabe nicht angenommen.
Sie wurden im Vorfeld als Überraschungskandidat gehandelt, sind kein altgedienter Nationalspieler, kein langjähriger Bundesliga-Manager. Könnte das Munition für die bekannten Kritiker des Verbandes sein, die in dieser Hinsicht größeres Renommee in Deutschland besitzen?
Meckes: Ich sehe das positiv. Kritik gehört zum Leistungssport und sorgt dafür, dass man wachsam bleibt. Der Handball hat in Deutschland einen anderen Stellenwert als in der Schweiz und wird viel stärker in der Öffentlichkeit diskutiert. Solange es darum geht, den Handball nach vorne zu bringen, ist das eine Bereicherung. Zudem ist mir klar, dass ich in meiner künftigen Position nicht erwarten kann, das ganze Jahr nur wohlwollende Anerkennung zu erfahren.
Männer-Bundestrainer Alfred Gislason hat am Rande des Final Four gesagt, sie würden sich bislang nur flüchtig kennen.
Meckes: Das stimmt. Große Berührungspunkte abseits von ein bisschen Smalltalk hatten wir bislang nicht. Ich bin überzeugt, dass wir gut zusammenarbeiten werden.
In den vergangenen Wochen geriet der DHB vor allem durch Kommunikationspannen in die Kritik. Wird es die unter Ihrer Ägide nicht mehr geben?
Meckes: Da stellt sich ja immer die Frage, wie kommt generell eine Kommunikation zustande. Ich schaue nach vorne, besitze Vertrauen in das Präsidium und die Vorstandskollegen. Meine Zeit beginnt am 1. September.
Dürfen Sie als DHB-Vorstand eigentlich weiter in der Schweiz wohnen?
Meckes: Ich werde zurück nach Deutschland ziehen. Mir ist wichtig, regelmäßig vor Ort in der Geschäftsstelle in Dortmund zu sein, um die Kolleginnen und Kollegen persönlich kennenzulernen.
Ist eine Rückkehr nach Heilbronn eine Option?
Meckes: Ja, vielleicht als zweite Basis in Deutschland.
In Ihrer neuen Funktion werden Sie dann dafür sorgen, dass Ihr Heimatverein TSB Horkheim endlich eine profitaugliche Handballhalle erhält?
Meckes: Die Vereine sollten ihre verschiedenen Bedürfnisse bündeln, um einen Sportkomplex zu ermöglichen, der alles vereint: Handball, Eishockey und kulturelle Veranstaltungen. Angesichts der enormen Entwicklung der Stadt ist das längst überfällig.
Vielleicht braucht es einen Mediator wie Sie, um allein die rivalisierenden Handball-Vereine auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Meckes: Ich lehne mich jetzt weit aus dem Fenster, ohne alle Hintergründe zu kennen: Aber Heilbronn ist ein wachsendes Zentrum der gesamten Region. Es könnte einen Sportkomplex, der vielen Vereinen und Schulen eine Heimat bietet, sehr gut gebrauchen.

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