Automobilslalom in Bretzfeld: Der Sportredakteur als Beifahrer des "Henkers"
Beim 54. Automobilslalom des HMC Öhringen fährt unser Sportredakteur als Beifahrer von Fritz Köhler außer Konkurrenz mit. Ob er dabei hemmender Ballast oder eine Motivationshilfe ist, lässt sich allerdings nicht beantworten.

"Ich habe gehört, Sie möchten mal eine Runde mitfahren", fragt Fritz Köhler den Autor dieser Zeilen. Einen solchen Wunsch hat der Sportredakteur, der aus Bretzfeld-Schwabbach über den 54. Automobilslalom des HMC Öhringen berichtet und nach einigen Gesprächen bereits ein paar Ideen für eine gute Geschichte hat, zwar eigentlich nicht geäußert, aber Köhlers Frage ist ein spontanes Angebot, bei dem der motorsportbegeisterte Redakteur gar nicht daran denkt, es abzulehnen. Also sitzt er eine gute Stunde später in einem BMW M3 E30 auf dem Beifahrersitz neben Köhler.
Es ist heiß, die Sonne brennt. Um die 35 Grad sind es im Industriegebiet, in dem der rund 1000 Meter lange Pylonen-Parcours abgesteckt ist. In Köhlers gelbem BMW, mit dessen Kauf er sich vor einigen Jahren einen lang gehegten Traum erfüllt hat, dürfte ein Thermometer problemlos über die 40-Grad-Marke klettern - unter dem Helm, der Feuerschutzhaube und dem festgezurrten Sechs-Punkt-Gurt sowieso. Aber das ist alles egal. Die Vorfreude überwiegt.
Aus einem jungen Zuschauer wird ein dreimaliger Gesamtsieger
Der Sportredakteur ist sich im Klaren, worauf er sich mit seiner prompten Zusage eingelassen hat. Köhler, 59, ist eine Größe im regionalen Rallye-Sport. Seit 1984 ist der Öhringer im Motorsport aktiv, dreimal gewann er unter anderem die Unterland-Hohenlohe-Wertungsfahrt. Im Slalom-Sport war er jedoch nie unterwegs.
"Eigentlich bin ich durch eine Wette zum Motorsport gekommen", erinnert sich Fritz Köhler. Als 17-jähriger Zuschauer der Öhringer Rallye habe er mit Freunden gewettet, dass er im Jahr darauf selbst mitfahren würde. Gesagt, getan. "Und seitdem bin ich dann einfach dabeigeblieben", sagt Köhler mit einem Schmunzeln.
Kein Abtasten, keine Vergnügungsfahrt
Bereits beim Trainingslauf wird dem Redakteur klar, dass sein Chauffeur nicht beabsichtigt, dem beifahrenden Journalisten die Feinheiten der Strecke zu zeigen. Ein Abtasten gibt es nicht. "Man gibt eigentlich schon beim ersten Lauf alles, was man hat", sagt Köhler, nachdem der Test-Durchgang in 56,17 Sekunden absolviert ist.
Danach zählt es. Auch wenn das gelbe "Slalom-Taxi" mit seinen 319 PS in Klasse F11 außer Konkurrenz startet, kennt Köhler zwischen den Pylonen keine Gnade. Die Reifen quietschen am Start bevor es in niedrigen Gängen durch Spurgassen und Schweizer Slaloms geht. Der U-Turn zur Mitte des Parcours wird stilecht mit Handbremse und ausbrechendem Heck bewältigt. Im Ziel werden 55,28 Sekunden gemessen.
Köhler und sein Rallye-BMW unterbieten die 55-Sekunden-Marke
"Wahnsinn! Der fährt wie ein Henker", sagt Slalom-Leiter René Kramer anerkennend. Dass Fritz Köhler mit einem eigentlich auf den Rallye-Sport abgestimmten, weicheren Fahrwerk unterwegs ist, keine speziellen Slalom-Slicks aufgezogen hat und zudem die beinahe 70 Kilogramm Zusatzgewicht des Sportredakteurs befördern muss, scheint nicht ins Gewicht zu fallen. Auch im zweiten Lauf nicht: dort ist Köhler nach 54,94 Sekunden an diesem Tag der erste, der die 55-Sekunden-Marke unterbietet.

Dass dabei alle Pylonen unberührt an Ort und Stelle stehenbleiben und es dadurch keine Strafsekunden gibt, ist beinahe eine Selbstverständlichkeit. "Wir haben den Kurs so gebaut, dass man ihn sauber fahren kann", erklärt Slalom-Leiter Kramer.
Vaterfreuden überwiegen bei Ralf Herzog
Nach einem Unfall beim verregneten Slalom im Vorjahr hat der Motorsportclub die Strecke etwas entschärft. "Sie ist jetzt schneller und flüssiger als letztes Jahr", sagt Ralf Herzog, der in Klasse G3 nicht nur selbst startet, sondern als Vereinsmitglied seine Erfahrung auch beim Parcours-Bau eingebracht hat. Weil es heuer weniger abrupte Richtungswechsel gebe, sei die Strecke zugleich sicherer.
Während der 54-Jährige beim Aufbau mit seiner Erfahrung punkten konnte, muss er auf der Strecke seiner 24-jährigen Tochter Julia den Vortritt lassen. Beide starten in einem Fiat 500, doch nach einem kleinen Fehler im ersten Wertungslauf kann Ralf Herzog im zweiten nicht mehr genügend Zeit gutmachen. Julia wird Elfte, Ralf landet zwei Plätze dahinter. "Die Vater-Tochter-Beziehung ist aber trotzdem sehr gut", sagt Ralf Herzog und lacht: "Wenn einen die eigene Tochter auf der Strecke besiegt, dann hat man als Vater alles richtig gemacht."
Tagesbestzeit - Trotz oder wegen des Sportredakteurs?
Gefrotzelt werde aber natürlich trotzdem. "Vor allem von den anderen Fahrern", sagt Ralf Herzog. "Aber da können alle gut mit leben. Und am Ende ist doch der Spaß das Wichtigste."
Den hatte auch der Autor dieses Textes. Fritz Köhlers Gesamtzeit von 1:50,22 Minuten hat an diesem Tag übrigens keiner der 58 regulären Starter unterboten - trotz oder vielleicht auch gerade wegen des beifahrenden Sportredakteurs.
Sieger des 54. ADAC/HMC-Automobilslaloms
Gruppe G (seriennahe Fahrzeuge)
Klasse G1: Udo Roller (RKV Lomersheim), BMW M140i xDrive, 1:50,68 Minuten.
Klasse G3: Marcel Wolf (RKV Ilsfeld), BMW E30 318is, 1:57,38 Minuten.
Klasse G5: Heiko Schlegel (MSC Mühlacker), BMW E30 316i, 2:03,40 Minuten.
In Klasse G3 war Marcel Wolf von 17 Konkurrenten nicht zu schlagen. "Es ist eine sehr schnelle Strecke und man braucht Reifen, die das bei diesen Temperaturen mitmachen", sagt der Fahrer des RKV Ilsfeld. Für ihn war der Sieg auch eine kleine Genugtuung, nachdem beim HMC-Slalom im Herbst seine Technik gestreikt hatte. "Nach dem ersten Lauf war damals die Benzinpumpe kaputt", erinnert sich Wolf.
Gruppe F (leicht verbesserte Fahrzeuge)
Klasse F10: Timo Maier (MSC Göge), BMW E30 318is, 1:51,16 Minuten.
Klasse F11: Roland Wagner (RT Mögglingen), Audi A1 S1, 1:53,50 Minuten.
Gruppe H (stark verbesserte Fahrzeuge)
Klasse H13: Dietmar Stecker (ADAC OC Winnenden), Honda CRX, 1:53,22 Minuten.
Klasse H14: Jürgen Glass (ADAC OC Winnenden), Opel Kadett C Limo, 1:51,27 Minuten.
Gruppe SE (Slalom-Einsteiger)
Klasse SE16: Gregor Wizemann (HMC Öhringen), Opel Adam, 2:04,18 Minuten.
Klasse SE17: Nicko Harig (Fellbach), VW Polo 86C 2F, 2:06,71 Minuten.



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