Fleiner "Eier" machen im Derby gegen den TSV Bönnigheim den Unterschied
Verbandsliga-Tabellenführer TV Flein behält in einem umkämpften Derby gegen den TSV Bönnigheim die Nerven und die Oberhand. Bönnigheim sammelt dennoch Selbstvertrauen für den Saisonendspurt.

Exakt eine Minute vor Schluss nahm Rudolf Wagner seine letzte Auszeit. 32:31 stand es zu diesem Zeitpunkt für seine Mannschaft und der Trainer des TV Flein nutzte die Gelegenheit, um seine Spieler noch einmal zu beruhigen und klare Tätigkeitsanweisungen an den Mann zu bringen.
Die (spiel-)entscheidende Frage stellte allerdings Rückraum-Schütze Cedric Ziegler in die Runde: "Habt ihr Eier?", fragte er seine Mitspieler, die die Frage als Tabellenführer fast selbstverständlich bejahten. "Dann spielen wir Kempa", ordnete Ziegler an, und Wagner, der seinen Spielern auf dem Feld ohnehin viele Freiheiten gewährt, nickte das Vorhaben ab.
Routinier Kai Herrmann verwandelt angesagten Kempa
Was folgte war die Vorentscheidung in einem engen Derby zwischen den gastgebenden Fleinern und dem nie aufsteckenden TSV Bönnigheim: Während Ziegler nach der Auszeit sofort den Ball bekam und angesichts seiner zehn bereits erzielten Tore umgehend von drei TSV-Verteidigern attackiert wurde, schlich sich Routinier Kai Herrmann von Rechtsaußen an den Bönnigheimer Kreis. Dort erhielt er - wie besprochen - den Ball, traf völlig unbedrängt im Sprung zum vorentscheidenden 33:31 und sorgte damit in der Sandberghalle für eine Stimmungsexplosion.
Auch wenn Herrmanns Treffer der Höhepunkt des Sonntagnachmittags gewesen war, der die Hausherren kurz darauf nach dem 33:32 (18:16)-Erfolg die beinahe schon vergessenen "Derbysieger"-Gesänge anstimmen ließ, hatte auch der TSV Bönnigheim einen großen Anteil daran, dass das Verbandsliga-Duell zwischen den beiden Weinstädtern hielt, was man sich von einem solchen Derby hatte versprechen können.
Bönnigheim rehabilitiert sich für Hinspiel-Klatsche
"Flein war am Ende abgezockter, aber wir haben nach dem Hinspiel und unserer Elf-Tore-Niederlage eine gute Reaktion gezeigt", bilanzierte TSV-Trainer Simon Weiberle, der mit Lucas Vogelmann aus seinem Trainerteam nach Spielende noch lange auf der Bank saß und darüber diskutierte, wo seine Bönnigheimer das eine entscheidende Tor, das zum Remis fehlte, liegengelassen hatten. Bei einem der drei vergebenen Siebenmeter? Bei einem der freien Würfe, die Fleins starker Schlussmann Tim Schniering entschärft hatte? Bei der Szene kurz vor Schluss, in der ein Bönnigheimer bei der Passannahme im Aus stand und den Ballbesitz hatte abgeben müssen?

Es war wohl von allem ein bisschen, was den TSV zwar "immer auf Augenhöhe" (Weiberle) agieren ließ, aber am Ende eben doch den kleinen Unterschied zugunsten der Gastgeber ausmachte.
Flein verpasst es, den Sack frühzeitig zuzumachen
Als Ziegler beim 24:20 nach 40 Minuten den ersten (und letzten) Fleiner Vier-Tore-Vorsprung herausgeschossen hatte, schien eine Vorentscheidung gefallen. "Machen wir danach das fünfte Tor, wird es wahrscheinlich nicht mehr so spannend", sagte Rudolf Wagner im Nachgang. Doch statt des fünften Tores traf Bönnigheims Yannick Herter dreimal in Folge und brachte den TSV zurück ins Geschäft.
Diese Phase stand stellvertretend für die gesamte Partie, in der den Bönnigheimern die ersten 20 Minuten gehörten, bevor sich die Fleiner - angeführt von Ziegler, Schniering und dem extrem spielfreudigen Marius Braun auf Linksaußen - ein leichtes Übergewicht erarbeitet hatten. Fortan legte Flein meist vor, ehe Bönnigheim immer wieder bis auf ein Tor verkürzte - aber eben nach dem 13:13 (23.) nie mehr ausgleichen konnte. "Wir hatten nach den Siegen von Altensteig und Böblingen schon Druck, ganz klar", gab Wagner zu, "umso wichtiger war es, dass wir diesmal nie nötige Derby-Einstellung hatten".

Frühe Zeitstrafen gegen die Gäste erzwingen kreative Lösungen
Dass den Unparteiischen Tobias Aichele und Julian Rehberger in einigen Szenen das Feingefühl fehlte, bevorteilte unter dem Strich keine der beiden Mannschaften. Weil allerdings bei den Gästen aus Bönnigheim Rückraum-Allrounder Jaron May (17.) und David Müller (27.) früh bei zwei Zeitstrafen standen, war von Simon Weiberle Kreativität gefragt.
"Geholfen haben uns die frühen Strafen sicher nicht", sagte der Trainer, bevor er dennoch mit dem Positiven verblieb: "Wir haben den Kampf über das gesamte Spiel angenommen und das ist für uns mit Blick auf die kommenden Wochen wichtig. Mindestens zwei" Punkte werde seine Mannschaft aus den letzten drei Saisonspielen noch benötigen, um sicher die Klasse zu halten, sagt Weiberle.
Der Übungsleiter will sich vor den drei Partien, die der TSV allesamt zu Hause bestreiten wird, aber gar nicht erst mit Rechenspielen und dem Blick auf andere Mannschaften aufhalten: "Wir wollen aus diesen Spielen auf jeden Fall alle sechs Punkte holen – wir haben nichts zu verschenken."
TV Flein: Schniering (1); Schultz - Herrmann (2), Kachelmuß (1), Joos (2), Ziegler (10/1), Kroll (4), Braun (7); Kloke, Track (3), Schilpp (1), Pavel, Stahl, Hamberger (2).
TSV Bönnigheim: Schönbrodt; Nicht, Teschke - Qual (7/6), Jo. May (3), Zäh (1), Schmid (6), Ja. May (8/1), Herter (5); Müller, Deseife, Selcho (2), Galluccio, Zundel.
Schiedsrichter: Tobias Aichele/Julian Rehberger.
Siebenmeter: TV Flein: 1/3; TSV Bönnigheim: 7/10.
Zeitstrafen: 5/5.
Zuschauer: 207.